Schwabach
26 000 Euro Provision am Chef vorbeigeschleust

Unternehmer deckt Betrüger auf und wird selbst als einer entlarvt – Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung

31.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr

Schwabach/Hilpoltstein (bsx) Ein Unternehmer aus dem Landkreis Roth ist zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldbuße von 4000 Euro verurteilt worden. Er hatte insgesamt über 26 000 Euro Provision ohne das Wissen seines Vorgesetzten in die eigene Tasche gewirtschaftet. Begonnen hatte die Geschichte 2006, als der Unternehmer mit seiner eigenen Firma pleite ging. Doch er hatte Glück im Unglück: Ein anderer Unternehmer aus derselben Branche kaufte das Unternehmen auf und stellte Gustav B. (Name geändert) als Prokuristen mit Gewinnbeteiligung ein. Ohne Probleme arbeiteten beide Unternehmer Seite an Seite weiter, bis Gustav B. ein Produkt entwickelte, das es so weltweit noch nicht gab und das er 2011 – mit Einverständnis seines Chefs Erwin H. (Name geändert) – auf den Markt brachte.

Einen Bestandteil dieses Produktes musste er allerdings über einen Dritten beziehen. Also schlossen Gustav B. und ein Händler einen Vertrag über die genaue Abnahmemenge dieses Bestandteils. Dafür ließ er einen weiteren Vertrag aufsetzen, der B. eine Provision für jedes abgenommene Kilogramm sicherte. Insgesamt 26 000 Euro flossen so vom Lieferanten auf das Konto von Gustav B .

Zufällig fand Gustav B. jedoch bereits nach der dritten Lieferungen heraus, dass er es mit einem Betrüger zu tun hatte. So hatte sich der Händler als angeblicher Professor und Besitzer eines Produktionsbetriebes vorgestellt. Beides war gelogen. In Wahrheit hatte er das Material zu einem Spottpreis über andere Händler erworben. Gustav H. hatte er jedoch vorgegaukelt, es handle sich um ein hochwertiges Produkt aus den USA. Da B. aber nicht hinnehmen wollte, einem Betrüger auf den Leim gegangen zu sein, klagte er gegen den Vertrag. Die Staatsanwaltschaft nahm sich des Falles an und erhob Anklage gegen den falschen Professor. Sein Fall wird am Montag verhandelt.

Was B. aber wohl nicht bedacht hatte: Durch die Sichtung der Unterlagen geriet er selbst ins Fadenkreuz der Justiz. Denn er war zwar als Prokurist befugt, Verträge abzuschließen, aber die Unterschrift seines Chefs wäre zur Gültigkeit trotzdem nötig gewesen. Der hatte zwar den Vertrag über die Zusammenarbeit unterschrieben, nicht aber den Provisionsvertrag.

Gustav B. hatte sich also ohne das Wissen seines damaligen Chefs großzügig belohnt – schließlich sei es ja auch seine Erfindung gewesen, rechtfertigte der Angeklagte gestern vor Gericht den Bonus. Als nun Richterin Andrea Martin Erwin H. dazu befragte, erzählte der: „Ich war sehr, sehr enttäuscht, als ich davon erfahren habe. Schließlich habe ich Gustav damals geholfen, auch, dass er sein Haus behalten konnte.“ Sein Vertrauen in Gustav B. habe so weit gereicht, dass er den Liefervertrag mit dem Betrüger „gar nicht genau gelesen, sondern einfach unterschrieben“ habe.

Ein fataler Fehler, wie sich herausstellte: Gustav B. hatte nämlich nicht nur den Provisionsvertrag verheimlicht, er hatte außerdem eine viel zu hohe Abnahmemenge des Zusatzstoffes mit dem Händler vereinbart: „Wenn der Typ tatsächlich diese Menge geliefert hätte und ich das bezahlen hätte müssen, wäre meine Firma pleite gewesen. Ich war auf 280“, erzählte Erwin H. Er entließ Gustav B., die 26 000 Euro aus der Provision wurden mit der Gewinnbeteiligung, die der Angeklagte statt einem fixen Gehalt von Erwin H. erhielt, verrechnet. Gustav B. ging es indes wieder so gut, dass er sich mit seiner Firma erneut selbstständig machte.

Skurrilerweise arbeiten beide heute wieder zusammen. „Er hat das Know-how, das uns fehlt“, erklärt Erwin H. Er habe seinem Geschäftspartner verziehen, auch wenn er immer noch sagt: „Der hätte mit mir einfach über eine Provision reden können. Er hat das Produkt ja erfunden, ist doch klar, dass er dann mehr bekommt.“ „Also würden Sie dem Provisionsvertrag nachträglich zustimmen“, schaltete sich sofort der Anwalt des Angeklagten ein. „Nein, so pauschal natürlich nicht. Denn die Höhe der Provision ergibt sich ja aus der Umsatzhöhe“, entgegnete H.

Für die Staatsanwältin und auch die Richterin war der Fall damit klar. Beide sahen den Vorwurf der Untreue bestätigt – und zwar gleich im doppelten Sinne. Juristisch und auch menschlich. „Sie haben Geld an dem Mann vorbeigeschleust, der Ihnen geholfen hat. Sie haben sein Vertrauen mit Füßen getreten“, so die Staatsanwältin Stephanie Renk. Gustav H.s Verteidiger hingegen plädierte für eine Einstellung des Verfahrens, stieß bei Richterin Andrea Martin aber auf Unverständnis: „Sie können hier erzählen, was Sie wollen, Sie wollten sich Bereichern“, sagte sie an Gustav B. gewandt und verurteilte ihn zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und 4000 Euro Bußgeld.