Greding
"Schlechte Gesellschaften sind sie"

150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Greding: Archiv fördert interessante Details ihrer Historie ans Licht

21.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr

−Foto: FFW Greding

Greding (HK) Der Freiwilligen Feuerwehr Greding steht ein Jubiläum ins Haus, das nicht viele Gruppen feiern können: Sie wird 150 Jahre alt. Zum Gedenken daran gibt es ab Donnerstag, 24. Mai, vier Tage lang ein großes Fest.

Das Festprogramm ist noch nicht endgültig festgezurrt, schließlich soll es möglichst auch einen politischen Abend geben. Ob und wer dann tatsächlich kommt, ist noch unsicher. Dass die Gredinger Wehr mit vielen Gästen aber kräftig feiert, ist gewiss. 150 Jahre sind schließlich ein Jubiläum, dass es sich zu feiern lohnt.

Wer hätte am 13. September 1868 auch damit gerechnet, dass sich die Feuerwehr über die Jahre derart entwickelt und hält? Vielleicht glaubte ja Johann Baptist Rößner daran - der Apotheker hatte bei der Gründung der Feuerwehr das Vorstandsamt inne. Die erste Satzung der Freiwilligen Feuerwehr Greding liegt bis heute vor. Dank engagierter Leute, die sich um die Bewahrung des Alten kümmern.

"Das ist ein unglaublicher Reichtum, der für eine Feuerwehr nicht selbstverständlich ist."

Otto Heiß

 

Zu diesen zählt Hans Holzmann, er ist Mitglied der Gredinger Wehr. Er holt einen riesigen Stapel eingestaubter Akten hervor und verteilt sie über den ganzen Tisch. Es handelt sich um wahre Schätze: Eine Sammlung alter Original-Satzungen in altdeutscher Schrift ist dabei, die Originalausgaben der Feuerwehrzeitung von 1868 bis 1914, ein Verzeichnis über die Organe der Feuerwehr von 1890, ein Katalog mit Fahrzeugen und Ausstattung der Feuerwehr von 1904, Einladungen zum Feuerwehrball und die dazugehörige Tanzordnung von 1880, ein Liederbuch für deutsche Feuerwehren und sogar Zeitungsartikel zum Jubiläumsfest der Freiwilligen Feuerwehr, als diese ihr 25-jähriges Bestehen feierte. 1894 war das.

Diese und noch viele weitere Originaldokumente aus einer längst vergangenen Zeit gehören zum Schatz der Feuerwehr Greding. "Das ist ein unglaublicher Reichtum, der für eine Feuerwehr nicht selbstverständlich ist", betont Altbürgermeister Otto Heiß. Er unterstützt die Feuerwehr dabei, die Dokumente, die meist in Sütterlinschrift verfasst sind, zu übersetzen. Diese alte Schreibschrift kennt heute kaum noch jemand, sie zu entziffern ist eine schwierige Arbeit. Heiß gehört zu den wenigen Gredingern, die diese Kunst noch beherrschen. Und so übersetzte er in den vergangenen Jahren zusammen mit Holzmann Satz für Satz der handgeschriebenen Originaldokumente, die großen Aufschluss über die Beschaffenheit der Feuerwehr der vergangenen Zeit geben.

Denn die heute so unverzichtbare Hilfsorganisation war nicht immer so hoch angesehen. Im 19. Jahrhundert wurde sie vonseiten der Kirche sogar beschimpft. Woher man dies weiß? Darüber gibt zum Beispiel die "Zeitung für Feuerlöschwesen" Aufschluss, die am 1. und 15. jedes Monats erschienen ist. Die Originalausgaben liegen den Gredingern von 1868 bis 1914 komplett vor. Am 15. November 1871 in München herausgebracht, heißt es im Abschnitt der Feuerwehr Untermässing wortwörtlich:

"In Untermessing, Bezirksamt Beilngries, hat sich unter Anregung des dortigen Lehrersohn Raimund Gerstner eine freiwillige Feuerwehr gebildet, welche 78 Mitglieder zählt. Die Mitglieder hegten großen Eifer und Fleiß für die gute Sache. Da unternahm es der Ortskaplan von Untermessing, Anton Stangl, am Sonntag, den 8. Oktober öffentlich von der Kanzel herab mit folgenden Worten gegen die Feuerwehren und namentlich gegen die dort bestehende zu schimpfen, als: ,Die Feuerwehren, wie sie in der Umgegend, und so auch hier auftauchen, sind ein Ausbund aller Schlechtigkeit, man heißt sie moderne Vereine! Schlechte Gesellschaften sind sie, die zwar als äußere Hülle menschliche Hilfeleistung vorschützen, deren Kern aber faul ist; solche Leute sind am undankbarsten gegen den Schöpfer und haben an Religion und Glauben Schiffbruch gelitten.'" Wie sich die Zeiten doch geändert haben.

Ein weiterer Schatz in Greding ist das Verzeichnis der Organe und Feuerwehren des bayerischen Landes-Feuerwehr-Verbandes. Dieses gibt es laut Rudolf Wittmann, Ehrenvorsitzender der Gredinger Feuerwehr, in seiner Vollständigkeit nur zwei- bis dreimal in ganz Bayern. 1890 erschienen, sind darin alle bayerischen Feuerwehren - mögen sie noch so klein sein - inklusive Gründungsdatum aufgelistet.

Das sei auch heute noch brauchbar, sagt Wittmann. Zum Beispiel könne man gleich kontrollieren, ob die Gredinger Feuerwehr Greding heuer tatsächlich ihr Jubiläum feiern darf. Ein kurzer Kontrollblick in das Verzeichnis bestätigt das Vorhaben, dort steht es Schwarz auf Weiß in altdeutscher Schrift: Die Feuerwehr Greding wurde am 13. September 1868 gegründet. Das Jubiläumsfest kann also stattfinden.

Diese historischen Dokumente lagen der Feuerwehr Greding nicht immer vor. Erst vor rund 20 Jahren hat Hermann Schlierf die eingestaubten Zeitungen, Bücher und Dokumente auf einem alten Dachboden des Familienanwesens an der Amtsknechtgasse gefunden und an Hans Holzmann übergeben. Ein Glück, denn ohne diese Akten wären wohl einige Geheimnisse aus dem letzten Jahrtausend für immer verloren gewesen.

Interessant ist auch ein Brief an den König höchstpersönlich, in dem dieser höflich um einen Zuschuss für eine Saug- und Druckspritze gebeten wird. Denn die Stadt Greding war damals so arm, dass sie für die Ausrüstung der Feuerwehr eine schriftliche Bitte an den Herrscher schicken musste. Eben diese Saug- und Druckspritze ist auch in einem Katalog der Feuerwehr aus dem Jahr 1904 abgebildet - mit Preis und Funktionsweise. Aus diesem hat die Feuerwehr Greding seinerzeit ihre Ausrüstung ausgesucht.

Doch die Dokumente geben auch einen Einblick in das gesellschaftliche Leben der damaligen Zeit. So liegt beispielsweise einer Einladung zum Feuerwehrball von 1880 eine Tanzordnung bei. In einem Nebensatz wird darauf hingewiesen, dass der Ball ausschließlich für Bürger gedacht sei und es verboten sei, Dienstmägde einzuschleusen. "Die Feuerwehr hat maßgeblich zum gesellschaftlichen Leben der Stadt beigetragen", sagt Heiß. "So wie heute", ergänzt Holzmann.

Auch ein Zeitungsartikel aus der Fränkischen Volkszeitung von 1894, als die Wehr ihr 25-Jähriges feierte, gibt ein witziges Detail preis. Dabei ging zunächst noch alles glatt, wie der Artikel verrät: "Die vorgeführte Schul- und Angriffsübung sowie darauffolgender Parademarsch verlief in befriedigender und die sich anschließende Überreichung der Ehrenzeichen an 11 Feuerwehrmänner durch Herrn Bezirksamtmann Büttner geschah unter Zuhilfenahme der unvermeidlichen Festjungfrauen in höchst feierlicher Weise."

Dann aber kam es knüppeldick für die Gredinger. Denn: "Weniger Befriedigung erregte der zum Ausschank kommende Stoff und der nachmittags um halb 4 Uhr unter schweren Geburtswehen zustandegekommene Festzug." Der Festzug erfreute die Menschen nicht gerade lange. Schon um 16.15 Uhr, eine Dreiviertelstunde nach Beginn der Parade, verließen auch viele Mitglieder der hiesigen Wehr "den zwar freundlichen, aber durch sein Gebräu sich nicht besonders vorteilhaft auszeichnenden Ort, um in Thalmässing an dem dortigen guten Stoff sich für die nachmittags erlittene Einbuße schadlos zu halten und sodann mit dem Abends verkehrenden Extrazug in heiterster Stimmung der Heimat zuzudampfen". So die Zeitung. Es war eine wahre Schande: Das Bier, das an der Jubiläumsfeier 1894 zum Ausschank kam, war eine echte Plörre.

Glücklicherweise ist anzunehmen, dass die Wehr aus diesem Fehler der Vergangenheit gelernt hat. Am Bier wird es zur neuerlichen Jubiläumsfeier vom 24. bis 27. Mai mit Sicherheit nicht scheitern.