Hilpoltstein
''Die Gitarre hat starke Konkurrenz bekommen''

Die 27. Rother Bluestage werden bläserlastiger und eleganter - Folgerichtig ist der Headliner ein Saxophonist

21.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr
Bluestage 2018 −Foto: SYSTEM

Roth (HK) Man kann von Wortspielereien halten, was man will. Aber wenn Roth von sich behauptet, es sei "bluetiful", dann ist das nicht ganz von der Hand zu weisen, ist es doch die Heimstatt der Bluestage, die von 17. bis 25. März zum 27. Mal über die Bühne gehen.

Apropos Bühne. Das ist normalerweise der Platz der Musiker. Am gestrigen Mittwoch war die Bühne der Rother Kulturfabrik aber der Ort, an dem die beiden Festivalmacherinnen Monika Ammerer-Düll und Silke Rieger das aktuelle Programm präsentierten - inklusive einer kleinen Performance von Ammerer-Düll, die im Spotlight die - rhetorische - Frage stellte: "Are you ready for the Blues?". Natürlich ist Roth das, wie man nicht zuletzt aus den Worten von Bürgermeister Ralph Edelhäußer schließen konnte. "Die Bluestage sind für Roth von ganz großer Bedeutung", sagte er. Wenn man von der Kulturfabrik spreche, dann als Erstes von den Bluestagen. Neben dem Challenge sei das das Aushängeschild von Roth.

Auf was darf man sich nun in diesem Jahr einstellen? Auf alle Fälle auf weniger Gitarren. Denn über Festival Nummer 27 steht die Erkenntnis, dass "die Rother Bluestage nicht symbiotisch am Bluesrock hängen", sagte Ammerer-Düll. Vielmehr wolle man dem Blues mehr Eleganz verleihen. Ein wenig Kasinoglamour à la "Sands" zu Zeiten Frank Sinatras und dem Rat Pack. "Roth ist nicht Las Vegas, aber wir versuchen es." So würden vor allem satte Bläser die 27. Bluestage prägen. "Die Gitarre hat starke Konkurrenz bekommen."

Allen voran der Headliner Maceo Parker. Ist der Saxophonist doch der große Tonangeber des Funk. Er gehört zu den bekanntesten Bläsern, weil er mit jeder Funk- und Soulgröße der Musikgeschichte zusammengearbeitet hat - von James Brown über George Clinton bis zu Prince -, aber auch mit seiner eigenständigen Karriere nahezu jeden von seinem Sound begeistert. Am Valentinstag feierte Parker seinen 75. Geburtstag, will aber auch noch mit 85 und 90 auf der Bühne stehen. Wenn er in Roth am 24. März loslegt, wird seine Ansage einmal mehr "98 percent Funk, 2 percent Jazz" sein.

Los geht es aber bereits am 17. März Made in Germany mit Henrik Freischlader. Der große deutsche Bluesman war zuletzt mit einem Trio in Roth, dazwischen vergnügte er sich mit einem Oktett, nun kommt er mit einem Quintett - inklusive Saxophon. Im Doppelkonzert mit dem Soulman San2, der mit seiner Soul Patrol als Support von Jamie Cullum bekannt wurde.

Mit seinen bisher zwei Alben hat sich auch Jesper Munk in die erste Reihe der größten musikalischen Talente und kreativen Freigeister gespielt. Der Deutsch-Däne lotet von jeher musikalische Universen aus und macht eigenwillige Songs zwischen Rock, Postpunk, Glam, Folk und Soul. Mit seinem neuesten, dritten Album "Favourite Stranger", das Ende April erscheint, wandelt er sich allerdings vom rauen Bluessänger zur Stimme des "White Boy Souls" der Generation Y und verquickt am 22. März in der Kulturfabrik zeitgenössischen R&B, Soul und Querdenkerpop.

Sie haben vor mehr als 45 Jahren die Musik von jeglichem Ballast befreit und eine Mischung kreiert, die vieles von dem vorwegnahm, was man später Punk nannte: Dr. Feelgood. Und auch, wenn keines der Gründungsmitglieder mehr mit von der Partie ist, so ist die Band, die Hits wie "Roxette", "See You Later Alligator", "Milk And Alcohol" hervorgebracht hat, immer noch die "greatest local band in the world" - am 18. März in der Kulturfabrik.

Von der ersten Sekunde an ein üppiges Funkfeuerwerk zu zünden, darauf verstehen sich die energiegeladenen Franzosen von Electro Deluxe (21. März) und ihr US-Sänger James Copley bestens. In Frankreich sind sie bereits Stars. Und auch hier hat sich die Combo mit Vintage-Equipment und fetten Orgelsounds bereits ein breites Publikum mit einem Cocktail aus Funk und Soul, der sofort in die Beine geht, erspielt.

Ganz ohne Bläser, Gitarren und Drums kommen die sieben New Yorker Stimmwunder alias Naturally 7 aus. Mit den üblichen A-cappella-Bands haben sie wenig gemein. Sie schaffen den satten Livesound nur mit ihren Stimmen und können zugleich noch das Vinylknistern hinzufügen. Spätestens seit ihren drei Welttourneen mit Michael Bublé, bei denen sie vor über vier Millionen Menschen auftraten, sind Naturally 7 ein Begriff. Da mag man auch die Zusammenarbeit mit Sarah Connor und Helene Fischer verzeihen und am 25. März zum Abschluss der Bluestage in die Kufa gehen.

Bluesrock aus dem Lehrbuch präsentieren - gefühlt seit Anbeginn der Zeit - Savoy Brown und ihr Frontmann, Gitarrist Kim Simmonds. Der Brit-Blueser ist sich seit den 60ern treu und trotzt bis heute jeglichen modischen Strömungen. Am 23. März kommt Simmonds in die Kulturfabrik mit der Mittzwanzigerin Yasi Hofer. Von Steve Vai entdeckt, rast sie mit Höchstgeschwindigkeit über die Frets und präsentiert hochkomplexen Fusion-Rock-Blues.

Die New Yorkerin Sari Schorr war die Entdeckung der vergangenen Bluestage. Sie heizte ihrem Publikum im Club dermaßen ein, dass sie sich diesmal am 20. März auf der großen Kulturfabrikbühne entfalten kann. "Sie in diesem Jahr nicht auf der Hauptbühne spielen zu lassen, wäre sträflich gewesen", sagte Monika Ammerer-Düll. Mit dabei hat Schorr im Übrigen eine neue Band rund um die britische Gitarrenhoffnung Ash Wilson.

Eine ganz neue Spielstätte, den Schwanensaal, ein Tanzsaal direkt am Rother Marktplatz, weiht Danny Bryant am 24. März ein. Vor neun Jahren rockte der Brite, der damals als bester Junggitarrist Englands geführt wurde, samt Trio das Posthorn. Heute hat er seine neunköpfige Big Band mit Bläsersektion im Gepäck.

Natürlich gehören zu den Bluestagen auch Clubauftritte. In der Galaxy Bar Lounge wird am 21. März der bemerkenswerte Ralph de Jongh mit Slide Guitar im Arm und Holzschuhen an den Füßen zu bewundern sein - und zeigen, dass es für eine starke Bluesrockband genau einen Mann braucht. Zwei Tage später legen an gleicher Stelle der Dresdner Krautbluespunker Andi Valandi und das niederbayerische Stromgitarrenmädchen Karin Rabhansl los. Rabhansl gab im Übrigen gestern bereits einen Vorgeschmack auf das, was man am 23. erwarten darf - gewaltig und stimmig. Und wer es ganz urig und im kleinen Kreis mag, der ist am besten am 24. März in Theos Gasthaus zur Linde bei Blues aus Franken vom Chamber Blues Trio, bestehend aus Reinhold Engelhardt, Keili Keilhofer und Budde Thiem - und fränkischem Bier aufgehoben.

Karten für die Bluestage gibt es in der Geschäftsstelle des Hilpoltsteiner Kurier, Siegertstraße 2, 91161 Hilpoltstein.