Roth
Soul Revival trifft "Oldschool"

Rother Bluestage legen mit San 2 und Henrik Freischlader los - Verhaltener Besuch

18.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr
San2 & his Soul Patrol am 17.03.2018 in der Kulturfabrik bei den 27. Rother Bluestagen. −Foto: Tobias Tschapka

Roth (HK) Das hat es bisher nicht allzu oft gegeben: Bluestage im tief verschneiten Roth. Aber der Wintereinbruch am Samstag machte es möglich. Die blauen Tönen aus Gitarre und Saxophon korrespondierten mit blauen Fingern beim Schneeschippen und Eiskratzen.

Zum Auftakt des Festivals gibt es erst einmal etwas zu feiern: die Geburt eines neuen Bluestagefans. Roth Bürgermeister Ralph Edelhäußer hat nämlich Nachwuchs bekommen. Dazu überreicht ihm das Team der Rother Kulturfabrik vor Konzertbeginn auf der Bühne einen Bluestagebody überreicht. Der trägt nicht nur Bluestagelogo, sondern auch das komplette Line-up der 27. Rother Bluestage - mit einer kleinen Korrektur: Zwischen Naturally 7 und Jesper Munk steht der Name des kleinen Mannes: Felix Edelhäußer. Genau an der richtigen Stelle, wie Papa Ralph zufrieden anmerkt.

Der Nachwuchs für den Blues ist auch bitter notwendig, denn obwohl am Samstag bei San2 und Henrik Freischlader das Publikum weit weniger ergraut ist als sonst üblich, junges Blut braucht der Blues immer. Generell könnte das Doppelkonzert am Samstag etwas mehr Zuspruch vertragen, so wenig voll ist es zum Auftakt selten gewesen. Dabei ist die Kombination optimal: hier der Publikumsliebling Henrik Freischlader, der bereits zum vierten Mal in Roth weilt, dort die deutsche Rhythm-'n'-Blues-Hoffnung San2 mit seiner Soul Patrol - im Übrigen ein geborener Ingolstädter, der lange Jahre in Nürnberg lebte und studierte.

Wahrscheinlich sind es dann auch die etwas lichten Reihen, die die Soul Patrol nur schwer auf Touren kommen lassen. Oder die Besinnung der Truppe auf das Transparent, das hinter ihnen prangt und auf dem eben "Bluestage" steht. Denn nach einem schmissig-souligen Anfang gibt San2 erst einmal den Blueser und zieht die Handbremse. Die wird dann Zentimeter für Zentimeter gelockert und nach ein wunderbare Version von Steve Millers "Joker" sind Publikum und Band zur Hälfte des Sets endlich auf Betriebstemperatur.

San2 selbst ist durch und durch ein Soulman, der auch mit der Harp umzugehen weiß und ein feiner Crooner, wenn es sein muss. Die Show beherrscht er auch, ständig in Bewegung mit einem Hüftschwung, der seinesgleichen sucht. Mit dabei hat er eine fein abgestimmte, groovige Truppe dabei, aus der vor allem der Matthias Bublath an der Hammond und der großartige Raoul Walton am Bass herausragen. Am Ende tanzt der Saal, das Soul Revival ist auch in Roth geglückt. Und wenn man neben dem leicht schleppenden Start noch etwas bemängeln möchte, dann das Fehlen von Bläsern - denn die würden San 2s Soul noch erheblich mehr Schmiss verleihen.

Immer gern gesehen in Roth ist Henrik Freischlader. Allerdings weilte der Vorzeigegitarrist zuletzt vor fünf Monaten in der Region, was die Massen nicht unbedingt strömen lässt. So sind die Reihen für den Mann mit der Mütze dieses Mal außergewöhnlich licht, was seine Spiel und seiner Schnoddrigkeit aber keinen Abbruch tut.

"Oldschool" nennt er sein Programm, das er zusammen mit Moritz Meinschäfer an den Drums, Armin Alic am Bass, Roman Babik an den Tasten und Saxophonist Marco Zügner zu Gehör bringt. "Oldschool" war Freischlader allerdings schon immer, das ganze "Techno" - wobei er die Digitalisierung und nicht die Musik meint - ist ihm zu viel, für sein Leben und seine Musik braucht er jedenfalls keine "Alexa". Die hätte ihm aber wahrscheinlich gleich gesagt, dass ein vermeintlicher B.B.King-Song von ihm selbst. Aber B.B. King gibt es an diesem trotzdem ausreichend zu hören, neben einem Querschnitt durch seine eigenes Schaffen.

Wer ihn zuletzt in Roth mit dem Trio gesehen hat, der stellt allerdings erfreut fest, dass Saxophon und Keyboards dem Sound extrem gut tun. Aus dem kratzigen Sisaluntergrund ist ein flauschiger Floor geworden. Freischlader muss weniger Schwerstarbeit verrichten und kann sich viel mehr dem Filigranen widmen. Ein Weichspüler ist er natürlich trotzdem nicht, schließlich weiß der Meister, wo die Riffs hängen. Besonders groß wird es, wenn Freischlader mit Keyboards und Saxophon im Satz spielt, selten hat es bei ihm mehr gefunkt. Besonders beeindruckend - in einer ganz anderen Richtung - ist die letzte Nummer vor den Zugaben, eine Lehrbuchballade mit allen Zutaten, die es braucht, Chapeau!