Traum ist noch lange nicht ausgeträumt

Rüdiger Oppermanns "Klangwelten" begeistern einmal mehr das Publikum in der Rother Kulturfabrik

11.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr
Agus Supriawan und Wahyu Rochewandy aus Java von der Formation "Agus Wahyu Rhythm Explosion". In der Rother Kulturfabrik fand am 08.12.2017 wieder das Weltmusikfestival "Klangwelten" von und mit Rüdiger Oppermann statt. Foto: Tobias Tschapka Klangwelten 2017 −Foto: Tobias Tschapka,Tschapka, Tobias, Roth

Roth (HK) Wenn Iraner auf der Kemenche, Madagassen auf der Marovaani, und Javaner auf bzw.

mit Saron, Gendang oder Sanggak musizieren, dann hört sich das verdächtig nach "Klangwelten" an - dem Weltmusikfestival von und mit Rüdiger Oppermann, der kurz vor Weihnachten mit den unterschiedlichsten Musikern aus aller Welt in der Kulturfabrik Station macht.

Die nicht nur beim Rother Publikum beliebte "Klangwelten"-Tour feierte letztes Jahr ihr 30-Jähriges. Aber der musikalische Traum ist noch lange nicht ausgeträumt, und so ist die diesjährige Tour mit "31 Years Of Excellence" überschrieben. "Es ist immer wieder aufregend. Wir spielen derzeit jeden Tag, und immer ist es ein intensives Erlebnis", sagte Klangwelten-Mastermind Rüdiger Oppermann, der auf der ganzen Welt nach musikalischen Ausnahmetalenten sucht, um mit ihnen auf Tour zu gehen. Dabei ginge auch manchmal so einiges schief, wenn zum Beispiel Behörden mal wieder nicht rechtzeitig die nötigen Visa ausstellen würden oder andere organisatorische Dinge schief laufen würden.

Seine Aufgabe sei es, Musiker auszuwählen und ein gemeinsames Programm zu gestalten, und er gehe davon aus, dass er das wieder geschafft habe, sagte Oppermann. Nur eines ist ihm hinterher aufgefallen: dass diesmal keine einzige Frau zum Klangwelten-Ensemble gehört. "So was Blödes", entfuhr es Oppermann, der dafür versprach, im kommenden Jahr ein Programm ausschließlich mit Frauen auf die Beine zu stellen.

"Bin mal gespannt, wie das dann in unseren Tourbus abläuft. Derzeit fahren wir jeden Tag stundenlang zum nächsten Auftritt, und keiner spricht dabei ein Wort . . .", so Oppermann, der dieser Stille offenbar viel abgewinnen kann und vermutet, dass damit im nächsten Jahr wohl Schluss sein dürfte.

Aber Stille ist nicht das Thema des Abends, ganz im Gegenteil. Den Anfang machte der Iraner Mehrzad Azamikia, der zum ersten Mal in Deutschland musiziert. Er ist Experte für das iranische Streichinstrument "Kemenche", welches auch in Armenien, Aserbeidschan, Türkei und Kurdistan gespielt wird. Sie geht zurück auf die Byzantinische Lyra und wird mit einem Bogen gespielt. Begleitet wurde er dabei auf den Tablas-Trommeln von dem Inder Jatinder Thakur, der einzige Musiker (von Oppermann und seinem Harfenspiel mal abgesehen), der bei "Klangwelten" von Anfang an mit dabei ist. Ebenso wie seine wirbelwindschnelle rechte Hand und der kräftigen linken, mit denen er das überaus gefühlvolle Kemenche-Spiel von Azamikia mit Basslinien unterlegt.

Nach einem europäischen Harfenstück aus dem Mittelalter von Oppermann waren zwei Musiker von der indonesischen Insel Java an der Reihe: Agus Supriawan und Wahyu Rochewandy, die zusammen das Duo Agus Wahyu Rhythm Explosion bilden. Den Namen darf man durchaus wörtlich nehmen, denn die beiden stellten in der Tat eine explosive Mischung dar. Bei ihnen kamen das "Saron", gleichgestimmte Metallophone mit sechs Tasten, traditionelle "Gendang"-Trommeln und die archaische Vokaltechnik "Sanggak" zum Einsatz, die in Java lange aus der Mode ist, aber von Agus und Wahyu wieder "ausgegraben" wurde. Zwischen abgehackten Silben, Affengeschrei, Anfeuerungsrufen und rauschhafter Vokalakrobatik klingt das wie eine Ursprache der Menschen.

Schließlich zeigte auch noch der aus Madagaskar stammende Monjamahafay "Monja" Deze sein virtuoses Können an einer Kastenzither namens "Marovaani", zu deren wichtigsten Bestandteilen laut Oppermann nach wie vor die Bremsen von französischen Fahrrädern gehören, denn der ostafrikanische Inselstaat war früher einmal französische Kolonie. "Und das ist auch der Grund, warum auf Madagaskar alle Fahrräder ohne Bremsen herumfahren", erklärte Oppermann.

Monja spielt das mit zwei Reihen von Saiten rechts und links am Klangkörper bespannte Instrument mit einer erstaunlichen Leichtigkeit sowie einer Geschwindigkeit und Präzision, die das Publikum staunen ließ. Dazu hatte er auch noch eine fantastische Gesangstimme und zeigte mit seinem Partner schließlich auch Komödiantisches, als sie im Rhythmus zur Musik über die Bühne tanzten.

Nachdem die Musiker im ersten Teil ihr Können alleine unter Beweis stellten, spielten sie nach der Pause viele Stücke gemeinsam. Und wenngleich sie alle aus den unterschiedlichsten Gegenden und Kulturkreisen der Erde stammten - die Arrangements harmonierten trotz aller Fremdartigkeit wieder wunderbar. Beim Klangweltenfestival ist das die Regel, und nicht die Ausnahme.