Roth
Von Kürbissen und großen Monarchen

Zum 20. Mal besucht eine Delegation aus dem englischen Partner-County Brentwood den Landkreis Roth

03.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Nach Coburg zum Standbild des „größten Monarchen Großbritanniens“ führt der Tagesausflug der Delegation aus dem Rother Partner-County Brentwood. - Foto: Klier

Roth (HK) Seit 1979 besteht die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Roth und dem County of Brentwood nahe London. Ein Hauptbestandteil dieses „Town Twinnings“ ist der jährliche Besuch. Diesmal waren 22 englische Gäste gekommen. Es war der 20. Besuch in Deutschland seit Bestehen der Partnerschaft.

Am Anfang der Besuchstage stand ein Empfang im Landratsamt Roth, der als besonderer Programmpunkt in die gleichzeitig stattfindende Kreistagssitzung eingefügt worden war. Im voll besetzten Sitzungssaal entbot Landrat Herbert Eckstein ein herzliches „Welcome!“ Insbesondere für Mark Reed, den Mayor of Brentwood und seine Stellvertreterin Noelle Hones sowie Jon Cloke, den Vorsitzenden des Patenschaftsvereins. Auf gegenseitige Geschenke hatte man verzichtet, gemäß des Mottos: „Wir ham scho alles!“

Roth sei eine ebenso schöne Stadt wie Brentwood, sagte Mayor Mark Reed. Er freue sich darauf, daheim viel Schönes erzählen zu können. Und: „Ich freue mich auf den Gegenbesuch im nächsten Jahr.“ Landrat Herbert Eckstein bedauerte, dass die deutsche Sprache in Großbritannien lediglich als Wahlfach angeboten, Englisch dagegen in Deutschland bereits ab der Grundschule unterrichtet werde. Das sei natürlich einer Partnerschaft abträglich. Der Kreisjugendring halte von deutscher Seite die Partnerschaft für Jugendliche aufrecht. Er bedanke sich besonders bei Anne Klier, der Vorsitzenden des Freundeskreises Brentwood, und deren Helfern für ihre ehrenamtliche Tätigkeit, so Eckstein.

Anne Klier wies darauf hin, dass während des ganzen Jahres mit verschiedenen Veranstaltungen diese Partnerschaft gepflegt werde. Sie erinnerte an den Besuch in Brentwood im vergangenen Jahr, bei dem man viel Geschichte kennengelernt und unter anderem einen gemeinsamen Gottesdienst aber auch eine große Brauerei besucht habe. Ein heiterer Bardance-Abend stand am Ende des Programms.

„Let’s go to the pumpkins!“, hieß es dann. Gemeint war der Kürbishof Schnell in Kammerstein-Neppersreuth, der seit 2004 besteht. Es ist die einzige Ölmühle in Bayern, die Kürbiskerne verarbeitet. Der Besitzer Martin Schnell informierte ausführlich über Anbau und Verarbeitung der Kürbisse, die auf insgesamt 80 Hektar Fläche wachsen. Im angeschlossenen Hofladen konnte man sich anhand der Produkte überzeugen, wie vielfältig verwendbar diese Früchte sind.

Nach einem Mittagessen, es gab Bratwürste mit Kürbiskernen, führte der Kammersteiner Pfarrer Stefan Merz die Gruppe zu der vor zwei Jahren geweihten Jakobuskapelle am Jakobsweg. „Eine Kapelle aus Holz im Holz“, war die Überlegung beim Bau gewesen. Ein weiterer Besuch galt dem Kammersteiner Reichsburgmuseum und dem Exulantendenkmal nebenan, das an die österreichischen Glaubensflüchtlinge erinnert.

Am Samstag folgte der obligatorische Tagesausflug, der nach Coburg führte. Die Stadt war nicht zufällig ausgewählt worden. Auf dem Marktplatz steht nämlich ein Denkmal für Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha war und ist durch gezielte Heiratspolitik im 19. Jahrhundert mit fast ganz Europa verwandt. Von besonderem Interesse für die Besucher aus dem Vereinigten Königreich war natürlich die Verbindung zu England.

Im Coburger Schloss Ehrenburg in der Stadtmitte war häufig die englische Königin Victoria zu Gast gewesen. Das kam nicht von ungefähr, denn nur wenige Kilometer entfernt liegt Schloss Rosenau. Dort erblickte 1819 der bereits erwähnte Prinz Albert das Licht der Welt. Er avancierte später zum Prinzgemahl von Queen Victoria von Großbritannien und Irland. Ihre 63 Jahre währende Regentschaft ging als das Goldene Zeitalter in die Geschichte ein. Sie liebte ihren Albert und schenkte ihm neun Kinder. Coburg und Schloss Rosenau bezeichnete sie als ihre zweite Heimat. Albert wurde ihr wichtigster Berater, er schrieb ihre Reden und engagierte sich in sozialen Bereichen. Er führte zwar nicht den Königstitel, war de facto aber König von Großbritannien. Nach seinem Tod soll der englische Premierminister gesagt haben: „Großbritannien hat seinen größten Monarchen verloren.“

Die Besucher aus Roth erfuhren aber auch, dass die berühmte Coburger Bratwurst im Rohzustand 31 Zentimeter lang sein muss. Sie darf auch (wieder) auf offenem Feuer über Kiefernzapfen gebraten werden. Angeblich wäre erst der Verzehr von 80 Bratwürsten pro Tag gesundheitsschädlich.

Schloss Ehrenburg wurde nach mehreren Umbauten schließlich im neugotischen oder englischen Stil errichtet. Es diente deshalb als Kulisse für Filme, die eigentlich in London spielten. Sogar das Nebengebäude war vorübergehend in eine U-Bahn-Station umgewandelt worden.

In den folgenden drei Tagen erwarteten die englischen Gäste und ihre Gastgeber weitere Punkte des umfangreichen Programms (Bericht folgt).