Roth
Spiritueller Kirchenmanager

Neuer Dekan Matthäus Ottenwälder will den Glauben wieder in den Mittelpunkt stellen

16.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr
Manager, Ordensmann, Dekan: Pfarrer Matthäus Ottenwälder bringt viele Qualitäten für sein neues Amt mit. −Foto: Kofer

Georgensgmünd (HK) Kindergartenverwaltung, Bauvorhaben, Sitzungen: Pfarrer würden oft mit Verwaltungsarbeit so eingedeckt, dass sie nicht mehr zum Wesentlichen kämen - dem Glauben. Sagt Matthäus Ottenwälder, der neue Dekan des katholischen Dekanats Roth-Schwabach. Das will er ändern.

Die Gläubigen müssten sich von manchen liebgewonnenen Gepflogenheiten verabschieden, sagt Ottenwälder (58). Er habe in seiner Gemeinde Röttenbach-Georgensgmünd drei Pfarrkirchen in einem Umkreis von 2,5 Kilometern. "Kann ich mir diesen Luxus noch leisten?", fragt er rhetorisch. Oder muss jede Gemeinde einen eigenen Gemeindesaal haben, in dem nur einmal im Monat ein Seniorentreffen stattfindet? Ist wirklich jedes Quartal eine große Dekanatskonferenz mit 60 Leuten notwendig, auf der wegen der Zeitknappheit nicht diskutiert werden kann? Ottenwälder findet: Nein. Viele Verfahren könne man straffen. "Wenn ein Thema durch viele Gremien geht, hat es sich am Ende verflüchtigt", sagt Ottenwälder. Besser sei es, verschiedene Themen zu setzen und die in kürzeren Abständen in kleinem Kreis zu bearbeiten, "damit es auch unten ankommt". Er müsse nach seiner Ansicht auch nicht in jeder Kirche jeden Sonntag einen Gottesdienst geben. Lieber würde er nur in einer Kirche predigen, die dafür aber voll wäre. "Wir haben kein Priesterproblem, wir haben ein Gäubigenproblem", sagt Ottenwälder.

Durch gemeinsame Gottesdienste würde die Gemeinde auch mehr zusammenwachsen. "Die Volkskirche von früher gibt es nicht mehr. Wir sind eine Bekennerkirche", sagt Ottenwälder. Dafür sei man bereit, etwas zu tun. Ein paar Kilometer Autofahrt seien da zumutbar, findet er. "Ich sage den Leuten immer: Zu Aldi fahrt ihr doch auch mit dem Auto."

Dass er sich mit solchen Plänen nicht nur Freunde macht, ist dem neuen Dekan klar. Doch das stört ihn nicht. "Ich bin frei, etwas Neues einzuführen", sagt er. Vielleicht ist es in Zeiten der Strukturreform gerade das, was Bischof Gregor Maria Hanke erwartet. Und Ottenwälder ist gut präpariert für diese Aufgabe. Denn der Jesuit liebt die Spiritualität, kennt sich aber bestens in den Bereichen Logistik und Management aus.

18 Jahre lang arbeitete der studierte Betriebswirt bei einem US-amerikanischen Paketzusteller, zuletzt als Distriktmanager zuständig für Österreich, die Schweiz und Süddeutschland. Alle zwei Jahre wurde er versetzt, für eine eigene Familie blieb keine Zeit. "Ich hatte alles: Haus, Auto, Eigentumswohnung, dreimal im Jahr Urlaub", erzählt Ottenwälder, "aber das macht nicht glücklich". Schon gar nicht, wenn man gnadenlos zu den Mitarbeitern sein muss. "Ich konnte es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, dass die Oberen auf Kosten der Arbeiter lebten." Er habe Familienvätern kündigen müssen, die vor ihm standen und geweint hätten.

1998 ist Matthäus Ottenwälder dann ausgestiegen. "Ich habe mein früheres Leben radikal abgebrochen." Er studierte Philosophie und Theologie und trat dem Jesuitenorden bei. Ein früher Herzenswunsch. Armut, Keuschheit und Gehorsam verlangt der Orden von seinen Brüdern. "Gehorsam ist mir am schwersten gefallen", sagt Ottenwälder und lacht. Der Rest sei einfach gewesen. "Man lebt leichter." Keine Versicherung, keine Krankenkasse, keine Steuerbescheide, kein Gehalt - der Orden regelt alles. Nur das Leben "draußen" lernt man so nicht kennen. "Ihr wisst ja nicht einmal, wie eine Lohnsteuerkarte aussieht", hat Ottenwälder seinen jungen Mitbrüdern manchmal erklärt. Bei seiner Primizpredigt hat ihm sein Generaloberer gesagt: "Matthäus, du hast es einmal leicht im Beichtstuhl, du kennst das Leben."

Nach Stationen in Belgien und Österreich kam Matthäus Ottenwälder zur Diözese Eichstätt, seit fünf Jahren ist er Pfarrer der Gemeinde Röttenbach-Georgensgmünd. Es ist eine seiner längsten Stationen seines Lebens. Da komme fast so etwas wie Heimatgefühl auf. Er liebe die Landschaft und die Franken, sagt der gebürtige Ellwanger. "Die brauchen eine Konstanz", sagt er. Da müsse man erst einmal ein paar Jahre seine Arbeit ordentlich machen, dann würden die Franken einen auch akzeptieren.

Dass er hier angekommen sei, zeige auch seine neue Aufgabe als Dekan, als einer der acht Stellvertreter des Bischofs also. Er wird nämlich auf Befragung aller Priester im Dekanat ausgewählt. Offenbar war eine Mehrheit für Ottenwälder. "Ein Vertrauensbeweis, ein Zeichen, dass ich angekommen bin", sagt er. Hilpoltsteins Pfarrer Franz-Josef Gerner wollte das Amt des Dekans nicht mehr übernehmen. Der Titel bedeutet vor allem Zusatzarbeit. Denn neben den 2700 Gläubigen seiner Gemeinde ist Ottenwälder in den nächsten sechs Jahren für das Dekanat Roth-Schwabach mit seinen 28 Pfarreien und 63 000 Katholiken zuständig. Trotzdem will er das Wesentliche nie aus den Augen verlieren. Dabei würden ihm die Worte Jesu helfen: "Suchet zuerst Gott, der Rest wird Euch zugegeben." Sie stammen aus dem Matthäus-Evangelium.