Roth
Rollstuhlgerecht sieht anders aus

P-Seminar des Rother Gymnasiums zeigt mangelnde Barrierefreiheit in der Kreisstadt auf

29.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Tour mit Tücken: Schon im Herbst 2013 hat Paul Rösch, der Vorsitzende des Inklusionsnetzwerks, den Bürgermeistern Hans Raithel und Ralph Edelhäußer (von links) gezeigt, wo es Rollstuhlfahrer in Roth besonders schwierig haben. Auch ein P-Seminar des Gymnasiums Roth zeigte jetzt die mangelnde Barrierefreiheit in der Kreisstadt auf. Arch - foto: Tschapka

Roth (HK) Lange Steigungen, zu schmale Gehwege, Kopfsteinpflaster und Stufen vor fast jedem Geschäft im Zentrum. Die Stadt Roth, ihre Geschäfts- und Privatleute haben in Sachen Barrierefreiheit noch viele Hausaufgaben zu erledigen. Das hat der Stadtrat nun von einem P-Seminar des Gymnasiums Roth schriftlich erhalten.

Roth (HK) Lange Steigungen, zu schmale Gehwege, Kopfsteinpflaster und Stufen vor fast jedem Geschäft im Zentrum. Die Stadt Roth, ihre Geschäfts- und auch die Privatleute haben in Sachen Barrierefreiheit jede Menge Hausaufgaben zu erledigen. Das hat der Stadtrat nun von einem P-Seminar des Gymnasiums Roth schriftlich erhalten.

Acht junge Frauen und zwei junge Männer stellten während der Sitzung am die Ergebnisse ihrer Erhebungen im Stadtgebiet vor. Das Seminar unter Leitung der Geografielehrerin Kerstin Hölzel hatte gemeinsam mit Rollstuhlfahrern und dem Inklusionsnetzwerk im Landkreis Touren durch Roth dokumentiert. Sie hatten die Stadt in fünf Gebiete eingeteilt, kamen aber überall zu ähnlichen Ergebnissen, die sie in Karten und Fotografien festgehalten hatten.

Dabei begleiteten sie die Menschen mit Handicap nicht nur, sondern setzten sich an vielen Stellen selbst in den Rollstuhl. So konnten sie erleben, was es heißt, vor nicht abgesenkten Bordsteinen zu stehen, aufgrund großer Pflastersteine kaum voranzukommen, aber extrem durchgerüttelt zu werden oder bei der Arztwahl eingeschränkt zu sein. Denn die meisten Ärzte hätten ihre Praxisräume in den Obergeschossen von Häusern ohne Aufzug, hieß es.

Als Hauptproblem sahen die Schülerinnen und Schüler der zwölften Jahrgangsstufe indes die zahlreichen Erhebungen in der Kreisstadt an. „Die kann man nicht wegzaubern“, meinten sie. Beim Rundgang in der Innenstadt sei das Fehlen behindertengerechter Toiletten aufgefallen. Lediglich in den Rothmühlpassagen gebe es eine. Ferner habe bei vielen Ladenbesitzern das Verständnis für die Barrierefreiheit gefehlt. „Innen sind die Läden durchaus rollstuhlgerecht, aber man kommt nicht rein“, so die paradoxe Feststellung der Seminarteilnehmer. Als Lösungsmöglichkeiten sahen die Gymnasiasten die Berücksichtigung entsprechender baulicher Lösungen bei Umbau oder Neubau von Häusern an. Auch das Anbringen einer dauerhaften Rampe hielt man für sinnvoll. Falls es dafür keinen Platz gebe oder es an der Finanzierung scheitere, seien auch mobile Rampen denkbar.

Bürgermeister Ralph Edelhäußer bestätigte den Handlungsbedarf auf privater wie öffentlicher Seite. „Der Prozess muss in den Köpfen beginnen“, erklärte er und versprach, es vonseiten der Stadt zügig anzugehen. Beispielsweise brauche man bald einen Aufzug in den Sitzungssaal, schilderte Edelhäußer. Das könnte ein möglicher Einstieg der öffentlichen Seite in entsprechende Projekte, die nach und nach umgesetzt werden sollten, so Edelhäußer. Zugleich sah er eine einigermaßen zufriedenstellende Barrierefreiheit in der Stadt erst in ferner Zukunft als erreichbar an. „Das dauert zwei Jahrzehnte.“ Edelhäußer bedankte sich bei den Schülern für ihren Einsatz. „Ihr habt uns sensibilisiert, sonst würden wir es oft gar nicht wahrnehmen.“