Roth
Hinfiebern auf Pyeongchang

Thomas Trautner aus Roth fährt als Co-Trainer der Skifahrer zum ersten Mal zu den Paralympics

19.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Bei der WM 2017 war Thomas Trautner (unten links) schon als Co-Trainer dabei. Jetzt fiebert er seinen ersten Paralympics entgegen. - Foto: DSV

Roth (HK) Die Koffer sind gepackt, das Flugticket nach Pyeongchang liegt bereit: Am 9. März geht für Thomas Trautner aus Roth ein großer Traum in Erfüllung, dann beginnen für den Alpin-Co-Trainer seine ersten Paralympics.

Schon am Sonntag, 4. März, um 14.40 Uhr startet der Flieger in Frankfurt, angeblich mit Verabschiedung durch den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Die Daten kennt Thomas Trautner (51) auswendig. Diesen Termin wird er auf keinen Fall verpassen. "Olympiade oder Paralympics, das ist für jeden Sportler und Betreuer das Highlight schlechthin", sagt der Co-Trainer der deutschen Alpinmannschaft. Sieben Athletinnen und Athleten mit Handicap schickt der Deutsche Skiverband nach Südkorea, insgesamt sind es 19 Sportler. Und ein Stab an Betreuern. "Wie überall sind es mehr Funktionäre als Athleten", sagt Trautner und lacht.

Er selbst hat für seine ersten Paralympics viel investiert. "Ich habe meinen ganzen Jahresurlaub verbraten, um dabei zu sein", sagt Trautner. Denn nur, wer sich in der Vorbereitung reinhängt und viele Trainingseinheiten mitmacht, hat eine Chance, im Team zu sein. Wie die meisten Co-Trainer macht Trautner das Training nebenberuflich. Hauptberuflich ist er kaufmännischer Leiter einer Firma für erneuerbare Energien. Wegen des Geldes sei er nicht Co-Trainer im Behindertensport. "Wir kriegen zwar etwas, aber im Prinzip ist es ein Ehrenamt", sagt Trautner.

Die Ausrüstung ist allerdings professionell. Zwei Reisetaschen voll hat Trautner bei der Einkleidung am Mittwoch bekommen, das komplette deutsche Olympia-Outfit in Grau und Rot: Daunenjacken, Pudelmütze, Sonnenbrille, Regenjacke, Hosen. "Den Bundesadler auf der Brust oder am Arm zu haben, das hat schon was", sagt Trautner. Normalerweise trage er die Trainer-Ausstattung nicht in seiner Freizeit, "aber da mache ich eine Ausnahme".

Erstmals offiziell wird Trautner seine Teamkleidung in Pyeongchang tragen. Bis die Paralympics beginnen, muss er sich allerdings mit Fernsehübertragungen der Olympischen Spiele begnügen. "Ich muss das einfach anschauen", sagt Trautner. Da die Alpinwettbewerbe in Deutschland zu nachtschlafender Zeit übertragen werden, heißt Olympia im Fernsehen entweder früh aufzustehen oder lange wach zu bleiben. Für den Co-Trainer eine ideale Vorbereitung für die Zeitumstellung in Pyeongchang. Besonders berührt hat ihn die Eröffnungsfeier. "Da hat es mich geschüttelt." Bei dem Gedanken: "In drei Wochen bin ich selber da." Bei den Paralympics laufen die Betreuer bei der Eröffnungsfeier mit ein. "Das haut uns wahrscheinlich alle von den Socken", vermutet Trautner.

Sonst läuft bei den Paralympics alles so ab, wie bei den Profis. Auch wenn eine Sehbehinderte und vier beinamputierte Monoskifahrer am Start sind. Von der Skitechnik sei das kein Unterschied zu nicht behinderten Skiläufern. "In der Abfahrt kriegen die weit über 100 Sachen drauf", erklärt Trautner. Auch der Ablauf unterscheidet sich nicht von den Profis. Morgens geht es zur Besichtigung an die Piste, dann verteilen sich die Trainer mit Funkgeräten und Videokameras an der Strecke und geben ihre Beobachtungen an die Athleten durch. "Ich glaube nicht, dass ich viel von Südkorea sehen werde", sagt er. Es stört ihn nicht. "Das ist das Ding mit den fünf Ringen, egal in welchem Land."

In Deutschland können die Zuschauer die Paralympics oft live verfolgen. Die ARD hat viel Sendezeit zur Verfügung gestellt. Und mit Gerd Schönfelder den erfolgreichsten Athleten als Experten engagiert. "Das ist eine Rampensau und eine Stimmungskanone. Der tut uns allen gut", sagt Trautner. Und die fachmännischen Kommentare Schönfelders machten den Behindertensport verständlicher. "Sehr professionell" sei das alles.

Die Professionalität ist es überhaupt, die Trautner bei den Behindertensportlern so schätzt. Sie seien ehrgeizig, kämen immer pünktlich und ließen kein Training aus. Das ist der Trainer mit C-Lizenz für Leistungssport nicht unbedingt gewohnt. Zum Skisport kam er, als sein heute 24-jähriger Sohn Mauritz vor fast 20 Jahren erklärte, er wolle Rennläufer werden. Um ihn bestmöglich zu fördern, machte Thomas Trautner mit 40 noch den Trainerschein. Erst half er beim Skiclub Heideck mit - dort wohnte die Familie damals - dann beim Skiverband Frankenjura. Am Ende war er für die gesamte Schüler- und Jugendmannschaft des Verbandes zuständig. Das bedeutete vor allem viel Organisationsarbeit. "Am Wochenende habe ich die Slalomstangen in der Garage aufgestellt, damit die Fähnchen trocknen", erzählt er. 2011 war Trautner das zu viel, zumal Sohn Mauritz den Sprung in die deutsche Spitze trotz Skiinternat nicht schaffte.

Zur gleichen Zeit entdeckte Trautner im DSV-Newsletter eine Stellenausschreibung. Gesucht wurde ein Co-Trainer für den Behindertensport. Cheftrainer Justus Wolf lud ihn ein. "Schau dir das mal an", sagte er. Und Trautner war sofort begeistert. Der Job sei total einfach: "Du fährst ins Trainingslager, machst deine Arbeit und musst nichts organisieren." Sein Entschluss stand schnell fest: "Das mache ich jetzt für mich." Eine gute Entscheidung, die sich nach sieben Jahren auszahlt, ab 4. März bei Thomas Trautners ersten Paralympics.