Roth
Mit Dankbarkeit gegen das Unrecht

Beim Erntedankfest der ELJ Roth-Schwabach in der Kulturfabrik geht es um das Selbstverständliche

10.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:12 Uhr

Miriam Volkert schreibt an die Tafel, was für einen Ehrenamtlichen selbstverständlich ist. - Foto: Leykamm

Roth (HK) Ein großes Erntedankfest hat der Kreisverband Roth-Schwabach der Evangelischen Landjugend in der Rother Kulturfabrik gefeiert. Im Mittelpunkt stehen dabei ganz unterschiedliche Gedanken rund um das Selbstverständliche in unserer Gesellschaft.

Sonnenblumen und Maispflanzen räkeln sich aus Milchkannen auf der Bühne der Kulturfabrik Roth: Vorboten eines Abends, der ganz im Zeichen eines Erntedankfestes des Kreisverbandes Roth-Schwabach der Evangelischen Landjugend (ELJ) steht. Dieses Mal wird hinterfragt, was man ansonsten als gegeben einfach hinnimmt. "Selbstverständlich - Ernte - Dank!" ist deshalb das Motto, das sich als äußerst facettenreich erweist. Davon weiß die stellvertretende Vorsitzende Lara Bauer ein Lied zu singen. Sie hat ihren Sommer zum großen Teil in Afrika verbracht und erfahren, wie wenig dort weder Wasser noch Strom eine Selbstverständlichkeit sind.

Selbstverständlichkeit habe aber auch eine hässliche Seite, da sie zum "größten Killer der Dankbarkeit" werden könne, zitiert Bauer ein Sprichwort. Eine Gefahr, die das Fest abwehren will. Dazu heißt es erst einmal klären, was für den Einzelnen selbstverständlich ist. Als Bauer mit dem Mikrofon ins Publikum schreitet, erhält sie ganz verschiedene Rückmeldungen. Das eigene Auto, die Sicherheit im eigenen Haus, ein voller Kühlschrank und WLAN werden genauso als selbstverständlich angesehen, wie anderen in Not zu helfen.

Ein Sketch verdeutlicht, was passiert, wenn angestammte Erwartungshaltungen an falscher Stelle auftauchen. Timo Prieß und Johannes Schuler mimen die Kunden beim "Direktvermarkter" Michael Schröter, der den beiden aber keine Sternfrucht und nur krumme Gurken anbieten kann. Aber es zählen doch auch bei ihnen "die inneren Werte" verteidigt darauf im Interview mit Marina Carl der Kürbisbauer Martin Schnell seinen vermeintlichen Kollegen. Die meisten seiner Kunden aber hätten Einsicht, dass es eben weder eine Selbstverständlichkeit ist, zur unpassenden Jahreszeit Kürbisse zu bekommen, noch dass diese immer lupenreines Aussehen haben.

Dass der Begriff des Abends oft dazu verwendet wird, um mit zweierlei Maß zu messen, macht BBV-Kreisobmann Thomas Schmidt deutlich. So sei es für viele Mitbürger etwa sehr wohl selbstverständlich, wenn die Autos über immer ausgefeiltere Technik verfügten, den Landwirtschaftsmaschinen werde aber eine solche Entwicklung ganz selbstredend nicht zugebilligt. Mehr Verstehen des Agrarwesens könnte vielleicht auch zu besserem Verständnis führen, erhofft sich Schmidt.

Was bezüglich der Bildung, der Sicherheit und ganz passend auch des Gesundheitswesens in verschiedenen Regionen der Erde so selbstverständlich ist, erfährt ELJ-Kreisvorsitzender Dominic Schwab aus der Zeitung auf der Bühne, die er unter Szenebeifall mit Krücken hinaufhüpft. Nicht selbstverständlich war vor zehn Jahren das Smartphone und ist heute die Höflichkeit, gibt nach ihm Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer zu bedenken, bevor Miriam Volkert an die Tafel schreibt, was für einen Ehrenamtlichen so selbstverständlich ist: Die Freude, ein Auto, der Führerschein, Zeit, eine Meinung und Kompromissbereitschaft ruft man ihr aus dem Publikum zu.

Das ist auch bei der Andacht von Konstanze Kemnitzer gefragt. Die Geistliche wettert gegen das Zumüllen der Welt mit Plastik und ruft zu einem gesunden Verhältnis zur Schöpfung auf. Wer lerne, dankbar zu sein, so die These, der erhebe seine Stimme auch gegen das Unrecht, das etwa an vielen nicht direkt vermarkteten Produkten klebt. Eine Tatsache, "die das Erntedankfest geradezu herausfordert".