Roth
"Eine heile Welt gibt es auch hier nicht"

Pflegekräfte der Kreisklinik üben sich in Selbstverteidigung und Deeskalationsstrategien

17.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:14 Uhr

Geübt wurde auch die Befreiung aus einem Würgegriff eines Patienten. - Foto: Rudolph

Roth/Hilpoltstein (HK) Selbstverteidigung und Deeskalationstraining im Pflegeberuf: Mit diesem Angebot betrat die Kreisklinik berufliches Neuland, denn bisher war beides im Klinikalltag kein Thema.

Ausgesprochen entspannt ging es im Gymnastikraum der Kreisklinik Roth zu, als die acht Pflegenden ihre letzte Fortbildungseinheit „Deeskalation und Selbstverteidigung“ absolvierten. Mit dem Ziel professionell körperliche Gewalt bereits in ihrer Entstehung zu verhindern oder auf körperliche Übergriffe im Arbeitsalltag deeskalierend reagieren zu können, bot die Kreisklinik Roth für ihre Mitarbeiter erstmalig ein Deeskalationstraining an.

Aggressives Verhalten ist nicht nur ein gesellschaftliches Problem, es stellt auch Mitarbeiter in den Gesundheitsbereichen vor große Herausforderungen. Oft wird Gewalt durch psychische Erkrankungen, unter Einfluss von Medikamenten, Drogen oder Alkohol ausgelöst.

„Wenn Gewaltanwendung gegenüber dem Personal auch sehr selten vorkommt, so stellen wir im Krankenhaus doch den Querschnitt der Gesellschaft dar. Eine heile Welt gibt es auch hier nicht“, betonte die stellvertretende Pflegedienstleiterin Bettina Honeiser. Für die betroffenen Mitarbeiter, meist sind es Frauen, ist eine solche persönliche Erfahrung sehr dramatisch.

Eine Teilnehmerin mit beruflichen Gewalterfahrungen erklärte, dass sie durch die oft simplen aber dadurch gut umsetzbaren Handgriffe mehr Sicherheit gewonnen habe. „Der Kurs ermöglicht mir zukünftig ein reflektiertes Herangehen an brenzlige Situationen und eine verbesserte Lösung von Konfliktsituationen“, so die Krankenschwester.

Gemeinsam mit Horst Suck, lizenzierter Trainer für Ju-Jutsu und Übungsleiter für Gewaltprävention bei der TSG 08 Roth, trainierten die Klinikmitarbeiter aus verschiedenen Pflegestationen an drei Nachmittagen Selbstverteidigungs- und Deeskalationsstrategien.

„Es wurden natürlich keine Ju-Jutsu-Kampfkünste trainiert“, betonte Horst Suck. Vielmehr habe der Schwerpunkt des praxisorientierten Seminars darin gelegen, den Pflegekräften das Thema Eigensicherung und Selbstschutz näher zu bringen und ihnen dadurch Handlungssicherheit in außergewöhnlichen Situationen zu geben. „Wir haben die Entstehungsprozesse von Gewalt berufsspezifisch erörtert und dann im Situationstraining mit einfachen, für jeden anwendbare Techniken, eingeübt“, erklärte Suck.

Beispielsweise wurde gelehrt, wie man sich aus dem Würgegriff einer Person befreit, wie gegenüber aggressiven Menschen zu zweit agiert wird und wie man sich selbst sichert oder Panikreaktionen verhindert.

Die Mitarbeiter waren begeistert, denn übereinstimmend wurde das Seminar als großer Zugewinn der eigenen Selbstsicherheit bewertet. Seminarleiter Horst Suck, selbst Polizeibeamter, kennt teilweise die Erfahrungen der Mitarbeiter und konnte somit sehr gut auf die Erwartungen der Pflegenden eingehen. Ein weiteres Seminar ist bereits geplant.