Roth
Amtseinführung in Schwarz

Für Tanya Klieber-Amrein aus Roth ist heute ein Tag der Trauer Die US-Bürgerin berichtet von einer gespaltenen Nation

19.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

"Trumps Wahlsieg ist mir peinlich": Tanya Klieber-Amrein (54) aus Roth trägt deshalb heute, am Tag der Amtseinführung, schwarze Kleidung. Erst vor Kurzem kehrte sie von einer Reise nach Florida zurück. Ihr Eindruck: "Die USA sind ein gespaltenes Land." - Foto: Sonnenberger

Roth (HK) Der Wahlsieg Donald Trumps hat die Gräben in der ohnehin gespaltenen US-Gesellschaft vertieft. Tanya Klieber-Amrein aus Roth war gerade drei Wochen in Florida und konnte sich selbst ein Bild von der Stimmung machen. Demokraten und Republikaner sprechen seit der Wahl nicht mehr miteinander.

Tanya Klieber-Amrein ist besorgt um die Zukunft ihres Landes. Die 54-Jährige sitzt am Wohnzimmertisch ihres Hauses im Rother Ortsteil Pfaffenhofen, wo sie zusammen mit ihrem Mann Jürgen lebt. Der Raum ist modern eingerichtet. Ein großer Hund mit weißem Fell wärmt sich am Kachelofen. Obwohl sie seit 22 Jahren im Landkreis Roth wohnt, ist die US-Bürgerin regelmäßig zu Besuch in Florida. Ihre Eltern sind vor mehr als zwei Jahrzehnten auf die Insel Sanibel, die vor Floridas Westküste liegt, gezogen. "Ein Open-Air-Altersheim", sagt Klieber-Amrein, lächelt und trinkt einen Schluck Cappuccino. Das traumhafte Klima im Sunshine State ist der Grund, dass viele Amerikaner der Mittel- und Oberschicht ihren Lebensabend dort verbringen. Früher seien die Grundstückspreise noch erschwinglich gewesen. Seit einigen Jahren könnten sich nur noch sehr reiche Leute ein Anwesen auf Sanibel Island leisten.

Als klassischer Swing State gewinnen bei Wahlen in Florida mal die Republikaner und mal die Demokraten. Donald Trump siegte im November knapp. Vor allem die wohlhabenden weißen Einwohner Floridas sind mehrheitlich Republikaner. "Sie wählen die Partei, die ihnen weniger Steuern verspricht", erklärt Klieber-Amrein. "Die Leute machen sich keine Gedanken, was in der Welt passiert; manche haben keine Ahnung, wo Aleppo ist."

Die Anhängerin der Demokraten sieht die Dinge anders. Das hat vermutlich auch mit ihrem Leben als Pendlerin zwischen Europa und den USA zu tun. Geboren wurde sie in Söcking am Starnberger See, doch im Alter von drei Jahren zogen ihre Eltern, die auch US-Bürger sind, mit ihr in die Industriestadt Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania. Mit Zehn ging es für zwölf Jahre zurück nach Deutschland, bevor es sie zum Studium zurück über den Atlantik nach New Jersey zog. Ihr Sprachtalent nutzt die Mutter von zwei Söhnen heute auch beruflich. Sie arbeitet als Lehrerin für Deutsch, Englisch und Französisch für eine Sprachenschule.

In Florida hat Klieber-Amrein aber auch Freunde, die die Republikaner wählen. Seit der Wahl hat sich etwas verändert. "Ich diskutiere nicht mehr mit ihnen über Politik", berichtet sie. In ihrem Bekanntenkreis seien am Wahlsieg Trumps Freundschaften zerbrochen. "Demokraten und Republikaner sprechen nicht mehr miteinander", erzählt sie. Ganz ahnungslos über die Beweggründe ihrer republikanischen Freunde ist Klieber-Amrein aber nicht. "Für meinen Nachbarn John war Trump nicht die erste Wahl, aber er hat ihn gewählt, weil er der Kandidat der Republikaner war", sagt sie. Der Sohn ihrer Freundin Melissa sei von einem Mexikaner mit einem Messer angegriffen worden. "Deshalb denkt sie, eine Mauer hat Sinn", sagt sie.

War Hillary Clinton die richtige Kandidatin für die Demokraten? "Nein, Bernie Sanders fand ich besser", betont sie. Hillary Clintons Nähe zu Banken und Konzernen habe sie unglaubwürdig gemacht. Klieber-Amreins demokratische Freunde machen sich nun Sorgen, hoffen aber gleichzeitig, dass der Kongress den Präsidenten in Schach halten werde. "Was man in Deutschland aber nicht versteht, ist, dass das Leben trotzdem weitergeht", bekräftigt sie.

Ihr sei die Wahl Trumps peinlich, weil sie sich in Deutschland dauernd dafür rechtfertigen müsse. Dabei habe die Mehrheit der Amerikaner Trump gar nicht gewählt. "Das Wahlsystem macht keinen Sinn mehr", findet Klieber-Amrein. Veränderungen würden ihren Landsleuten aber leider schwerfallen.

Dass es Trump gelingt, das Land zu vereinen, glaubt sie nicht. "Die nächsten vier Jahre gehen auf Kosten der Umwelt und des sozialen Zusammenhalts", meint sie. Trump ignoriere schließlich den Klimawandel und wolle "Obamaá †care" abschaffen. Deshalb wird sie die Amtseinführung heute auch nicht wie sonst immer im Fernsehen anschauen. Außerdem hat sie sich vorgenommen, schwarze Kleidung zu tragen, als ob es eine Beerdigung wäre. Sie blicke schon auf 2020. Wer soll für die Demokraten kandidieren? "Michelle Obama macht einen guten Eindruck", sagt sie.