Roth
"Das ist eine Bankrotterklärung"

Asylhelferkreis Roth kritisiert Mangel an sozialer Betreuung der Flüchtlinge in Roth

30.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

Das ehemalige Offiziersheim in der Otto-Lilienthal-Kaserne steht als Speisesaal zur Verfügung, allerdings seien andere Vorarbeiten noch nicht fertig, so dass die Regierung keinen genauen Zeitpunkt nennen will, wann die ersten Flüchtlinge einziehen können. - Foto: Bader

Roth (HK) Leonhard Weiß befürchtet das Schlimmste. „Es gibt offensichtlich keine soziale Beratung der Flüchtlinge“, sagt der Sprecher des Asylhelferkreises Roth. Dabei werden die ersten Asylbewerber in der Rother Otto-Lilienthal-Kaserne bereits am Donnerstag erwartet. „Nicht dass die Leute kommen und nur vom Sicherheitsdienst empfangen werden“, sagt Weiß. So sei es im Juli ein reiner Zufall gewesen, dass er gerade in der Unterkunft am Rother Sieh-Dich-Für-Weg war, als die 78 Asylbewerber dort ankamen, aber außer dem Hausmeister sie niemand in Empfang nahm. „Ich habe die Leute dann eingewiesen“, sagt Weiß.

Obwohl er von Regierungsseite immer wieder gesagt bekomme, dass er keinerlei Rechte habe. Andererseits ist die Staatsregierung auf die ehrenamtlichen Helfer dringend angewiesen.
 
„Ich erwarte mir Unterstützung von den offiziellen Stellen“, sagt Weiß. Doch noch bis gestern habe er keine konkreten Informationen über die Betreuung der Flüchtlinge in der Rother Kaserne erhalten. „Das ist eine Bankrotterklärung. Es fehlen die Strukturen von oben.“ Das zuständige bayerische Sozialministerium biete den ehrenamtlichen Helfern keine Unterstützung an, im Gegenteil, man hoffe, ja baue auf deren Unterstützung. „Langsam wird es lächerlich“, sagt Weiß.

Aufgrund der Zeitknappheit steht die Regierung offensichtlich vor großen organisatorischen Schwierigkeiten, was die soziale Betreuung der Asylbewerber angeht. Das geht aus einem internen Schreiben hervor, das unserer Zeitung vorliegt. Dort heißt es, das zuständige Sozialministerium sei informiert, eine Betreuung der Flüchtlinge in diesem Bereich werde es aber nicht von Anfang an geben. Man sei dringend auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen.

„Die Asylsozialberatung wird in Bayern von den Wohlfahrtsverbänden durchgeführt und vom Freistaat als freiwillige Leistung finanziell gefördert“, teilt eine Sprecherin des Sozialministeriums schriftlich mit. Sowohl Staatsregierung als auch die Regierung von Mittelfranken wollen telefonisch keine Auskunft geben. Alle journalistischen Anfragen beantworten sie ausschließlich schriftlich.

Was die Asylsozialberatung in der Rother Kaserne angehe, stehe das Sozialministerium mit dem Diakonischen Werk in Kontakt, schreibt die Sprecherin des Sozialministeriums. Für die Unterbringung der Asylbewerber sei die Regierung von Mittelfranken zuständig. Deren Pressesprecherin Ruth Kronau-Neef schreibt dagegen auf die Frage, wer für die soziale Betreuung der Flüchtlinge in der Rother Kaserne zuständig ist: „Die Beantwortung dieser Frage ist vor Belegung der Anlage noch nicht möglich.“

Nach Dokumenten, die dem Hilpoltsteiner Kurier vorliegen, geht man bei der Regierung von Mittelfranken aber intern davon aus, dass bereits ab Donnerstag die ersten Flüchtlinge in die Kaserne einziehen. Für etwa 100 bis 150 Menschen soll sie zur Notunterkunft werden. „Der genaue Zeitpunkt der Erstbelegung ist nach wie vor offen“, widerspricht Kronau-Neef am Dienstag. „Das Ziel einer Teilbelegung mit etwa 100 Personen noch in dieser Woche kann möglicherweise nicht erreicht werden, da die Vorarbeiten umfangreicher sind als erwartet“, schreibt sie. Insbesondere die Möblierung und die „Inbetriebsetzung der Versorgungsanlagen“ sowie Putzarbeiten stünden noch aus, so Kronau-Neef.

„Ich sage nicht, dass nicht gehandelt wird, aber es wird zu spät gehandelt“, sagt Leonhard Weiß vom Asylhelferkreis. Sein Häufchen von zehn Ehrenamtlichen könne die Arbeit nicht stemmen. Und schon gar nicht ohne ausreichende Informationen. Von seiner Kritik nimmt Weiß ausdrücklich das Landratsamt und die Stadt Roth und deren Mitarbeiter aus. „Sie geben sich große Mühe“, sagt Weiß, „es ist eine unbürokratische Zusammenarbeit“.

Immerhin sicher ist der Wachdienst, der für die Sicherheit der Flüchtlinge zuständig ist. Es handelt sich um die Firma ESD Sicherheitsdienst GmbH, Feldkirchen. Deren Mitarbeiter haben laut mittelfränkischer Regierung ein polizeiliches Führungszeugnis und sind in Erster Hilfe geschult. Wie viele Wachmänner in Roth eingesetzt werden, sei noch nicht klar. „Die Zahl der Wachmänner wird je nach Stand der Belegung und der damit einhergehenden Bewachung festgelegt“, teilt Kronau-Neef schriftlich mit. Es gebe feste Vorgaben für die „Tätigkeit des Sicherheitsdienstes“, deren Einhaltung werde „stichprobenweise durch eigenes Personal kontrolliert“.