Roth
"Das dauert zu lange"

Landrat Eckstein kritisiert zögerliche Belegung der Rother Kaserne mit Asylbewerbern

23.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Nur noch vereinzelt kommen Asylbewerber in der Rother Kaserne an. Derzeit leben knapp 150 Menschen hier, 500 könnten es sein. Doch die Regierung von Mittelfranken lehnt eine höhere Belegung aus Brandschutzgründen ab.Für Landrat Herbert Eckstein ein Skandal - Foto: Meyer

Roth (HK) Knapp 150 Flüchtlinge, meist aus Syrien, leben derzeit im Erstaufnahmelager in der Rother Kaserne. 500 sollen es werden, wenn die Brandschutzbestimmungen erfüllt sind. Wann das sein wird, weiß niemand genau. „Das dauert zu lange“, kritisiert Landrat Herbert Eckstein (SPD).

„Für die Soldaten waren die Gebäude auch in Ordnung“, sagt Eckstein, der nicht verstehen kann, dass Flüchtlinge in Nürnberg trotz Herbststurm in eiskalten Zelten hausen müssen, während in der Rother Otto-Lilienthal-Kaserne Räume für 350 Flüchtlinge nicht belegt werden. Der Grund: Es fehlen Feuertreppen ins Obergeschoss der fünf ehemaligen Soldatenunterkünfte. „Das ist peinlich. Da muss man sich ja schämen“, sagt Eckstein. Er würde die Plätze in der Kaserne sofort belegen.

Die zuständige Regierung von Mittelfranken kann bislang keinen Zeitplan nennen. Sobald die „brandschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt“ seien, könnten die oberen Stockwerke bezogen werden, wie Sprecherin Ruth Kronau-Neef schriftlich mitteilt: „Die Bauarbeiten werden Zug um Zug erfolgen. Wann eine Belegung der Obergeschosse erfolgen kann, ist derzeit nicht absehbar.“

Für Eckstein ein Unding. Die Regierung von Mittelfranken nimmt er aber ausdrücklich in Schutz: „Das ist eine Behörde. Verantworten muss so etwas ein Minister.“ Für Eckstein wäre das eine klare Aufgabe des bayerischen Asyl-Krisenstabs. Doch der laufe auf „Katastrophenmodus“, weil die Staatsregierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht habe.

Der Landkreis und viele Kommunen hätten dagegen vorgesorgt. „Was wir zu tun haben in der Kaserne, das klappt ganz gut“, sagt Eckstein und lobt seine Mitarbeiter im Landratsamt. „Es läuft alles mit hohem Einsatz – von allen“, bestätigt Ottilie Tubel-Wesemeyer vom Sozialamt des Landkreises. Angesichts der Kürze der Zeit funktioniere das Leben in der Kaserne erfreulich gut. Es gebe inzwischen eine ganze Halle voll mit Waschmaschinen, seit Dienstag verkehrt auch ein Shuttlebus viermal täglich von der Kaserne zum Bahnhof.

Vier Rother Allgemeinärzte und ein Kinderarzt halten Sprechstunden in der Kaserne ab. „Die sind von Anfang an hier“, sagt Tubel-Wesemeyer. Der Landkreis habe zwei Zimmer für die Sprechstunden eingerichtet. Sie habe Ärzte angesprochen, die sie kannte und dann den Kontakt an die zuständige Regierung von Mittelfranken vermittelt. Deren Sprecherin Kronau-Neef bestätigt, es gebe montags, mittwochs und freitags am Nachmittag Sprechstunden. Einen Vertrag mit den Ärzten gebe es aber nicht, nur mündliche Absprachen. „Für die Asylbewerber ist das unbürokratischer. Sie haben keine weiten Wege“, sagt Tubel-Wesemeyer. Dolmetscher unter den Bewohnern, von der Diakonie oder vom Sozialamt helfen bei Verständigungsschwierigkeiten.

„Es funktioniert ziemlich gut“, sagt Svetlana Kaunzinger von der Diakonie Roth-Schwabach. Gelöst sei auch das Kleidungsproblem. Nach einem Spendenaufruf am Montag in den Lokalzeitungen seien so viele Kleider, Schuhe und Spielsachen bei der Diakonie eingegangen, dass die Helfer kaum noch mit dem Sortieren und Verteilen nachkämen. „Perfekt. Die Leute haben sich gefreut. Sie haben mitgeholfen und ausgepackt“, erzählt Kaunzinger über die Reaktionen der Flüchtlinge auf die Spendenbereitschaft im Landkreis. Svetlana Kaunzinger ist vor vielen Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen – freiwillig. Inzwischen arbeitet die Sozialpädagogin als Asylsozialarbeiterin der Diakonie in der Kaserne. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal Asylbewerber aus meinem Land betreuen müsste“, sagt Kaunzinger. Mit ihren Sprachkenntnissen kann sie vielen Menschen helfen. Denn auch die syrischen Flüchtlinge sprechen oft russisch.

Kaunzinger ist eine von zwei Asylsozialberaterinnen der Diakonie, die in der Kaserne arbeiten. „Wir sind hier am Beginn“, sagt Jürgen Meier, Vorstand der Diakonie Roth-Schwabach. Für das Erstaufnahmelager in Roth hat das bayerische Sozialministerium 0,75 Stellen genehmigt. 70 Prozent der Kosten dafür trägt der Freistaat, 30 Prozent die evangelische Landeskirche. „Wenn es den Zuschuss nicht gäbe, könnten wir diese Arbeit nicht machen“, sagt Meier. „Es wäre einfacher, wenn es mehr Förderung gäbe.“

Und dennoch, die Diakonie will ihr Engagement in Roth ausweiten. „Wir werden im November unser Team deutlich aufstocken können“, verspricht Vorstand Meier. 3,25 Stellen sollen es im ganzen Landkreis werden. In der Rother Kaserne wird es vorerst keine zusätzlichen Asylsozialberater der Diakonie geben.