Laibstadt
Retten, was noch zu retten ist

Borkenkäfer blasen in den Wäldern zum Großangriff auf die Fichte – Jetzt die Chance zum Eingreifen nutzen

26.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:44 Uhr

−Foto: Leykamm, Jürgen, Weimersheim

Laibstadt (HK) Die nächsten Wochen werden in unserer Region über das Wohl oder Wehe der heimischen Fichtenbestände entscheiden.

Eine erste Generation der Borkenkäfer namens Buchdrucker hat sich in vielen Nestern breitgemacht, die zweite ist kurz davor, die Schäden zu verzwanzigfachen. Es droht gar eine dritte auszuschlüpfen, dann heißt der Faktor 400. Was zu tun ist, wurde nun bei einem Waldbegang bei Laibstadt deutlich.

 

 

„Die Situation ist so ernst wie viele Jahre nicht mehr.“

Dietmar Schuster

 

Rund ein Dutzend Waldbesitzer machte sich dabei ins Waldgebiet „Stiela“ inmitten des Stadtwaldes auf, um unter der Leitung von Dietmar Schuster nach Bohrmehl zu suchen. Der fürs Forstrevier Heideck zuständige Förster aus den Reihen des Rother Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) musste dabei Bedrohliches vermelden. „Die Situation ist so ernst wie viele Jahre nicht mehr“, machte er deutlich.

Denn die Tierchen reagierten auf die für es hervorragenden Witterungsbedingungen mit einer gesteigerten Entwicklungsgeschwindigkeit: „Vom Ei bis zum Altkäfer dauert es bloß noch fünf Wochen.“ Schon Anfang August könnte der Nachwuchs der jetzt aktiven Schädlinge sich über bislang noch unbefallene Bäume hermachen.

Es gibt laut Schuster keine Zeit zu verlieren. „Wenn wir den Borkenkäfer jetzt bekämpfen, haben wir noch eine Chance“. In drei Wochen flögen die Jungkäfer bereits aus. Derzeit reifen sie etwa in einer Fichte im Heidecker Stadtwald heran, an der noch ein Hochsitz für die Jagd angebracht ist. Er wird umziehen müssen, denn „dieser Baum ist zum Tod verurteilt“, sagt Schuster. „Das ist doch die schönste Fichte hier“, protestiert ein Exkursionsteilnehmer.

Was eine weitere Tücke der gegenwärtigen Situation offenbart: Der Käfer sucht sich laut dem Förster derzeit nicht die kranken, sondern ausgerechnet die gesunden Bestände aus. Ist ein Baum befallen, würden weitere Artgenossen per Duftstoffe angelockt. Nach der Vollbesetzung kommen dann solche mit einer andern Botschaft zum Tragen: „Geht zum nächsten!“

Greift der Mensch nicht ein, geht es ganz schnell: „Von dem Fichtenwald da unten finden Sie dann bald nichts mehr“, deutet Schuster auf ein Waldstück. Am besten sei es, befallene Bäume selbst so wie die Baumreihe um sie herum zu fällen und möglichsten einen halben Kilometer aus dem Wald heraus zu fahren. Es gelte „zu retten, was zu retten ist – noch haben wir die Möglichkeit, der Lage Herr zu werden“.

Der wichtigste Indikator für das Erkennen eines befallenen Baums sei das Bohrmehl. Das entsteht, wenn ein Buchdrucker in der Fichtenrinde seine Rammelkammer, wie der offizielle Begriff heißt, anlegt. Das Mehl finde sich in den Rindenschuppen, am Stammfuß oder auch in Spinnweben sowie in der Bodenvegetation wieder.

Wird das verräterische Indiz entdeckt, heiße es Hand an den Baum anlegen. Oft zeige auch der Spechtbefall, Abnadeln oder tropfendes Harz, dass hier der Käfer gerade sein Unwesen treibt. Wichtig sei es gerade die frisch befallenen Bäume zu entnehmen, da sie die Brutstätten bildeten. Nach dem Befall verdorrte Fichten stellten keine Gefahr mehr dar. Dann ist der Käfer längst beim nächsten Wirt. Und der Wechsel geht auch für Experten oft überraschend flott. „Der war gestern noch nicht befallen, oder?“ ruft Schuster fragend seinem Praktikanten zu – der bald 15-jährige Jan Huber aus Hofstetten bei Hilpoltstein, der mit dem Försterberuf liebäugelt und seinem Chef zunickt.

„Das ist ja wirklich frustrierend“, sagt ein weiterer Teilnehmer. Ein rotes „K“ (für „Käfer“) nach dem anderen muss in dem 100-jährigen Bestand im Stadtwald aufgebracht werden. Sei der Waldbesitzer in seinem Bestand fündig geworden, gelte es, ihn zweiwöchig zu kontrollieren, bei nichtbefallenen Bereichen sollten es laut Schuster höchstens vier Wochen sein.

Was zu allem Ungemach durch den Borkenkäfer die Situation noch verschlimmert, ist die Tatsache, dass auch dessen Verwandter namens „Kupferstecher“ schon ausgeschwärmt seit, erklärt der AELF-Berater. Denn das sei „ein Hitzekäfer“, obendrein noch schwer ausfindig zu machen. Am ehesten noch an den für Ende August vermehrt befürchteten roten Kronen.

Hier läge eine Gefährdung gerade der jungen Bestände vor. Vorsorge sei bei beiden Käferarten nicht möglich. Außer langfristig durch den Waldumbau. Um ihn voranzutreiben setzt das AELF seit zwei Jahren auch auf kleine Nester aus Schwarzkiefern und Eichen. Um beide würden Lärchen gepflanzt, die den Hauptbaum dazu zwängen, mit wenig Verastung in die Höhe zu schießen.