Faszination aus Kunst und Genuss

22.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Vom Fuß bis zur Kuppel ein Kunstwerk: Der Hundertwasserturm ist das Wahrzeichen Abensbergs - zur Freude des Kulturliebhabers und geistigen Vaters Leonhard Salleck. - Fotos: Janda

Er verbindet die Schätze unserer Natur mit dem Stil eines der facettenreichsten Künstlers der Welt: Der Hundertwasserturm in Abensberg ist wahr gewordener Lebenstraum, Publikumsmagnet und Hommage an die formenreiche Architektur Friedensreich Hundertwassers. Und nebenbei ist das Wahrzeichen der Brauerei Kuchlbauer auch das Biermonument schlechthin in der Region.

 Das sieht auch Salleck so, der sich seit seiner Schulzeit für Kultur und Philosophie interessiert. "Die Leute müssen doch nicht unbedingt sämtliche technischen Details des Handwerks erfahren", erklärt er den Anspruch der Führungen durch sein Unternehmen. Seiner Meinung nach geht es vielmehr darum, die Menschen zu überraschen, sie zum Schmunzeln zu bringen. In seiner Kuchlbauer-Brauerei schwebt daher schon mal der Engel Aloisius über den Köpfen der Besucher. Und im Keller erzählen die Bierzwerge ihre Geschichten. Ein wenig sonderbar? Das bleibt jedem selbst überlassen. Der Erfolg gibt Salleck jedenfalls recht. Vor allem sein größter Coup, den Österreicher Friedensreich Hundertwasser für das Projekt zu gewinnen. "Er wollte den Menschen mit seiner Kunst eine Freude machen und das tun wir mit unserem Turm auch", erklärt der Abensberger den Ansatz des weltbekannten Künstlers, der noch während der Planungsphase im Jahr 2000 starb. Sein Schüler Peter Pelikan verwirklichte die Ideen des Meisters bis zur Fertigstellung im Jahr 2010.

Trotz des frühen Todes des eigenwilligen Tausendsassas ist das Bauwerk ein 100-prozentiger Hundertwasser geworden. Es geht über buckelige Bodenwellen voller kleinformatiger Mosaikspuren hinauf, vorbei an den für den Österreicher typischen Baummietern, runden Fenstern und geschwungenen Erkern. Keine Wand gleicht der anderen, überall finden sich Details, die bei einem allzu flüchtigen Blick verborgen bleiben. Oben angekommen, belohnt in der goldenen Kuppel der Baum der Erkenntnis mit seinen vielen Verästelungen die Besucher.

Doch der Turm ist keineswegs als gewaltige Reminiszenz an Friedensreich Hundertwasser gedacht; seinem Wirken widmet sich vielmehr das benachbarte Kunsthaus. Stattdessen verbindet das Bauwerk den einmaligen Architekturstil mit dem Thema Bier. "Diese Kombination war ein absoluter Glücksfall", findet Salleck. So findet sich beinahe an jeder Ecke, auf jedem Treppenabsatz ein Detail, das an das süffige Getränk erinnert. Seien es nun Tafeln mit den hiesigen Anbaugebieten für Hopfen und Getreide oder die einzelnen Rohstoffe, als Mosaik auf Boden und Wänden oder in bunten Fenstern - der Facetten- und Einfallsreichtum ist enorm, ebenso die Meinungen der Gäste. "Die Besucher sind überwiegend euphorisch", stellt Salleck fest. Einige Gäste kommen sogar immer wieder und tauchen jedes Mal aufs Neue in die Farb- und Gestaltungswelt Hundertwassers ein, die sich so sehr von der Außenwelt mit ihren geraden Linien und Kanten unterscheidet. Dass Hundertwasser Sallecks Idee zunächst abgelehnt hatte, ist heute auch deshalb kaum mehr als eine historische Randnotiz.

Gerechnet hat der Bräu mit diesem Erfolg allerdings nicht. 500 000 Besucher pro Jahr - rund 100 000 bei den Führungen, etwa die gleiche Zahl, die den Turm von außen betrachtet, sowie 300 000 beim Weihnachtsmarkt - hätte Salleck niemals erwartet, wie er offen zugibt. "Geplant haben wir mit maximal 50 000 Besuchern pro Jahr", berichtet er. Erwartungen, die schnell übertroffen waren. Schon in den ersten zwölf Monaten wollten rund 180 000 Menschen den Turm sehen. "Wir haben das Interesse unterschätzt." Erklären kann er sich diese Zahlen nur durch die einzigartige Kombination, die mittlerweile für die gesamte Region zum wichtigen Faktor geworden ist. "Vor allem für den Tagestourismus ist der Turm von großer Bedeutung", weiß Klaus Blümlhuber als Geschäftsführer des Tourismusverbands im Landkreis Kelheim. Unter anderem Kloster Weltenburg, die Befreiungshalle und die Attraktionen im Altmühltal würden von dieser Strahlkraft profitieren.

Ganz ausgeträumt hat Leonhard Salleck seinen Traum von einer Kunst- und Bierwelt am Rande der Babonenstadt allerdings auch nach der Verwirklichung von Turm und Kunsthaus noch nicht. Er sieht die beiden Objekte und die Brauerei vielmehr als Dreiklang - und dabei gibt es seiner Ansicht nach noch viele Möglichkeiten. Zwar führt schon jetzt eine Mosaikspur die Besucher durch die Produktionsstätte, einzelne Teile sind ebenfalls schon im Hundertwasser-Stil umgestaltet. Doch der letzte Schliff fehlt in Sallecks Augen noch. "Alles zusammen soll ein Gesamtkomplex sein", sagt der Kunstliebhaber, dem ein Umbau vorschwebt. Sein Ziel: "Eine Einheit, die mehr als nur die Summe ihrer Teile ist."