Rednitzhembach
Bürgerentscheid über Theatersaal

Rednitzhembacher stimmen morgen über 3,5 Millionen teures Projekt ab – Kompliziertes Verfahren

27.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

So könnte es eines Tages aussehen: Die Gegner des geplanten Theatersaals für 350 Besucher mitten in Rednitzhembach befüchten bei einer Realisierung jedoch ein Verkehrchaos. - Foto: Gemeinde Rednitzhembach

Rednitzhembach (rsc) An diesem Sonntag wird in Rednitzhembach der erste Bürgerentscheid in der Geschichte der Gemeinde stattfinden. Er wird den vorläufigen Schlusspunkt hinter den seit einem Jahr tobenden Streit um den Bau eines Theatersaals mit 350 Plätzen, professioneller Technik und Orchestergraben mitten im Wohngebiet setzen.

Der parteilose Bürgermeister Jürgen Spahl und die Mehrheit des Gemeinderats befürworten ihn. „Mehr Kultur in Rednitzhembach“, lautet ihr Slogan. Die Anlieger befürchten eine nachhaltige Beeinträchtigung ihrer Wohnqualität durch zusätzlichen Lärm und Verkehr. Mit 1558 gültigen Unterschriften haben sie ein Bürgerbegehren zum Erfolg geführt. Nun werden alle wahlberechtigten Bürger der Gemeinde zu den Urnen gerufen.

Der Abstimmungszettel ist allerdings alles andere als leicht durchschaubar. Nachdem eine Bürgerinitiative nämlich den Bürgerentscheid herbeigeführt hatte, schuf der Gemeinderat mehrheitlich die Grundlage für eine eigene, zusätzliche Abstimmung. „Sowohl der Gemeinderat mit einem Ratsbegehren als auch eine Bürgerinitiative mit einem Bürgerbegehren wollen die Verantwortung für diese zukunftsweisende Entscheidung voll in die Hände der Bürgerschaft legen“, erklärt Bürgermeister Jürgen Spahl dieses Vorgehen in der jüngsten Ausgabe des gemeindlichen Bürgerbriefs.

Die Bürgerinitiative (BI) sieht es anders: „Das zusätzliche Ratsbegehren mit der vorgeschriebenen Stichfrage verkompliziert die Abstimmung, verunsichert die Bürger und soll vor allem die Chancen des Bürgerbegehrens schmälern“, heißt es von Seiten der BI-Vertreter. Sie zeigen sich überzeugt, dass die Bürger allein mit der Beantwortung der von der BI vorgelegten Frage „eindeutig ihr Votum für oder gegen den Neubau aussprechen hätten können“.

Nun müssen die Bürger morgen nicht nur eine Frage beantworten, sondern gleich drei. Die des Ratsbegehrens, jene der Bürgerinitiative und eine Stichfrage. Wer für den Saal ist muss mit „ja, nein und dafür“ stimmen. Wer ihn für überflüssig hält muss „nein, ja, dagegen“ ankreuzen. Da beide Bürgerentscheide ausreichende Mehrheiten bekommen könnten, besteht die Möglichkeit, dass sich die beiden Entscheidungen widersprechen. Dann entscheidet die Stichfrage über den Wählerwillen. Das Abstimmungsergebnis ist für die Gemeinde bindend. Das Interesse der Bürgerschaft ist groß. Nach Auskunft der Gemeindeverwaltung haben bereits etwa 800 Wähler Briefwahl beantragt.

Die Vorlage eines eigenen Ratsbegehrens sei legitim, hieß es von der Gemeinde, dem Landratsamt und der Regierung von Mittelfranken. Die Gemeindeordnung sehe es neben dem bereits eingereichten Bürgerbegehren ausdrücklich vor, hieß es. Der Grund: Die Gemeinde sei dann in der Lage, den Bürgern ihre Sichtweise deutlich und öffentlich vor Augen zu führen. Der Stimmzettel entspreche völlig der Meinung eines einschlägigen Rechtskommentars, so das Landratsamt.

Am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Erlangen vertritt man dieselbe Auffassung. Art. 18a, Abs. 2 der Bayerischen Gemeindeordnung umfasse ein solches Ratsbegehren. Der Sinn dahinter liege insbesondere in der Klarstellungsfunktion. Bürgerbegehren seien typischerweise auf Ablehnung eines bestimmten Vorhabens oder Entwicklung gerichtet und somit meist negativ formuliert. „Demgegenüber ist das Ratsbegehren im Allgemeinen auf eine positiv formulierte Alternative bezogen.“ Somit werde durch die Stichfrage eine erweiterte Auswahl ermöglicht, was dem Demokratieprinzip auf kommunaler Ebene tendenziell förderlich sei, erklärte Lehrstuhl-Mitarbeiter Christoph Tangermann.

Der Theater- und Musiksaal soll auf einem Grundstück unmittelbar südlich des Gemeindezentrums entstehen. Nach Darstellung der Gemeinde soll er vor allem den örtlichen Vereinen adäquate Auftrittsmöglichkeiten bieten. Mit dem Theaterverein, der Jugend-Musikkapelle und dem Gesangsverein existieren in Rednitzhembach äußerst aktive Kulturschaffende. Einschließlich zusätzlicher Kleinkunst- und Firmenveranstaltungen mit einem ähnlichen Programm wie die Rother Kulturfabrik rechnet man in Rednitzhembach mit 100 Veranstaltungen jährlich. Hinzu kommen 240 weitere pro Jahr im Gemeindezentrum.

Die Kosten des Neubaus liegen bei 3,5 Millionen Euro. „Wir können das voll aus den Rücklagen finanzieren, eine Verschuldung ist nicht vorgesehen“, sagt Bürgermeister Spahl. Für den Betrieb muss die Gemeinde nach eigenen Berechnungen lediglich 13 000 Euro pro Jahr zuschießen. Das Gebäude füge sich optimal in die Umgebung ein. Die notwendige Infrastruktur sei teilweise bereits vorhanden. Verbesserte Sicht und Akustik machten den Saal ideal für die Auftritte der örtlichen Kulturakteure. Ferner sieht sich Rednitzhembach im Wettbewerb mit dem benachbarten Schwabach. Dort gebe es keine entsprechenden Veranstaltungsräume, führt die Gemeinde als Argument an. „Damit wird ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, das die Attraktivität Rednitzhembachs deutlich erhöht und einen langfristigen Imagegewinn für unsere innovative Gemeinde darstellt“, sagt Spahl.

Die Gegner befürchten ein Verkehrs- und Parkplatzchaos, sehen den Saal auf dem einzigen freien Grundstück in dem Gebiet als Beeinträchtigung ihres Umfelds und bezweifeln die Kostenplanung. Ferner sehen sie die geplanten 3,5 Millionen Euro in einer Rückstellung für die bald fällige Renovierung des Gemeindezentrums besser aufgehoben. Falls sie sich durchsetzen, sieht ein rechtskräftiger Bebauungsplan auf dem Grundstück ein mehrgeschossiges Wohngebäude vor.