Pyras
"Diesmal geht es richtig an die Substanz"

Landwirt Florian Dollinger aus Pyras befürchtet weiteren Fall der Milchpreise Verbraucher nicht Schuld an der Misere

27.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Milchviehhaltung wird vorerst ein Verlustgeschäft bleiben, sagt Florian Dollinger aus Pyras. Der Nachwuchslandwirt befürchtet, dass bei einem weiteren Fall der Milchpreise auch in Bayern bald viele Betriebe schließen müssen. - Foto: Wittmann

Pyras (HK) Er wirkt sehr nachdenklich, wenn er über die immer tiefer sinkenden Milchpreise spricht. "Diesmal geht es schon richtig an die Substanz", sagt der 19-jährige Landwirt Florian Dollinger aus Pyras. Auch wenn die Zukunft für Milchbauern sehr ungewiss sei, will er auf keinen Fall aufgeben.

"In Norddeutschland machen die Milchbetriebe schon massenweise dicht. Die schlimmste Krise seit ganz langer Zeit", sagt Florian Dollinger. "Wenn es so weitergeht, dann rollen in einem halben Jahr auch in Bayern richtig die Köpfe und die Milchbauern gehen pleite." Daran, den eigenen Betrieb zu schließen, denkt Florian Dollinger aber noch lange nicht.

In der mittlerweile siebten Generation leben die Dollingers auf ihrem Bauernhof in Pyras. Florian wird eines Tages den Hof von seinen Eltern übernehmen. Er ist Landwirt mit Leib und Seele. Seine dreijährige Ausbildung absolvierte er in Roth und Triesdorf. Ab Oktober wird er in Roth seinen Meister machen. "Dann werde ich nur noch bei drei Viertel der Hofarbeit dabei sein können", sagt er. Und das heißt bei den Dollingers in erster Linie Milchviehhaltung.

Kühe gab es auf dem Dollingerhof schon immer. 1989 waren es noch zwölf, ein Jahr später stockten sie den Bestand auf 24 auf. 2014 wurde dann mit großem finanziellen Aufwand ein neuer Stall gebaut, der insgesamt 80 Kühen ein Zuhause mit allerhand Technik bietet. Moderne Beleuchtung, Fütterungsmaschinen, Melkroboter - ein Zukunftsbetrieb. "Das Meiste wird maschinell erledigt. Deshalb bin ich fast so was wie der Herdenmanager und beobachte alles", sagt Florian Dollinger. Er muss erst eingreifen, wenn Kühe kalben oder krank sind.

Damit sich die Investitionen in den Stall und die Kühe lohnen, müsste die Milch mehr abwerfen. "Nebeneinkommen wie Ackerbau sind keine Dauerlösung und federn die Verluste nicht ab", sagt Florian Dollinger. Derzeit bekommen die Dollingers noch 26 Cent für den Liter Milch. "Mehr als manch andere, es bleibt aber trotzdem ein großes Verlustgeschäft. Die Kurve zeigt steil nach unten, das geht mit Sicherheit auch noch bis Weihnachten so weiter." Es werde wohl nicht mehr lange dauern, bis der Milchpreis auch in Bayern an der 20-Cent-Marke kratzen wird. Rentabel wären 40 Cent. Somit geht den Bauern derzeit ungefähr die Hälfte der Einnahmen verloren. "Das sind hochgerechnet auf das Jahr ungefähr 1000 Euro pro Kuh", sagt Florian Dollinger.

Die Lage in der Milchwirtschaft habe sich derart zugespitzt, dass ein radikaler Strukturwandel bevorstehen könnte, sagt Florian Dollinger. Wo früher einmal zehn kleine Bauern waren, werde es dann nur noch einen, vielleicht zwei große Betriebe geben. Weil viele Höfe schließen müssen. Ihre Zahl im Landkreis Roth und der Stadt Schwabach sank nach Angaben des Landwirtschaftsamtes Roth in den letzten zehn Jahren um fast die Hälfte.

Dass die Kunden ihre Milch zu günstigeren Preisen lieber im Discounter kaufen, macht er diesen nicht zum Vorwurf. "Sicher wäre es schöner, wenn die Leute regional einkaufen, sie wollen es aber billig. So ist der Mensch eben", sagt Florian Dollinger. Ohnehin beeinflusse das Kaufverhalten den Preis, den der Bauer erhält, nicht. Denn unabhängig davon, wo die Milch gekauft werde - ein Überangebot gebe es immer. Und an diesem Punkt gelte es anzusetzen.

"Aber keine Milchquote, sondern eine Möglichkeit für den Staat, eingreifen zu können", sagt Florian Dollinger. Nach Lösungen sucht auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), in dem sich auch die Dollingers seit 2008 engagieren. Der BDM fordert, dass nicht mehr Milch produziert werden dürfe als gebraucht werde. Solange die Milchmenge aber nicht reduziert werde - und zwar EU-weit - ändere sich am Milchpreis auch nichts. "Nur knappes Gut ist teures Gut", sagt Florian Dollinger.

Der Bayerische Bauernverband (BBV) setzt auf eine privatwirtschaftliche Lösung der Krise. Günther Felßner, der Milchpräsident des BBV fordert, dass auch Verhandlungen zwischen Molkereien und Milchbauern über vermarktbare Mengen kein Tabu mehr sein dürften. Florian Dollinger sieht das skeptisch. Seiner Meinung nach profitieren von einer "individuellen Milchquote" nur wenige Betriebe.

"Was mit den Milchpreisen passieren wird, das weiß keiner", sagt Florian Dollinger. Doch trotz aller Skepsis macht sich bei ihm keine Spur von Resignation breit. "Es heißt kämpfen bis zum Schluss. Aber eines ist klar: Wenn sich jetzt nicht bald etwas ändert, gibt es für die Milchbauern keine Zukunft."