Pappenheim
Grabsteine als Zeugen: Auf den Spuren der Pappenheimer Juden

29.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr

Pappenheim (lkm) Auf „die Spuren der Pappenheimer Juden“ (so auch der Titel) hat sich bereits vor einem Jahr eine Broschüre begeben. Nun ist ein zweiter Teil erschienen, der im Europäischen Haus der Altmühlstadt der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist.

Er befasst sich mit den Grabsteinen am jüdischen Friedhof des Orts und deren Inschriften.

Anstoß für beide Bände lieferte jeweils der hiesige Heimat- und Geschichtsverein um seine rührige Vorsitzende Renate Prusakow. Für die Hauptarbeit am nun vorgelegten Werk gelang es ihr, die Historikerin und Judaistin Anke Geißler zu gewinnen, ihres Zeichens Dozentin am Institut für Jüdische Studien und Religionswissenschaft der Universität Potsdam. Ein halbes Jahr lang hat sie sich mit den Gräbern auseinandergesetzt. 50 ausgewählte (von insgesamt 270) sind nun in dem neuen Werk fotografisch dokumentiert. Der hebräische Urtext sowie die deutsche Übersetzung finden sich ebenso dort aufgeführt.

Geißler spannt dabei einen großen zeitlichen Bogen über die Jahrhunderte. Die zugrundeliegenden Todesfälle reichen bis ins Jahr 1720 zurück. Hinter so manchen Inschriften verbergen sich persönliche Tragödien. Wie beispielsweise im Falle eines Vaters, der kurz vor der Geburt seines Sohnes starb, der diese auch nur kurze Zeit überlebte. Beide fanden die ewige Ruhe im gleichen Grab.

Der jüdische Friedhof selbst bilde „einen Teil der Stadtgeschichte“, wie Geißler betonte. Ungünstige geographische Bedingungen und der fortschreitende Klimawandel aber machten die Sicherung der Inschriften „zu einem Wettlauf gegen die Zeit“. Um ihn zu gewinnen, wäre eine genaue Kartierung des gesamten Friedhofs und seiner Grabsteine sowie die Erfassung aller Inschriften in einer Datenbank nicht zuletzt für die Nachfahren der Toten von unschätzbarem Wert.

Dieses Ziel verfolgt auch der Heimat- und Geschichtsverein und mit ihm Stadtarchivar Stephan Reuthner als Mitglied: eine digitalisierte Volldokumentation, die auf virtuellem Wege weltweit zur Verfügung steht. Bis es soweit ist, kann man sich mit der nun erschienenen 144-seitigen Broschüre befassen. Die 200 Exemplare können für je 14,90 Euro über den Verein selbst beziehungsweise an der Tourist-Info erworben werden.

Die Vorstellung des Werkes, das zugleich den sechsten Band der Reihe „Schriften zur Literatur und Geschichte der Stadt Pappenheim“ darstellt, erfolgte im Rahmen der „Jüdischen Tage 2014“. Lob für die Auseinandersetzung mit der Geschichte „in vorbildhafter Weise“ gab es vom Landtagsabgeordneten Manuel Westphal. Hier schloss er freilich auch die Arbeiten an der ersten Broschüre mit ein, an der Judaistik-Professorin Susanne Talabardon maßgeblich mitgewirkt hat, die an der Universität Bamberg lehrt.

In einem Vortrag zur Vorstellung des zweiten Bandes beleuchtete sie eine jüdische, von Enttäuschungen geprägte Familiengeschichte jener oberfränkischen Stadt. Talabardon wusste vom verzweifelten Ringen um berufliche Gleichberechtigung zu berichten. Oder auch vom Kampf um Menschenrechte, die eine Ausweisung aus Nürnberg nach sich zog. Aber auch vom Tod in Dachau, der das Ende der Familien in Bamberg bedeutete. Mit deren Nachfahren steht die Professorin in Kontakt.