Oberasbach
Regionale Betriebe gehen leer aus

Kreishandwerkerschaft fordert bessere Chancen bei öffentlichen Ausschreibungen

21.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr

Ausschreibungen von Großaufträgen sollen besser auf den Mittelstand zugeschnitten sein, fordern Kreishandwerksmeister Hanno Dietrich, seine Stellvertreter Klaus Weber und Hermann Grillenberger sowie Sebastian Dörr als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd (von rechts). - Foto: Dörr

Oberasbach/Hilpoltstein (HK) Die Bedeutung der regionalen Wirtschaft und die Stärkung heimischer Betriebe wird in der Kommunalpolitik oft betont. Trotzdem gehen regionale Firmen bei der Vergabe großer Aufträge oft leer aus. Die Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd fordert nun ein echtes Umdenken.

Ausschlaggebend für diesen Impuls war die Vergabepraxis der Stadt Gunzenhausen. Dort werden für die Generalsanierung der Stadthalle in diesem Jahr etwa 16 Millionen Euro ausgegeben. Regionale Unternehmen kommen dabei allerdings fast nicht zum Zug, bedauerte das Führungsgremium des Verbandes bei einem Pressegespräch in Oberasbach. Die Stadt rechtfertige die Praxis zwar damit, dass sich regionale Handwerksbetriebe in Sachen Stadthalle entweder nicht beworben hätten oder zu teuer gewesen seien - doch der stellvertretende Kreishandwerksmeister Hermann Grillenberger lässt beides nicht gelten: "Wenn man sich auf die Veröffentlichung im Staatsanzeiger verlässt und keine weiteren Hinweise in der Tageszeitung gibt, braucht man sich über fehlende Resonanz aus unseren Breitengraden nicht zu wundern", sagte er.

Bei Renovierungen und Umbauarbeiten hätten die heimischen Firmen einen Vorteil in puncto Flexibilität und Anfahrtszeiten. Sie seien daher bei Nacharbeiten weitaus günstiger. Es sei durchaus möglich gewesen, die Ausschreibung mittelstandsgerecht zu gestalten. Entsprechende Richtlinien seien schon vor etwa zehn Jahren im Wirtschaftsbeirat ausgearbeitet worden und der Stadt Gunzenhausen auch bekannt. Bei Beachtung von all dem wäre es möglich gewesen, 20 bis 30 Prozent der Aufträge in die Region fließen zu lassen, sagte Grillenberger. Die Stadt hätte dann bessere Einnahmen aus Gewerbe, Einkommens- und Lohnsteuer gehabt und die Arbeitsplatzlage hätte sich weiter entspannt.

Nicht zu vergessen ist laut Grillenberger der ideelle Vorteil: "Mitarbeiter heimischer Firmen identifizierten sich hochgradig mit heimischen Projekten." Und die Betriebe in der Region könnten sich in dieser selbst "keine Fehler leisten". Er wünsche sich vom Stadtrat, dass er sich "mit gleicher Leistungsbereitschaft, Begeisterung und Kreativität für das regionale Handwerk einsetzt wie bei den Themen Kirchweih und Eislaufbahn". Und sich fraktionsübergreifend für die Arbeitsplatzerhaltung bei den Unternehmen vor Ort zu engagiert, wie es bei Industriearbeitsplätzen selbstverständlich wäre. Für Chancengleichheit brauche es auch einen längeren Vorlauf bei Ausschreibungen, um die Aufträge planbar zu machen.

Auch die Breitbandversorgung bereitet der Kreishandwerkerschaft Kopfzerbrechen. Die Umstellung eines großen Anbieters auf IP-Telefonie führe vielerorts dazu, dass es bei kleinen Firmen bis zu dreimal pro Woche längere Ausfälle der Telefonanlage gibt, wie der stellvertretende Kreishandwerksmeister Klaus Weber zu berichten wusste. Mit seinen Kollegen ärgert er sich auch über die Strompreise, die sich seit 2000 verdoppelt hätten. Energieintensive Kleinbetriebe gerieten so in Existenznot, während Großkonzerne von der EEG-Umlage, dem Hauptpreisfaktor, befreit würden. Das sei "Energiewende auf Kosten der Stromkunden", so Weber.

Freilich gelte es aber auch, die "Chancen und enormen Aufstiegsmöglichkeiten" zu sehen, die das Handwerk trotz allem biete, wie Kreishandwerksmeister Hanno Dietrich betonte. Es würden derzeit nicht nur sehr viele Fachkräfte in 150 Berufen ausgebildet, sondern den Nachwuchsprofis stünden durch Weiterbildung zum Meister oder Techniker aussichtsreiche Karrieren in Aussicht. Die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt gestalte sich positiv. In den vergangenen beiden Jahren konnten in der Region bis zu zweistellige prozentuale Steigerungen bei der Zahl neuer Lehrverhältnisse im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet werden. Dennoch sind aufgrund der guten konjunkturellen Lage noch viele Lehrstellen frei und gut qualifizierte Schulabgänger gefragt, bekräftigt Sebastian Dörr, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.