Nürnberg
"Glaube lebt von realer Gemeinschaft"

Pfarrer Ekkehard Wohlleben spricht über Chancen und Risiken der virtuellen Kirchengemeinde

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Erst Gutenberg, jetzt das Netz: "Die Kirche muss überall präsent sein", sagt Ekkehard Wohlleben. ‹ŒFoto/Screenshot: Pelke

Nürnberg (HK) Ekkehard Wohlleben kennt sich aus im Internet. Der Pressesprecher im Dekanat Nürnberg kümmert sich seit Jahren um die evangelische Homepage in der Frankenmetropole. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der 51-jährige Pfarrer mit dem Spezialgebiet Öffentlichkeitsarbeit und Internet über Chancen und Risiken der virtuellen Kirchengemeinde.

 

Was bedeutet Kirche für Sie in Zeiten des allgegenwärtigen Internets?

Ekkehard Wohlleben: Die Grundfunktion von Kirche ist, das Evangelium zu verkünden. Das Medium ist eine Frage der jeweiligen Zeit. Früher wurde die Bibel mündlich überliefert, dann kam Gutenberg mit seinem Buchdruck. Heute haben wir das Internet. Hier muss Kirche genauso präsent sein, um das Evangelium zu verkünden.

 

Wie schaut Kirche im Internet konkret aus?

Wohlleben: Bislang werden hauptsächliche analoge Angebote im Internet beworben. Dabei geht es meistens um Termine und Veranstaltungen, die beispielsweise auf der Homepage www.evangelische-termine.de angeboten werden. Mittlerweile geht es verstärkt darum, im Internet selbst digitale Angebote der Kirche zu liefern. Es gibt zum Beispiel die E-Mail-Seelsorge. Die funktioniert wie die Telefon-Seelsorge. Nur eben per Mail.

 

Wo stößt Kirche im Internet auf Grenzen?

Wohlleben: Den persönlichen Kontakt kann das Internet nicht ersetzen. Denken Sie an Seelsorge in den sozialen Netz-werken. Hier haben wir Probleme der Vertraulichkeit. Für ganz persönliche Gespräche empfiehlt sich immer noch der Weg in die echte und nicht in die virtuelle Kirche.

 

Wohin führt Ihrer Meinung nach der kirchliche Weg im Internet. Werden Kirchen ersetzt durch virtuelle Glaubensräume?

Wohlleben: Glaube lebt von realer Gemeinschaft, die sich virtuell nicht ersetzen lässt. Das Internet wird im Bereich der Information eine große Rolle spielen. Hier gibt es viele Serviceangebote für die Gläubigen, die die organisatorische Arbeit in der Gemeinde erleichtern.

 

Das Ziel von Kirche im Internet bleibt also, die Menschen für die echten Häuser des Glaubens zu begeistern?

Wohlleben: Um Kerzen anzuzünden, um sich wohl zu fühlen, um zur Ruhe zu kommen - dafür braucht es sakrale Räume zur Andacht und zur Meditation. Das Internet hat Stärken, aber es ist nicht das Allheilmittel. Wir sind als Gemeinde keine Einzelleute. Wir leben von Gemeinschaft. Denken Sie an den Kirchenchor. Die Sänger können nicht über Skype miteinander singen. Ein Abendmahl am Monitor ist ebenfalls schwierig. Der richtige Glaube ist nur im echten Leben zu haben. Kirchen sind der Ort, wo sich alle Generationen unter einem Dach treffen können. Für die Gesellschaft ist das wichtig.

Und trotzdem kommen immer weniger Menschen in die Kirchen und amüsieren sich stattdessen lieber im Internet? Wie wollen Sie die Menschen wieder für das echte Leben gewinnen? Mit "Pokémon Go" am Altar?

Wohlleben: Es hat keinen Sinn, jedem Trend im Internet hinterherzulaufen. Wir können auch selbstbewusst unsere Stärken anbieten. Die befreiende Botschaft des Evangeliums bleibt auf allen Kanälen die Kernbotschaft. Es hat keinen Sinn mit der Unterhaltungs- und Freizeitindustrie in Konkurrenz zu treten. Wir wollen einfach stark im Netz präsent sein, um zu zeigen, dass wir in der echten Welt für Sie da sind.

 

Auf welches Event im Internet freuen Sie sich derzeit besonders?

Wohlleben: Im Oktober findet der erste virtuelle Weltkirchentag statt. Dabei treten wir via Internet mit der ganzen Welt in Kontakt. Das ist eine ganze neue Möglichkeit, Weltkirche zu leben.

 

Welche Internet-Seite gefällt Ihnen besonders gut?

Wohlleben: Die Frage kann ich leicht beantworten (lacht). Natürlich die Homepage vom Dekanat Nürnberg! Diese Seite habe ich aufgebaut. Auf www. nuernberg-evangelisch.de gibt es fast alles rund um Kirche in Nürnberg zu entdecken.

 

Das Gespräch führte Nikolas Pelke