Nürnberg
Frauengeschichten und Proteste

Das türkisch-deutsche Filmfestival in Nürnberg ist eröffnet – Stargast Mario Adorf

14.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:57 Uhr

Der Schauspieler Mario Adorf, die Schauspielerin Hülya Kocyigit, Regisseur Edgar Reitz und Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (von links) eröffnen das türkisch-deutsche Filmfestival. - Foto: Karmann

Nürnberg (npe) Begleitet von Protesten gegen die türkische Regierung ist am Donnerstag das türkisch-deutsche Filmfestival in Nürnberg eröffnet worden. Etwa 80 Menschen demonstrierten vor der Veranstaltung friedlich wegen des Todes eines 15-jährigen Jungen.

Der war vor neun Monaten von der Polizei in Istanbul schwer verletzt worden. Das Filmfest versteht sich als Forum für einen kritischen Dialog beider Länder.

Stargast der Eröffnung war Mario Adorf, der in dem Eröffnungsfilm „Der letzte Mensch“ die Hauptrolle spielt. Regisseur Edgar Reitz (81) wurde am Abend mit dem Ehrenpreis des bis 23. März andauernden Festivals ausgezeichnet. Reitz („Heimat“) sei mit „heroischer Sturheit seinen künstlerischen und menschlichen Prinzipien treu geblieben“, sagte Festivaldirektor Adil Kaya.

Im großen Wettbewerb der Spielfilme laufen heuer zehn Produktionen aus Deutschland und der Türkei. Der Vorsitzende der Jury ist der Filmemacher Thomas Arslan aus Berlin. „Wir haben aus der Türkei viele Frauengeschichten. Das ist ungewöhnlich und natürlich auch schön, dass sich so viele junge Filmemacher mit der weiblichen Seite der Türkei auseinandersetzen“, sagt Sinem Ilterli vom Festivalteam. Besonders interessant sei dabei, dass besonders viele männliche Regisseure aus der Türkei nun Geschichten über Frauen erzählen wollen. In „Meryem“ erzählt Atalay Taidiken beispielsweise die Geschichte einer unglücklich (zwangs)verheirateten Frau, die ihre Jugendliebe wieder trifft.

Die aktuellen politischen Ereignisse in der Türkei greifen besonders die zahlreichen Kurzfilme auf, die beim Filmfestival gezeigt werden. In dem Film „Die Kapsel“ von Yakup Tekintangaç werden die Proteste im Gezi-Park thematisiert. Darin versuchen zwei Brüder an Geld zu kommen, indem sie die Kapseln der Gasbomben, die die Polizei gegen die Demonstranten einsetzt, einsammeln und verkaufen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der Blick in die Filmgeschichte der Türkei. „Wir zeigen beim Festival heuer 100 Jahre türkisches Kino“, sagt Ilterli. Beispielsweise werde der Schwarz-Weiß-Stummfilm „Das Fest der schwarzen Tulpe“ von Muhsin Ertugrul und der Streifen „Trockener Sommer“ gezeigt, der in den 60er Jahren auf der Berlinale mit dem „Goldenen Bären“ ausgezeichnet wurde. Erwartet werden ebenfalls zahlreiche Ehrengäste, um gemeinsam in Nürnberg beim 19. Filmfestival Türkei/Deutschland den 100. Geburtstag des türkischen Kinos zu feiern.

Das chronisch unterfinanzierte Filmfestival bekommt künftig zusätzlich 50 000 Euro von Stadt und Freistaat. Der Kulturausschuss der Stadt beschloss am Freitag eine Erhöhung der Fördersumme um 25 000 Euro, wenn das Land um den gleichen Betrag aufstockt. Das hatten Finanzminister Markus Söder (CSU) und Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) bei der Eröffnung des Festivals bereits angekündigt. Damit schrumpft das voraussichtliche Minus des Festivals erheblich. Bei einem Gesamtbudget von etwa 260 000 Euro hatte Festivaldirektor Adil Kaya in diesem Jahr mit einem Verlust von rund 57 000 Euro gerechnet. Nürnberg gab bereits 45 000 Euro für das Festival aus und etwa noch einmal so viel als Sachleistungen. Der Freistaat hatte seine Förderung zuletzt auf 25 000 Euro erhöht. Aus der Türkei kommen bisher etwa 50 000 Euro.