Nürnberg
Erschlichenes Vertrauen

Einschlägig vorbestrafter Sexualstraftäter soll Kinder im Netz verführt haben

27.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:22 Uhr

Hinter einem Aktenordner verbirgt sich der 43-jährige Angeklagte, dem sexueller Missbrauch via Skype in zwei und versuchter Missbrauch in vier Fällen vorgeworfen wird. - Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Tatort Internet: Via Skype soll sich ein 43-Jähriger an Kinder herangemacht haben. Zwei Mädchen unter 14 Jahren ließen sich zu sexuellen Handlungen vor der Kamera hinreißen. Der Täter soll sich als Teenager ausgegeben haben. Vor Gericht streitet der einschlägig Vorbestrafte die Vorwürfe ab.

„Wir kennen uns schon bereits“, sagt Richter Dieter Weidlich zur Begrüßung des Angeklagten. Bereits 2007 sei der 43-Jährige aus Schwabach vom Landgericht Nürnberg-Fürth wegen einer Vielzahl von Sexualstraftaten gegen Kinder zu einer Haftstrafe in Höhe von fünf Jahre verurteilt worden. Nun sitzt der Mann mit dem fränkischen Dialekt und den langen Haaren erneut vor dem Richter auf der Anklagebank.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Jahr 2011 wurde dem gelernten Disponenten auferlegt, keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufzunehmen. Außerdem sollte der Mann nach seiner Haftstrafe keine internetfähigen Geräte besitzen oder benutzen dürfen. Mit einer Ausnahme: am Arbeitsplatz durfte er im Internet surfen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-Jährigen vor, Kinder via Skype dazu verleitet zu haben, sich vor laufender Kamera auszuziehen. Skype ist ein Internetdienst, mit dem man Videotelefonieren kann. Während sich die Jungen und Mädchen vor der Webcam auszogen, soll der Angeklagte am anderen Ende der Leitung zugeschaut haben. Er soll sich das Vertrauen der Teenager im Alter zwischen 11 und 13 Jahren erschlichen haben, indem er sich falsche Identitäten zugelegt hat. Meist soll er sich als zwölfjähriges Mädchen mit dem süßen Namen Jessi ausgegeben haben.

Im Januar 2013 soll er zum ersten Mal mit einer Zwölfjährigen auf die Weise via Skype gechattet haben. Schnell soll er das Thema auf Liebe, Sex und Zärtlichkeiten gelenkt haben. Das Mädchen fiel tatsächlich auf den Trick herein und zeigte sich in eindeutigen Posen vor laufender Kamera.

Nach diesem „Erfolg“ soll der Angeklagte sich mit der selben Masche an eine erst elfjährige Freundin des ersten Opfers herangemacht haben. Das Mädchen entblößte nach einiger Zeit tatsächlich ihren Oberkörper. Die nächsten potenziellen Opfer, darunter eine Zehnjährige und ein Zwölfjähriger, ließen sich nicht zu sexuellen Handlungen vor der Videokamera überreden. Teilweise soll er tagelang die Kinder via Skype dazu gedrängt haben, sich die Unterhose ausziehen. Eine Mutter bekam Wind von dem Geschehen im Kinderzimmer und blockierte den Kontakt. Im Sommer 2014 stattete die Polizei dem Angeklagten einen Besuch ab und fand in seine Wohnung einen Tablet-Computer. Darauf soll der Kontakt zu den Kindern dokumentiert sein. Seitdem sitzt der 43-Jährige in Untersuchungshaft.

Beim ersten Verhandlungstag streitet der Angeklagte die Vorwürfe ab. Zwar habe er unerlaubterweise den kleinen Computer erworben. Aber nicht er, sondern ein anderer habe die Kinder verführt. Der große Unbekannte habe sich bei dem Internetanbieter als „Zottel71“ unter seiner E-Mail-Adresse angemeldet. „Ich weiß, dieser Name würde wunderbar zu mir passen“, gibt der Angeklagte mit den langen Haaren und dem Geburtsjahr 1971 zu. Trotzdem bleibt er dabei, dass jemand seine E-Mail-Adresse gehackt habe und danach seine Identität im Netz für die Verführung der Kinder genutzt habe.

Die nächsten Verhandlungstage werden zeigen müssen, wie glaubwürdig die Aussagen des Angeklagten sind. Auch ein Sachverständiger einer forensischen Klinik wird ausführlich über den Mann und seine sexuellen Vorlieben berichten. Angeklagt ist der 43-Jährige wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern in zwei, und versuchten Missbrauchs an Kindern in vier Fällen.