Nürnberg
Eifersucht kann auch komisch sein

Das Blut der Rose: Die Pocket Opera Company zeigt eine südamerikanische Oper in einem fränkischen Busdepot

01.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

Parkour trifft auf Barock trifft auf Busdepot: Die Pocket Opera macht ungewöhnliches Theater an ungewöhnlichen Orten. - Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Opern ohne roten Teppich: Die Pocket Opera Company (POC) macht ungewöhnliches Musiktheater an ungewöhnlichen Orten. Nun bringt die Truppe um Franz Killer mit „La purpura de la rosa“ die allererste Oper aus Südamerika auf die improvisierte Bühne einer museumsreifen Busdepothalle.

Die Stühle sind nicht mit Samt bezogen. Vor dem Eingang parken keine Nobelkarossen. „Wir gehen gerne an ungewöhnliche Orte“, sagt Franz Killer und zeigt auf die reparaturbedürftigen Feuerwehrautos vor der museumsreifen Industriehalle, in der zu Elvis Zeiten noch Omnibusse geparkt wurden. In der alten Halle mit den hohen Decken stehen noch ein paar verbeulte Schätze aus Blech herum. Vor einem alten Lastwagen stimmt Tatjana Schütz ihre Harfe. Das Publikum wird zwischen Musikern und Sängern auf blauen Plastikstühlen sitzen dürfen. „Heute steht die erste Kostümprobe auf dem Programm“, sagt Franz Killer.

Der Dirigent und künstlerische Leiter der POC hat die spärliche Partitur von Tomás de Torrejón y Velasco in Amerika ausgegraben und anschließend fleißig bearbeitet. Der ersten Oper, die in Südamerika entstanden ist, hat Killer allerlei neue Klangfarben hinzugefügt. „Ich habe zum Beispiel kleine Tropenvogelpfeifen eingebaut, wie man sie aus Brasilien kennt“, erzählt Killer. Den exotischen Klangteppich soll auch ein Pferdegebiss bereichern, wie es als Schlaginstrument in Peru verwendet wird. „Ich will damit eine Brücke zurück nach Südamerika schlagen“, sagt Killer. Denn Tomás de Torrejón y Velasco habe sich als Spanier damals nicht für die lateinamerikanische Kultur interessiert, als er die Barockoper geschrieben habe. Das Libretto stammt übrigens aus der Feder des spanischen Dichterfürsten Pedro Calderón de la Barça.

Die Story kennt man aus Ovids „Metamorphosen“. Die Göttin Venus verliebt sich in den menschlichen, aber gut gebauten Adonis. Das macht Götterfreund Mars total eifersüchtig. Und auch Adonis ist nicht gerade glücklich über die Liaison mit der Liebesgöttin. Schließlich muss er sterben, wenn er sich in eine Unsterbliche verguckt. Am Ende kommt es, wie es kommen muss und es wartet der Liebestod auf das ungleiche Paar. Venus wird zum Stern, Adonis mutiert zur Rose. Daher der Titel: La purpura de la rosa oder das Blut der Rose.

Für die Zuschauer keine leichte Aufgabe, den Ereignissen zu folgen. „Deshalb freue ich mich so, dass Guido Markowitz die Regie übernommen hat.“ Markowitz kommt vom Tanz und will in starken Bildern die Geschichte erzählen. Der Choreograph aus Köln hat Parkour-Künstler als Statisten engagiert, die die Szenerie ständig mit atemberaubenden Stunts beleben. „Das passt gut zu der spanischen Musik, in der auch ständig alles in Bewegung ist“, findet Killer, der den Sound gehörig modernisiert hat.

„Die Gefahr bei Barockopern ist immer, dass der Klang zu dick gerät. Deshalb habe ich auf ständig fließende Klangfarben geachtet“, sagt Killer, während die junge südkoreanische Sopranistin Heejoo Kwon in ihrem frisch eingetroffenen Amor-Kostüm erscheint. „Die Kostüme haben wir in Peru von Estrella Galo schneidern und entwerfen lassen,“ erzählt Killer, während immer emsiger gearbeitet wird. „Diese erste Oper aus Südamerika hat mich einfach gereizt“, erzählt Killer, während das elfköpfige Orchester die Instrumente stimmt. Dann muss Killer ans Pult. Die Hauptprobe kann beginnen.

Venus (Gertrud Demmler-Schwab) geht mit ihren Nymphen im Wald spazieren. Plötzlich greift ein wilder Eber die Göttin an. Dann steht er da: Adonis (Florian Neubauer) – der schöne Tenor, der die Wildsau heldenhaft vertreibt.

Der bunte Reigen dauert mit Pause gute zwei Stunden. „Das Schöne ist, ein trauriges Ende gibt es nicht“, sagt Killer. Egal ob frisch verliebt oder endlos verheiratet – in der Liebe sind alle immer ein bisschen unzufrieden. Und Eifersucht kann auch komisch sein.