Pyras
Mit Tulpen gegen den Abstieg

HSV-Fan Helmut Winkler aus Pyras steht sogar als Gärtner zu seinem Verein

20.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:58 Uhr
Für welchen Fußballverein sein Herz schlägt, ist bei Helmut Winkler sofort zu sehen. Der 67-Jährige ist seit seiner Kindheit HSV-Fan ? wie er derzeit auch in seinem Garten gerne zeigt. −Foto: Foto: Luff

Pyras (HK) Schon an diesem Wochenende könnte die längste Bundesligazugehörigkeit Geschichte sein: Der Hamburger SV ist akut abstiegsgefährdet. Die Fans des Vereins halten zum Klub, selbst im fernen Franken: Helmut Winkler aus Pyras hat ein sichtbares Zeichen gesetzt. Vielmehr gepflanzt.

"Vielleicht steigen wir ja gar nicht ab." Helmut Winkler aus Pyras hält unerschütterlich zum Hamburger Sportverein. Zwar ist der Dino der Fußball-Bundesliga nach Jahren des Zitterns kaum noch zu retten, der erstmalige Abstieg aus der Ersten Liga steht unmittelbar bevor. Doch Winkler will es nicht wahrhaben: "Ich kann es immer noch nicht glauben." Sichtbares Zeichen für Winklers unerschütterlichen Glauben: Er hat sich die Initialen HSV groß in den Garten gepflanzt. Fein säuberlich durchschneiden die drei Buchstaben den Rasen, viele Tulpen zeigen, welchem Sportverein Winklers Herz gehört.

Nun ist das mit der Symbolik der Tulpen so eine Sache, in der Literatur kann sie beispielsweise für Vergänglichkeit stehen - nicht unbedingt das beste Omen. In der Sprache der Blumen steht die Tulpe dagegen für Liebe und Zuneigung, es passt also doch. Wenngleich der 67-Jährige keineswegs durch die Blume sagen wollte, er stehe zum HSV, komme, was da wolle. Vielmehr war es ein Zeichen der Zuversicht. "Ich habe doch nicht damit gerechnet, dass sie heuer absteigen. Vor der Winterpause ist es doch aufwärts gegangen." Mit einer wahren Serie: Fünf Spiele, davon nur eine Niederlage, schon war der Hamburger SV auf den sensationellen 15. Platz geklettert.

"Einmal HSV, immer HSV", sagt Winkler lächelnd. Doch wie ist der Franke zu einem Anhänger der Hanseaten geworden? "Das war schon als Bub", erinnerst er sich. Geboren und aufgewachsen in Pyras durfte er beim Nachbarn das eine oder andere Mal Fußball im Fernsehen gucken, "es gab damals einen einzigen Fernseher im Dorf". Es war die Zeit kurz vor der Einführung der Bundesliga, "Uns Uwe" Seeler war in aller Munde. Das Urgestein des HSV holte 1960 mit der Mannschaft den dritten von bis heute sechs Meistertiteln. In einem dramatischen Halbfinale unterlag er im Cup der Landesmeister knapp dem FC Barcelona in einem Entscheidungsspiel. "Damals war der HSV so etwas wie die Bayern jetzt", sagt Winkler. Wenngleich die Beste Zeit des Vereins erst noch kommen sollte. "Der HSV hatte so viele Rekorde", erinnert sich der glühende Anhänger - und schüttelt den Kopf: "Alle haben wir an die Bayern verloren." Der Niedergang des Vereins tut Winkler weh, schon vor dem Abstieg. "Schon in der Relegation gegen den KSC habe ich es nicht ausgehalten, bin rausgegangen." Und ist dann vom Jubel seiner Familie - die es eigentlich nicht mit dem Fußball, geschweige denn dem HSV hält - wieder ins Wohnzimmer gelockt worden. Der HSV rettete sich in der Nachspielzeit in die Verlängerung und blieb 2015 überraschend doch in der Liga.

Hinter dem Haus blühen die Tulpen, vor dem Haus flattert die schwarz-weiße Raute auf blauem Grund am Fahnenmast. "Meine Fahne war gerade sogar im Fernsehen", erzählt Winkler stolz. In einer Reportage über den Jakobsweg im Dritten Programm. Offenbar fanden auch die Fernsehleute es außergewöhnlich, dass 500 Kilometer Luftlinie von der Hansestadt entfernt im tiefen Franken jemand zu dem krisengeschüttelten Verein steht.

Dabei sei er nicht der Einzige, sagt Winkler. "Auch in Eysölden gibt es einige HSV-Fans. Wir sind damals eben so aufgewachsen." Fans des FCN gibt es aber mehr, räumt er ein, einige seiner Kumpels halten es mit dem Club: "Die sind noch leidgeprüfter als ich." Aber vielleicht in der kommenden Saison Anhänger eines Bundesligavereins, im Gegensatz zu Helmut Winkler. Selbst bei einem Sieg am heutigen Samstag gegen den Tabellennachbarn SC Freiburg ist es mehr als fraglich, ob sich der HSV noch in die Abstiegsrelegation retten kann. Doch selbst wenn die Zweite Liga tatsächlich Realität wird, hat Winkler ein Trostpflaster: "Der HSV muss ja wieder aufsteigen - so schön wie meine Tulpen gekommen sind."

Volker Luff