Hilpoltstein
Streik und Sperre

Doppelt lahmgelegter Betrieb am Main-Donau-Kanal - Keine Schifffahrt bis Ende April

11.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:53 Uhr
  −Foto: Fotos: Münch

Hilpoltstein (HK) Als einziger Betrieb im südlichen Landkreis Roth hat sich der Außenbezirk Hilpoltstein des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Nürnberg am gestrigen Warnstreik der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di beteiligt. Die Schifffahrt auf dem Main-Donau-Kanal kam allerdings schon einen Tag vorher zum Erliegen - nicht wegen des Streiks, sondern wegen der jährlichen Wartungsarbeiten.

Die Hilpoltsteiner Außenstelle des Nürnberger Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WAS) am Main-Donau-Kanal hatte Ralf Fiedler gestern ganz für sich. Während sich ein gutes Dutzend seiner Kollegen um 9 Uhr am Eingangstor versammelte, um nach Nürnberg zur zentralen Warnstreik-Kundgebung zu fahren, blieb Fiedler an seinem Schreibtisch sitzen. Als Beamter unterliegt er nämlich einem Streikverbot. Angesichts der ungewohnten Ruhe im Büro konnte Fiedler dem Streiktag, der nur für ihn nicht galt, aber schnell seine guten Seiten abgewinnen. "So kann ich hier über der Arbeit bleiben", sagte Fiedler, der gestern vor allem Löhne und Rechnungen bearbeitete.

Dass dabei kein einziges Schiff an Fiedlers Büro vorbei kam, hatte allerdings nichts mit dem Streik zu tun, an dem sich das WSA Nürnberg und seine vier Außenstellen laut Personalrat Klaus Engel mit insgesamt knapp 100 Mitarbeitern beteiligte. Denn auf dem Main-Donau-Kanal ruht schon seit Dienstag der Schiffsverkehr - wie in jedem Frühjahr. Voraussichtlich bis zum 30. April bleibt der Kanal für die jährliche Wartung der Schleusen gesperrt.

Die Hauptarbeiten finden heuer aber außerhalb des Landkreises Roth statt, nachdem erst in den vergangenen beiden Jahren die beiden Schleusen bei Hilpoltstein trockengelegt und instand gesetzt worden sind. Dieses Mal sind die Schleusen in Hausen bei Forchheim, in Nürnberg-Eibach ind Dietfurt und in Riedenburg an der Reihe.

Was aber nicht bedeutet, dass im Landkreis Roth überhaupt keine Arbeiten am Main-Donau-Kanal nötig wären. "Auch bei uns wird die Zeit der Schifffahrtssperre genutzt, denn es gibt ja immer etwas zu tun", sagt der Verwaltungsbeamte Ralf Fiedler. Unter anderem würden die Revisionsverschlüsse an den Schleusen gesäubert und es stünden viele kleinere Reparaturen an. Deshalb waren auch am gestrigen Streiktag einige Mitarbeiter des WSA in den Schleusen am Werk. Insgesamt zählt der Außenbezirk Hilpoltstein des Nürnberger WSA rund 30 Mann, inklusive der Schleusenwärter. Aber nicht alle davon sind gewerkschaftlich organisiert und gingen deshalb gestern ganz normal ihrer Arbeit nach.

Stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der gestrige Streik überhaupt hatte, wenn der Schiffsverkehr ohnehin ruht und an den Schleusen ganz normal gearbeitet wurde. "Es kann sein, dass der Kanal erst einen Tag später als geplant wieder freigegeben werden kann, wenn wir jetzt die Koordination der verschiedenen Baumaßnahmen bestreiten", sagt Engel.

Im gesamten Bereich des WSA Nürnberg werden laut Pressemitteilung zahlreiche Inspektions- , Wartungs- und Unterhaltsmaßnahmen an allen 16 Schleusen und vielen weiteren Anlagen entlang des 171 Kilometer langen Main-Donau-Kanals von Bamberg bis Kelheim durchgeführt. 370 Spezialisten arbeiten demnach 220 Aufträge in den kommenden knapp drei Wochen ab. Die Arbeiten reichen von Stahlbau über Maschinenbau bis zu Elektrotechnik. Darüber hinaus sind viele Spezialisten wie Taucher oder Vermessungsingenieure im Einsatz. Unterstützt werden die Arbeiten auch durch den Einsatz zahlreicher Autokräne und dem Spezialarbeitsschiff des WSA Nürnberg.

Die seit Monaten geplanten Arbeiten mit einem gesamten Auftragsvolumen von rund 5,5 Millionen Euro werden von 240 eigenen Ingenieuren, Techni-kern und Facharbeitern und rund 50 Firmen mit weiteren 130 Mitarbeitern erledigt.

"Jede Schleuse wird alle sechs Jahre einer Bauwerksprüfung unterzogen", erklärt Kai Bramhoff, der Leiter des Außenbezirks Riedenburg des WSA die beiden Trockenlegungen in Riedenburg und Dietfurt. "Deshalb muss jeder Teil der Schleuse geputzt werden und trocken zugänglich sein." Bei der Bauwerksprüfung würden dann alle Tore und Verschlüsse überprüft sowie der Beton auf Risse, Abplatzungen oder sonstige Schäden kontrolliert.

Obwohl nur wenige Schleusen trockengelegt werden, ist der komplette Main-Donau-Kanal für knapp drei Wochen für die Schifffahrt gesperrt. Das betrifft die Kabinenschifffahrt, die in den vergangenen Jahren laut Bramhoff einen enormen Aufschwung erlebt hat, genauso wie Güterschiffe. "Im Durchschnitt haben wir 20 Schiffe pro Tag an der Schleuse in Dietfurt", sagt Bramhoff. "In diesen drei Wochen liegen der Tourismus mit der Kabinenschifffahrt und der Güterverkehr brach. Aber die Betreiber kennen die Daten seit zwei Jahren und haben die Fahrplanung danach ausgerichtet."
 

Jochen Münch