Dixenhausen
Lieber zwischen Reifen als im Büro

Zum morgigen Girls' Day: Katrin Hemmeter hat eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin gemacht

25.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:01 Uhr
Reifen schleppt Katrin Hemmeter auch im Lager ab und zu ? doch sie ist nicht mehr in der Werkstatt, um diese aufzuziehen. Dennoch bereut sie ihre Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin nicht, denn schon von klein auf interessiert sie sich für Technik. −Foto: Steimle

Dixenhausen/Roth (tsl) Bremsscheiben, Ölwannen, Reifen - zwischen den vielen Regalen im Lager würde sich Katrin Hemmeter auch blind zurechtfinden, so zielstrebig geht sie durch die Gänge. Eigentlich müsste die 20-Jährige aber in der Werkstatt anzutreffen sein, denn im Februar hat sie ihre Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin abgeschlossen - als Klassenbeste.

Rückenprobleme machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Doch mit Motoren und Technik hat die 20-Jährige auch im Lager zu tun. Am morgigen Girls' Day, der Mädchen motivieren soll, technische Berufe zu erlernen, erzählt die Dixenhausenerin von ihrer Tätigkeit im Autohaus Feser in Roth.

"In der Früh richtet man erst einmal die Teile her, damit man, wenn der Monteur kommt und beispielsweise eine Bremse will, nicht erst alles zusammensuchen muss", erklärt Katrin Hemmeter. Doch nicht nur zwischen den endlosen Regalen auf verschiedenen Ebenen ist sie unterwegs. Karosserieteile sind an anderen Orten ausgelagert, so dass die junge Frau diese mit dem Bus abholt und teilweise auch zu Kunden fährt. "Das macht mir Spaß, du kommst ein bisschen rum und triffst die anderen Kollegen", sagt sie über ihren Fahrdienst.

Denn "den ganzen Tag auf einem Stuhl hocken und in den Computer reinschauen", das wäre für sie nichts. "Ich hab mich für eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin entschieden, weil ich schrauben wollte", bringt Katrin Hemmeter ihren Berufswunsch auf den Punkt. Ölverschmierte Hände schreckten die junge Frau nicht ab, im Gegenteil, sie kannte es ja schon von zu Hause. "Ich habe von klein auf bei meinem Vater mitgeholfen und ihm bei der Arbeit zugeschaut." Auch einen alten Rasenmäher hat sie damals schon zerlegt - ihre Eltern konnten also keine Zweifel haben, ob der Beruf für sie der richtige ist. "Mein Vater hat nur gesagt, ich soll nicht wie er sich um Lkws kümmern, da ist der Reifen ja größer als ich", sagt Katrin Hemmeter mit einem Augenzwinkern.

Anfangs stand sie zwischen den beiden Berufen Kfz-Mechatronikerin und Lageristin - auch deshalb fällt es ihr heute nicht schwer, im Lager zu arbeiten. Nach mehreren Praktika war aber die Werkstatt als Wunschort besiegelt. "Ich habe aber dann gemerkt, dass es vom Rücken her nicht geht, denn ich habe mich mal vor langer Zeit beim Fußball verletzt", erklärt sie. Vor allem in der "Reifenzeit" wurde das zum Problem. Dennoch ist die Halle nicht wieder ganz männlich dominiert - zwei junge Frauen begannen nach Katrin Hemmeter mit der Ausbildung. "Der Werkstattmeister schaut schon ein wenig, dass die Mädchen nicht die größten Reifen kriegen, wenn es nicht unbedingt sein muss", sagt die 20-Jährige. Muss allerdings eine Sache genauer durchgeschaut werden, "wird eher mal nach den Mädels gerufen".

Als Frau eine Ausbildungsstelle zu bekommen, war allerdings nicht ganz einfach. "Ich habe 15 Bewerbungen geschrieben und bei manchen Betrieben hieß es, sie nehmen keine Mädchen, weil sie schlechte Erfahrungen von Kollegen gehört hätten", erinnert sich die Dixenhausenerin. Meist war der Ablehungsgrund aber ein anderer: "Viele kleinere Betriebe haben keine separaten Umkleiden und Toiletten." Letztere habe man noch eher, etwa für Kunden, aber wegen einer Mitarbeiterin Umkleiden einrichten gehe dann vielen Werkstätten zu weit. Dafür hat Katrin Hemmeter Verständnis.

In ihrer Berufsschulklasse war sie dann das einzige Mädchen. Zu einigen Mitschülern habe sie ein gutes Verhältnis gehabt, andere "haben gemeint, sie müssen den Macho raushängen lassen". Das sorgte langsam dafür, dass sich die Auszubildende in den dreieinhalb Jahren änderte. "Am Anfang war ich schüchtern ohne Ende. Wenn mir heute jemand blöd kommt, kriegt er eine blöde Antwort." Mit den Kollegen in der Werkstatt gab es dagegen nie ein Problem, "das hat immer gepasst", betont die Kfz-Mechanikerin.

Auch in ihrer Freizeit kommt Katrin Hemmeter von ihrem Ausbildungsberuf nicht ganz los, denn dann schraubt sie an den Autos ihrer Familie herum. Klassenbeste zu werden war übrigens nie ihr Plan, "aber wenn man Interesse hat, dann fällt es einem leichter." Deshalb hofft sie, dass auch andere Mädchen eine technische Ausbildung machen, wenn es ihr Wunschberuf ist. "Denn wenn du eine Arbeit machst, die dir nicht gefällt, hast du ja auch nichts davon."

Tina Steimle