Landersdorf
Experiment vor laufender Kamera

"Die waren schon schlau, die Kelten": Eisengewinnung mit dem Rennofen ist morgen im Fernsehen zu sehen

13.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:02 Uhr

 

Landersdorf (HK) Respekt vor der Leistung der Kelten, die mit einfachsten Mitteln Eisen für Waffen und Alltagsgegenstände gewannen, haben die Teilnehmer eines archäologischen Experiments bekommen. Dazu sind im Geschichtsdorf Landersdorf zwei Rennöfen gebaut und befeuert worden.

Schmal und hoch stehen zwei Lehmkegel zwischen Kelten- und Steinzeithaus. Mit dem Backofen beim Keltenhaus, aus dem bei Festen kernige Keltenplätzchen geholt werden, haben diese Kegel wenig gemeinsam. Sie sollen auch nicht Teig in Plätzchen oder Brot verwandeln, sondern Bohnerz in Eisenluppe, einen schlackehaltigen und schwammartigen Eisenklumpen. Diese Technik haben schon die alten Kelten beherrscht und so Eisen gewonnen, aus dem sie Waffen, Alltagsgegenstände oder auch Schmuck hergestellt haben.

Allerdings haben die Kelten ihre Technik nicht schriftlich überliefert, sodass ihre Nachfahren bei der Eisenverhüttung auf Versuch und Irrtum angewiesen sind. Die sind aber inzwischen auch schon Profis geworden, weil sie schon etliche Versuche hinter sich haben. Jeder von ihnen hat andere Erfahrungen gemacht, kein Wunder, dass sie stundenlang fachsimpeln können. Arthur Rosenbauer aus Treuchtlingen, der sich als Montanhistoriker und Fachbuchautor längst einen Namen gemacht hat, Heinz Mittl aus Wellheim, der schon mehrere Erzschmelzversuche hinter sich hat, Günter Mainka vom Arbeitskreis Vorgeschichte oder die beiden jungen Schmiede Per Brunner und Joshua Müller-Tolk – alle haben nur ein Interesse: Herauszufinden, wie unsere Vorfahren es geschafft haben, mit ganz einfachen Mitteln Eisen zu gewinnen. Begleitet werden sie bei ihren Versuchen, die sie selbst auch ganz genau mit dem Fotoapparat dokumentieren, von einem Kamerateam des Bayerischen Fernsehens, das in seiner Sendung „Zwischen Spessart und Karwendel“ am Samstag, 15. Juni, ab 18 Uhr einen Beitrag über dieses Experiment sendet.

Der Bergbau und die Erzverhüttung zwischen Altmühl, Anlauter und Donau haben eine lange Tradition: Kelten und Römer haben so ihr Eisen gewonnen. Von 1411 bis 1865 gab es mit dem Berg- und Hüttenamt Obereichstätt sogar einen montanen Industriezweig in dieser Gegend.

Profundes Wissen auf diesem Gebiet besitzt Arthur Rosenbauer, der ein Buch zu diesem Thema geschrieben hat, in dem eine Fülle von Informationen zu finden ist. So gibt es zum Beispiel historische Karten, in denen Erzgruben eingezeichnet sind. „Das Erzgebiet war etwa 100 mal 100 Kilometer groß und reichte bis fast zur Donau“, erklärt Arthur Rosenbauer. Die Kelten hatten damals allerdings kein großes Hüttenwerk wie das in Obereichstätt, sondern lauter lokale Schmelzpunkte.

An einem solchen versuchen sich die geschichtlich Interessierten zwischen Kelten- und Steinzeithaus. „Wir wissen nicht, klappt es oder klappt es nicht“, sagt Rosenbauer. „Man muss sich rantasten“, ergänzt Heinz Mittl, der bereits sieben solcher Schmelzversuche hinter sich hat. „Der längste davon hat 18 Stunden gedauert, pro Kilo Erz eine Stunde“, sagt Mittl schmunzelnd.

Die Zutaten für die Rennöfen sind einfach: Man braucht nur Lehm, Stroh und Sand zum Abmagern. Günter Mainka hat zusammen mit seinen Helfern und mit viel Geduld die Lehmöfen geformt. In „Sklavenarbeit“ klopfen der junge Schmiedemeister Peter Brunner aus Wendelstein und sein Freund Joshua Müller-Tolk aus Irland das Bohnerz klein. Dieses Bohnerz liegt bis heute in der ganzen Umgebung auf den Feldern herum. Günter Mainka wünscht sich deshalb, dass geschichtlich Interessierte diese kleinen Erzbrocken erkennen, sammeln und im Geschichtsdorf abgeben. „Dort können sie dann zuschauen, wie das von ihnen gesammelte Erz einmal in einem Rennofen geschmolzen wird“, blickt Mainka schon in die Zukunft. Er wünscht sich, dass auf diese Weise künftig das Geschichtsdorf belebt und regionale Geschichte erlebbar und begreifbar wird.

Die Holzkohle im Rennofen will nicht richtig anbrennen. Ein Blasebalg soll Abhilfe schaffen. Den haben nach Ansicht von Arthur Rosenbauer die Kelten wohl nicht gebraucht. Er vermutet, dass sie die Rennöfen am Hang errichtet und damit den natürlichen Zug ausgenutzt haben. „Die waren schon schlau, die Kelten“, sagt BR-Redakteur Matthias Suppé und grinst anerkennend. Damit die Zuschauer im Fernsehen die Experimente im Geschichtsdorf mitverfolgen können, als würden sie selbst dabeistehen, gibt der Fachmann den Akteuren Tipps. „Ihr könnt über alles sprechen“, sagt er, „nur nicht in die Kamera“. Diesen Hinweis verinnerlichen die Heimatkundler und Schmiede sofort und agieren vor der Kamera wie die Profis. Die wird schnell eingeräuchert, als nach zwei kräftigen Schlägen mit dem Blasebalg weißer Rauch aus dem Ofen aufsteigt. Immerhin 1260 Grad sollen in dem Ofen herrschen, damit ein optimales Schmelzergebnis erreicht wird.

Mit dem Ergebnis des ersten Versuchs sind die Forscher nicht ganz zufrieden. „Der Ofen ist gut gelaufen“, erklärt Peter Brunner, „aber das Erz war zu schlecht“. Aber damit ist das Experiment noch lange nicht vorbei: Kaum ist der erste Rennofen abgebrochen, wird der zweite angeschürt und werden die Parameter verändert. Aus Fehlern oder Missgeschicken kann man nur lernen, schließlich heißt das Feld, auf dem sich die Hobbyarchäologen bewegen experimentelle Archäologie.