Laibstadt
Ein Abschied auf Raten

Raiffeisenbank Laibstadt schließt am Montag endgültig – Zuletzt nur noch an einem Nachmittag geöffnet

27.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Am Ende einer langen Geschichte: Nach fast 60 Jahren schließt die Laibstädter Raiffeisenbank für immer ihre Pforten - Fotos: Herler

Laibstadt (HK) Wenn sich am 30. November die Türen der Raiffeisenbank Laibstadt schließen, dann wird es für immer sein. Ein fast 60-jähriges Kapitel Dorfgeschichte geht damit zu Ende. Der Wunsch, dass diese Bank Jahrhunderte überdauern soll, hat sich nicht erfüllt.

Das Gebäude wurde 1956 errichtet und am 8. Juli des selben Jahres feierlich eingeweiht. Ortspfarrer Josef Benz hatte damals im Laibstädter Pfarrsalbuch vermerkt: „Am 8. Juli fand in feierlicher Weise die Einweihung des mit vieler Mühe erbauten Lagerhauses des Raiffeisenvereins statt. Vormittag um 10 Uhr war Festgottesdienst, nachmittags zwei Uhr die Übergabe und kirchliche Segnung des neuen Baues mit Ansprachen des Bürgermeisters, des Pfarrers und des Landrats.“

Auch Michael Wohlmuth, der jahrelang als ehrenamtlicher Rechner des Raiffeisenvereins Laibstadt tätig war, kam zu Wort und verwies in seiner Rede noch einmal auf die Schwierigkeiten, „die sich unserem Unternehmen hemmend in den Weg stellten, weniger finanzieller, sondern mehr bautechnischer Art“. In seinen Ausführungen blickte er aber auch in die Zukunft: „Ich glaube, durch den Bau dieses Lagerhauses haben wir ein genossenschaftliches Werk zur Selbsthilfe geschaffen, auf das jeder von uns stolz sein darf, ein Werk das Jahrzehnte und Jahrhunderte überdauern soll, zum Wohle und zum Segen der heimischen Landwirtschaft. Jedes Mitglied soll in diesem Lagerhaus sein eigenes Haus sehen und sich auf Gedeih und Verderb damit verbunden fühlen.“ Wie Wohlmuth auch betonte, war für den Bau kein Pfennig Baukredit in Anspruch genommen worden, was auch durch die vielen freiwillig geleisteten Arbeitsstunden möglich geworden war.

Der Laibstädter Raiffeisenverein selbst war bereits 1897 als Darlehensverein gegründet worden. Aus den ostelbischen Gebieten wurde damals das Getreide so billig nach West- und Süddeutschland eingeführt, dass viele Bauernhöfe in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Ein Ausweg aus der Not schien allein durch Selbsthilfe möglich. Pfarrer Simon Bauer wurde zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. Am 4. Juni 1936 stimmten die Mitglieder der Verschmelzung mit dem Aberzhausener Spar- und Darlehenskassenverein zu. 1939 wurde die Erweiterung des Genossenschaftsbezirks auf Kippenwang und Ohlangen beschlossen. Nun nannte man sich „Spar- und Darlehenskasse Laibstadt e.G.m.u.H.“. Die Genossenschaft hatte zu diesem Zeitpunkt 80 Mitglieder. Das Vorhaben, 1941 eine Zugmaschine zu kaufen und ein Lagerhaus zu bauen, vereitelte der Zweite Weltkrieg.

Nachdem sich 1954 auch die Gemeinden Schlossberg, Rudletzholz und Selingstadt angeschlossen hatten, wurde noch im selben Jahr das Vorhaben zum Bau eines eigenen Raiffeisengebäudes wieder aufgenommen. Für die Arbeiten legte die Verwaltung den größten Wert darauf, dass Laibstädter Handwerker zugezogen wurden. Nun war nicht nur Platz geschaffen worden für die Lagerung von Kunstdünger und Spritzmittel, sondern auch für Gerätschaften wie Saatgut-Reinigungsanlage, Kleereiber und eine fahrbare Schädlingsbekämpfungsspritze.

1957 schloss man mit Franz Struller, der in unmittelbarer Nähe zum Lagerhaus einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb führte, einen Lagerhaltervertrag ab. Nachdem der langjährige Rechner Michael Wohlmuth 1967 nach 35 Jahren Tätigkeit in den Ruhestand verabschiedet worden war, stellte man erstmals einen hauptamtlichen Geschäftsführer ein. Zuvor hatte man das Lagerhaus mit einem Kassenraum und einem Büro ausgestattet.

Nach 73 Jahren endete schließlich aus wirtschaftlichen Gründen die Selbstständigkeit der Laibstädter Raiffeisengenossenschaft. 1970 stimmten die Mitglieder der Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Hilpoltstein mit 57 Ja- und 4 Neinstimmen zum 1. April 1970 zu. Das Raiffeisengebäude ging in deren Besitz über. Seitdem war Laibstadt nur noch eine Zweigstelle, die von Heideck aus betreut wurde.

Eng verbunden war diese Zeit mit Anton Harrer, der bald den Spitznamen „Raiffeisen-Toni“ bekam. Von 1970 bis 2000 war er 30 Jahre lang fünf Tage in der Woche vormittags am Lagerhaus anzutreffen. Er versorgte die Landwirte mit Dünger- und Spritzmittel und kümmerte sich auch um Putzen und Beizen von Saatgetreide. „Damals wurde auch noch viel Kraftfutter benötigt“, so Harrer in seinen Erinnerungen. „Jedes Haus hatte Hühner und Schweine.“ Jede Woche sei er nach Alfershausen zum Bahnhof gefahren, um Nachschub zu holen. „Nach und nach kamen auch noch Torf, Blumen- und Graberde, aber auch Mehl, Gurken, Waschpulver, Gummistiefel und Zucker dazu, den die Leute gleich zentnerweise gekauft haben.“ Später habe er Bestellungen auch ausgefahren. Doch das Geschäft war in den letzten Jahren seiner Tätigkeit stark rückläufig, nachdem immer mehr Landwirte aufgegeben hätten und zunehmend die Supermärkte gekommen seien.

Ein bisschen Wehmut über das Aus der „Laibstädter Raiffeisen“ schwingt auch bei Hans Dorner mit. Er war hier nicht nur seit 1981 der kompetente Ansprechpartner für alle Laib-städter in Sachen Geld, sondern er hat in der Bank auch seine Frau kennen gelernt. „Anfangs war parallel zum Lagerhausbetrieb jeden Tag vormittags der Schalter geöffnet. Nachmittags war ich im Außendienst unterwegs, um zum Beispiel in den umliegenden Dörfern die Rente auszufahren.“

1993 wurden noch einmal größere Umbaumaßnahmen durchgeführt. Damals diente das alte Laibstädter Rathaus kurzzeitig als Ausweichquartier. Danach stand neben dem verschönerten Kassenraum zusätzlich ein modernes Büro zur Verfügung, in dem auch Beratungsgespräche stattfinden konnten. Zeitweise waren in dieser Phase sogar zwei Bankangestellte in Laibstadt. Durch die zunehmende Mobilisierung und das Online-Banking mussten jedoch das Öffnungsangebot immer mehr reduziert werden, zuerst auf zwei halbe Tage in der Woche, zuletzt ab 2006 war die Laibstädter Raiffeisenfiliale nur noch montags von 15 bis 18.30 Uhr geöffnet.

„Die weiter andauernde Niedrigzinsphase, die zunehmende Digitalisierung des Bankgeschäftes und die enorm steigenden Anforderungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften belasten zunehmend die Rentabilität des Bankgeschäftes und zwingen zu Kosteneinsparungen“, so Vorstandsvorsitzender Georg Peter, dem die Entscheidung zur Schließung als gebürtigen Laibstädter natürlich besonders schwerfiel. Auch die Überlegungen bezüglich eines Geldausgabeautomaten und eines Kontoauszugsdruckers in Laibstadt seien aufgrund der hohen Kosten schnell vom Tisch gewesen. „Das Laibstädter Raiffeisengebäude ist einfach alt und entspricht nicht mehr den modernen Anforderungen. Die Instandhaltungskosten oder auch die Gebühren der Internetstandleitung von Heideck nach Laibstadt machen ein Festhalten an der Laibstädter Filiale uninteressant.“ Was aus dem Gebäude wird, sei allerdings im Moment noch nicht klar. Zum Teil ist es vermietet, zum anderen nutzen Pfarrei und Heimatverein Laibstadt einzelne Räume als Lager.