Kolbenhof
Königin der Futterpflanzen auf Siegeszug

Luzerne erobern fränkische Äcker zurück – Effektive Fütterung erhöht auch Milchleistung der Kühe

22.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Foto: Jürgen Leykamm

Kolbenhof (HK) Die Rente in Deutschland ist sicher. Und für die Fütterung von landwirtschaftlichen Nutztieren in Deutschland braucht man unbedingt Soja aus Amerika. Der Wahrheitsgehalt beider Aussagen ist ähnlich groß, wie bei einem Informationstag auf dem Kolbenhof deutlich wurde.

Auf dem Kolbenhof bei Thalmässing setzt die Landwirtsfamilie Wagner auf die Rinderzucht. Sie verzichtet dabei auf den Eiweißlieferanten aus Übersee komplett. Stattdessen gibt es heimische Luzerne. Damit hat die Familie Wagner eine Entwicklung vorweggenommen, die erst seit kurzem mehr und mehr greift. Denn auch dem Freistaat Bayern ist es durchaus ein Dorn im Auge, dass jährlich 800 000 Tonnen Sojafutter aus Argentinien, Brasilien und den USA nach Bayern importiert werden. Zumal die Produkte größtenteils von gentechnisch veränderten Pflanzen stammen.

Mit dem „Aktionsprogramm heimische Eiweißfuttermittel“ will man im Freistaat gegensteuern. Ein entsprechendes Projekt an der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) befasst sich mit Möglichkeiten, den Fokus noch mehr auf das hierzulande gewonnene Grobfutter der Betriebe unter weißblauem Himmel zu legen. Und die in Violetttönen blühenden Luzerne – auch als Alfalfa oder Schneckenklee bekannt – sind dabei der große Trumpf. So erläuterte es nun auch die Projektleiterin Anna Techow bei einer Infoveranstaltung am Kolbenhof.

Auf diesem Bauernhof hat man Soja schon im Jahr 2010 komplett aus den Futtertrögen verbannt. Das Ergebnis lässt aufhorchen: Wie auf Knopfdruck ist die Milchleistung der Kühe seither sprunghaft angestiegen. Einmal gelang sogar ein Stalldurchschnitt von 10 000 Litern. Das ist natürlich nicht nur der Luzerne zu verdanken, doch ist sie einer von mehreren Faktoren, die für diese positive Entwicklung verantwortlich sind. Und nicht der unwichtigste.

Die Pflanze hat es buchstäblich in sich. Sie schmeckt den Kühen nicht nur, sondern sie verfügt auch über einen hohen Gehalt an für die Tiere nutzbaren Eiweiß, eine antibakterielle Wirkung und lässt sich gut verdauen. Vorteile gibt es auch schon im Anbau der Luzerne: Die Tiefwurzler lockern den Boden auf und binden den Stickstoff aus der Luft. Zu den Greening-Vorgaben der EU-Agrarreform passt der Anbau der Luzerne ohnehin wie die Faust aufs Auge.

Auf Betriebsleiter Werner Wagners Feldern stehen auf fünfeinhalb Hektar die Sorten „Franken neu“ und „Plato“. Dass der Landwirt schon lange bevor die Politik den Schneckenklee ins Blickfeld gerückt und mit ihm dem Soja den Kampf angesagt hat, weiß er den interessierten Gästen während der Veranstaltung auf einfache Weise zu erklären: „Wir haben aus Überzeugung umgestellt.“

Die ist wohl gelungen, wie der Familie unter anderem Johann Mederer vom Rother Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten versichert. Auf dem Hof gebe es „eine sehr effektive Fütterung“, lobte er. Dass Soja ersetzbar ist, sei „keine Spinnerei“, sagte Mederer – und das mache der Kolbenhof mehr als deutlich. Ist die Luzerne abgeerntet, lässt sie sich auf verschiedene Weise konservieren: als Heu, Silage oder getrocknet als Cobs oder Ballen. Letztere werden am Hof der Wagners bevorzugt. Zurecht, da bei dieser Form die Kühe auch noch den bestmöglichen Nutzen aus der Luzernestruktur ziehen können. So unterstrich es in der Infoveranstaltung Johannes Ostertag von der LfL.

Sein Schaubild zu den verschiedenen Verarbeitungsformen malte er sinnigerweise mit verschiedenfarbigen Kreiden auf den Vorplatz des Wagner'schen Offenstalls. Am Ende betonte der Betriebsleiter selbst resümierend die Bedeutung der Luzerne als „Königin der Futterpflanzen“, wie sie in unseren Breitengraden schon immer genannt wurde. Und hier wird sie nun auch immer öfter wieder zu finden sein.