Jugendamt wehrt sich gegen Vorwürfe

13.08.2009 | Stand 03.12.2020, 4:44 Uhr

 

Thalmässing/Roth (HK) Gegen Angriffe auf das Rother Jugendamt nach dem Hungertod der kleinen Sarah R. (3) in Thalmässing wehrt sich Amtsleiter Manfred Korth: "Ich habe keine Möglichkeiten gehabt."


Korth reagiert damit auf Anschuldigungen von Georg Ehrmann, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Kinderhilfe. Der hatte gesagt, das Jugendamt habe seine Möglichkeiten nicht ausgeschöpft (HK berichtete am Donnerstag) und hätte bei konsequenterer Arbeit das Kind retten können. "Quatsch", sagt Korth hierzu. "Wenn Ehrmann fachliche Fehler sieht, ist er weltfremd." Das Jugendamt sei sofort tätig geworden, als Angela und Patrick R. 2005 in den Landkreis gezogen sind.

Zu diesem Zeitpunkt hat die Frau das Sorgerecht für ihre ersten beiden Kinder aus einer früheren Beziehung verloren, ist aber wieder schwanger. Im Februar 2005 kommt Dominik auf die Welt, Patrick R. ist nicht der leibliche Vater. Im Mai 2006 folgt Sarah, das gemeinsame Kind der beiden in ihrer Patchworkfamilie.

Das Jugendamt begleitet die Familie in Kooperation mit der Diakonie, Fachkräfte kümmern sich zweimal pro Woche für je zwei Stunden – bis April 2007, danach folgen sporadische Besuche. "Im April wollte die Familie, dass die Besuche eingestellt werden", erzählt Korth. Also hätten sich Jugendamt, Diakonie und Familie R. zusammengesetzt, um zu beratschlagen.

Man sei zum Schluss gekommen, dass sich das Jugendamt Schritt für Schritt zurückzieht. Korth nennt die Gründe: In der ganzen Zeit sei das Wohl der Kinder nie gefährdet gewesen. Wohl aber waren beide entwicklungsverzögert. "Da kann ich nur eine Frühförderung empfehlen", sagt Korth. "Ich hätte doch in ganz Deutschland keinen Richter gefunden, der hier Zwangsmaßnahmen anordnet." Das Amt habe keine Allmacht, "für jeden Schritt muss es eine gesetzliche Grundlage geben". Insgesamt sei die Familie fast vier Jahre lang betreut worden, in der neuen Beziehung habe man in der ganzen Zeit keinen Anhaltspunkt gefunden, um einschreiten zu müssen. "Ich habe oft Grenzfälle, wo ich intensiv überlegen muss, ob wir das Kind herausnehmen", resümiert Korth. Familie R. sei keiner dieser Fälle gewesen.

Die Fachleute hätten sich ohnehin mehr Sorgen um Dominik gemacht, da üblicherweise das fremde Kind in der Patchworkfamilie eher von Vernachlässigung bedroht ist. "Vater und Sohn hatten aber ein sehr inniges Verhältnis", so Korth. Patrick R. habe sich als normaler Vater gezeigt – tagsüber auf der Arbeit, abends zu Hause, wo Frau und Kinder auf ihn gewartet hätten. Beim sporadischen Besuch im November 2008 sei alles in Ordnung gewesen.

Er sei froh, dass die Staatsanwaltschaft das Vorgehen des Jugendamts genau untersuche, sagt Korth. Das Ergebnis werde sein, dass das Amt von jeglicher Verantwortung freigesprochen werde, "davon bin ich überzeugt".

Vorwürfe macht Korth eher dem Umfeld der Familie R.: "Wo war denn die gute Freundin, warum hat sie nicht bei uns angerufen" Jedem Hinweis werde augenblicklich nachgegangen, "da fahre ich eine harte Linie."