Hilpoltstein
Abgeordneter im Wartestand

Hermann Kratzer von den Freien Wählern unterliegt zwar deutlich, könnte aber über die Liste ins Maximilianeum einziehen

15.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:40 Uhr

Runde eins ist gelaufen: Im Ringen um das Direktmandat ist Hermann Kratzer seinem CSU-Widerpart unterlegen. Doch mit einem Platz im Maximilianeum kann es immer noch klappen - Foto: Tschapka

Hilpoltstein (HK) Selbst der Sieg hat für Hermann Kratzer, den Direktkandidaten der Freien Wähler (FW), einen faden Beigeschmack: Als seine Heimatgemeinde Greding als erste aller 16 Kommunen die Ergebnisse verkündet, liegt er mit 43,6 Prozent klar vor Volker Bauer – und doch relativ schlecht.

Jubel brandet auf bei der Wahlparty in der Rother Kulturfabrik, einige Umstehende skandieren „Hermann, Hermann“. Selbst Volker Bauer, der gerade am Mikrofon ein Interview gibt, gerät kurzzeitig aus dem Konzept. Doch die Euphorie hält nur über eine kurze Dauer der Orientierung. Es handelt sich lediglich um Greding, nicht um einen Trend. Und selbst in seiner Heimatgemeinde bricht Kratzer, schon vor fünf Jahren FW-Direktkandidat, um gut elf Prozent ein.

Es herrscht Ernüchterung bei den Freien Wählern im Landkreis. Die CSU sei mit einem themenlosen Wahlkampf erfolgreich gewesen, sagt Bezirksrat Walter Schnell. Gefühle seien nach oben gespült worden nach dem Motto „Mia san mia“. Die FW lebten eben von der Persönlichkeitswahl, wie sie auf kommunaler Ebene noch greife. Auf Landesebene offenbar nicht. Michael Pfeiffer, der Fraktionssprecher im Kreistag, sagt fast trotzig, es sei ein Erfolg, mit deutlichem Ergebnis ins Parlament eingezogen zu sein und sich somit etabliert zu haben – im Gegensatz etwa zur FDP. Schon, die Stimmung sei so gewesen, dass man eine Regierungsbeteiligung erwarten konnte. „Aber ich halte es für geschickter, eine gute Oppositionspartei zu sein als ein Anhängsel.“

Hermann Kratzer dagegen blickt mit entwaffnender Ehrlichkeit auf die nackten Zahlen: „Ich hätte mir mehr erhofft.“ Er wisse nicht, woran es gelegen hat. 2008 habe der Rother CSU-Kandidat Manfred Weiß mit vielen Querelen zu tun gehabt, vielleicht habe das auch den FW damals Stimmen gebracht, die sie nun nicht mehr bekommen haben. Scheinbar sei die Abgeordnetenaffäre im Landtag beim Wähler schon wieder vergessen, „Seehofer hat mit der Pkw-Maut und der Windenergie Punkte gesetzt, die nicht haltbar sind – aber die Leute sind darauf angesprungen.“ Gegen den bayernweiten Trend sei es eben schwer anzukommen, „unter den Umständen war das schon in Ordnung. Das Optimum, das wir herausholen konnten“.

Am Abend, als die Wahllokale längst geschlossen haben, sammelt Hermann Kratzer noch ein paar Pluspunkte in der Kulturfabrik. Denn er ist der einzige der drei chancenreichen Kandidaten, der von Beginn an die Auszählung in der Kulturfabrik verfolgt, der die Anspannung vor Zuschauern auslebt. „Er bibbert schon etwas“, sagt Kratzers Ehefrau Hedwig, die ebenso mitgekommen ist wie die beiden Kinder Bianca und Marcus. Äußerlich ist ihm jedoch kaum etwas anzumerken. „Er setzt den Wahlkampf fort“, lobt Michael Pfeiffer. Das sei eben die Lebenserfahrung und die Bodenständigkeit des 51-Jährigen. „Er stellt sich – egal wie es ausgeht.“ Mit dieser Charaktereigenschaft sei er der ideale Abgeordnete und Ansprechpartner für den Landkreis.

Das ist die große Hoffnung der Freien Wähler: dass Kratzer über die Liste doch noch in den Landtag einzieht. Der zweite Platz auf Bezirksebene eröffnet große Chancen, wenngleich wegen der Besonderheiten des Wahlrechts in Bayern noch nicht sicher ist, wohl erst heute bekannt gegeben wird. „Wenn wir in Mittelfranken acht Prozentpunkte holen, ist er drin“, zeigt sich Walter Schnell optimistisch. Kratzer erwartet das Ergebnis stoisch. Der FW-Kreisvorsitzende will heute schon wieder in den Wahlkampf ziehen – „jetzt switchen wir auf Bundestag um“.