Hilpoltstein
Wenn der Engelflüsterer in den Sattel hilft

Pferdeführer Ferdinand Kühnlein ist schon lange vor dem Burgfest immer ganz nah bei der Gräfin

30.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Pferdeführer Ferdinand Kühnlein half schon acht Gräfinnen in den Sattel. Kleiderkammerchefin Petra Tratz passt auf, dass er dabei auch eine gute Figur macht - Foto: Leykamm

Hilpoltstein (lkm) Er hat an jedem Burgfest immer mit zwei edlen Damen zu tun. Wobei die eine immer die gleiche ist, während die andere zwar immer das gleiche Gewand trägt, in dem aber jeweils eine andere steckt.

Die Rede ist natürlich von Ferdinand Kühnlein, der als Pferdeführer mit der Stute Angel (englisch für Engel) bestens vertraut ist und sich von allen acht Gräfinnen angetan zeigt, die mit seiner Hilfe den Sattel der Pferdedame erklommen haben. Das größte Kompliment gibt es von seiner Seite sogar für die amtierende Dorothea Maria. Bei der ersten Reitstunde mit Silvia Krauß sei „Angel so brav wie nie“ gewesen, sagt der 61-Jährige. Um in das Lob für die derzeitige Majestät aber nicht den Hauch irgendeiner noch so kleinen Abwertung der bisherigen Gräfinnen mitschwingen zu lassen, revidiert er auch gleich wieder. Das Wetter sei auch ausgezeichnet gewesen und es hätten nur wenige Stechmücken für Irritationen bei der Vierbeinerin gesorgt.

Er selbst hat zwar keine Pferde, mag aber vor allem diese Tiere ungemein. Aber auch andere. Er ist ja auch in einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. „Zu Viechern habe ich schon immer einen guten Draht gehabt“, sagt Kühnlein. Als Kind nannte er Hasen und Tauben sein eigen. Seit acht Jahren nun hat er es mit einem viel größeren Tier und mit einer recht großen Verantwortung zu tun. Natürlich soll der Gräfin beim Reiten nichts geschehen, den Zujubelnden ebenso wenig und auch Angel soll unversehrt bleiben. Aber einem Engel passiert wohl auch nicht so schnell etwas.

Beruflich kümmert sich Kühnlein als Mechanikermeister und Ausbilder ebenso darum, dass Abläufe gut funktionieren. Seit 47 Jahren bleibt er seiner Branche schon treu, am Burgfest ist er fast so lange aktiv. Seit 42 Jahren engagiert er sich dort – und zwar die meiste Zeit bei der Gruppe des Technischen Hilfswerks, die die Landsknechte darstellt. Und Reparaturen bei den Kutschen und anderen Festgefährten vornimmt. Da waren natürlich die Fachkenntnisse des Meisters gefragt.

Große Augenblicke durfte er am Burgfest erleben. Zum Beispiel 1999, als Ehefrau Brigitte zur Gräfin erkoren wurde. Leuchtende Augen bekommt er, wenn er vom Jahre 2006 erzählt. Damals feierte man das 400-jährige Jubiläum des Einzugs der Dorothea Maria. Auf ihren Spuren bewegte sich ein drei Tage reisender Festzug von Sulzbach nach Hilpoltstein. Das „ist meine schönste Erinnerung“, so Kühnlein. Er selbst muss damals wohl auch positiv aufgefallen sein. Denn er geriet ins Visier der Burgfestausschussvorsitzenden Barbara Billmaier, die ihn zum neuen Pferdeführer ausersehen hatte. Er willigte ein und 2008 war es dann soweit: der Stabwechsel wurde vollzogen. Allerdings fließend. Denn damals half ein letztes Mal sein Vorgänger Willi Honauer, der aus Altergründen das Amt abgab, der Pfalzgräfin in den Sattel. Für den Scheidenden ein Abschluss der besonderen Art. Denn die Gräfin war die eigene Tochter (Andrea Stark).

Damals hat Kühnlein das Pferd noch mitgeführt, seither ist er der Alleinverantwortliche. Und nicht nur das: Mit dem neuen Pferdeführer kommt auch ein neues Tier: Angel löst ihren Vorgänger Domino ab. Im Vorfeld des Amtsantritts im neuen Posten galt es für Kühnlein, sich von den Landsknechten des THW zu verabschieden. Die Kameraden zeigten Verständnis und so kann er sich ganz auf seine neue Aufgabe konzentrieren. Seine erste Gräfin hieß Inge Benz – es wurde ein wunderbarer Einstand. „Ich habe die Übernahme des Amtes noch keine Sekunde bereut“, sagt der Pferdeführer heute, für den das Burgfest bereits mit der ersten Reitstunde der neuen Gräfin beginnt. Alle acht Majestäten hätten ihm aber nur wenig Mühe gemacht, so Kühnlein. Er habe sie alle „vernünftig aufs Pferd gebracht“. Die Modalitäten sind immer die gleichen. Erst dient eine Treppenstufe als Aufstiegshilfe, dann darf es auch die Räuberleiter sein. Nach zwei Reitnachmittagen zu ein bis zwei Stunden reichen die Reitkenntnisse zumindest fürs Burgfest aus. Schritt und Trab gilt es dem Pferd zu vermitteln und die Haltung im Damensitz zu beherrschen. Die Angst vom Tier herunterzurutschen kann der jeweiligen Gräfin schnell genommen werden. Vor dem vorschnellen Abgleiten zu Boden schützt ein Höcker im Sattel.

Der Sattel selbst ist übrigens im Besitz der Stadt Hilpoltstein und hat schon so einiges hinter sich. Regen und Sonne machten schon diverse Pflegemaßnahmen nötig. Nun bräuchte er langsam mal eine grundsätzliche Instandsetzung, für die „ein Sponsor ganz gut wäre“, so der Wink des Pferdeführers mit der Reitgerte. Gewitter mögen weder der Sattel noch Angel, die außerhalb der Burgfestzeit die meiste Zeit im Reiterhof von Toni Bauer in Seligenporten zu finden ist. Von dort wird jährlich Pferdepfleger Thomas Schulz entsendet, am Burgfest kurz Tom genannt, um genau dort die nötige Unterstützung zu leisten. Einmal musste er auch helfen das Pferd auf den rechten Weg zu geleiten. Er selbst ist auch schon Teil des Festes und bekam seitens der Kleiderkammer vor zwei Jahren ein neues Gewand verpasst. Kühnlein konnte seines vor acht Jahren von Honauer übernehmen – die Maße passten.

Das richtige Augenmaß braucht es wiederum, um den Festzug so aufzustellen, dass die Pferde nicht scheuen. Einmal gelang dies nicht, wie sich der Pferdeführer zurück erinnert. Vor fünf Jahren wurden die Fahnenschwinger hinter den Tieren postiert, was in ihnen den Fluchtinstinkt geweckt habe. Damals sei er „heilfroh gewesen, als wir am Kreuzwirtskeller angelangt sind“, so Kühnlein. „Ich hatte fast zwei Tage Muskelkater vom Halten und Ziehen.“ Mit purer Kraft ging da natürlich auch nichts. Er musste schon sein ganzes technisches Können und seine Fähigkeit als Pferdeflüsterer aufbieten, um die Tiere zu beruhigen.

Die Pferdedame ist ihm inzwischen richtig ans Herz gewachsen. „So lange Angel die Gräfinnen trägt, möchte ich gern Pferdeführer bleiben“, bekennt er deutlich.