Hilpoltstein
Hilfe macht Leben ein bisschen leichter

Blinden- und Sehbehindertenstammtisch als Anlaufpunkt - Beraterin Elfriede Meyer

15.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr
Beim jährlichen Aktionstag "Wenn die Augen schwächer werden" gibt Elfriede Meyer (links) Blinden und Sehbehinderten nützliche Tipps, wie sie im Alltag besser zurechtkommen. −Foto: Meyer

Hilpoltstein/Roth (HK) Blind und hilflos? Das ist für Elfriede Meyer ein Wortpaar, das absolut nicht zusammenpasst. Die Blinden- und Sehbehindertenberaterin aus Roth besucht Betroffene im ganzen Landkreis, um das Spektrum an Hilfen aufzuzeigen, die das Leben leichter machen.

Elfriede Meyer kann sich hineinfühlen in die Nöte und Sorgen ihrer Gesprächspartner, denn sie weiß, wovon sie spricht. Als Kind hatte sie noch ein minimales Sehvermögen, aber auch das hat sie mittlerweile verloren. Die 62-Jährige steht dennoch mitten im Leben, arbeitet im Rother Jugendamt, geht gerne in die Gymnastik und trifft sich mit Freunden. Und sie hilft in ihrer Freizeit anderen Menschen, mit ihrem Handicap besser umzugehen.

"Es kommt immer darauf an, wo man gerade steht", hat Elfriede Meyer gelernt. Die einen haben sich bereits damit abgefunden, dass ihre Augen schwächer werden, und freuen sich über jeden Tipp zur Selbsthilfe. Und da gibt es jede Menge Möglichkeiten: Mit einem Farberkennungsgerät beispielsweise kann man Kleidung besser sortieren, eine sprechende Mikrowelle und eine sprechende Waage helfen bei der Essenszubereitung und ein Lichtdetektor sagt an, ob nach einem Besuch die Lampen im Wohnzimmer immer noch eingeschaltet sind. "Solche Geräte ermöglichen ein großes Stück Selbstständigkeit", erklärt Elfriede Meyer.

Andere Betroffene wiederum, die Meyer besucht, können es noch gar nicht fassen, dass sich ihr Leben gerade verändert oder schon verändert hat. "Manchmal ist es am wichtigsten, dass ich zuhöre und die Leute sich fallenlassen können", erklärt sie. Doch auch in solchen Gesprächen hört die erfahrene Beraterin schnell heraus, wo die Bedürfnisse liegen und empfiehlt die entsprechenden Hilfsmittel. Oft sei es der Wunsch, die Zeitung wieder besser lesen zu können, im Haushalt zurechtzukommen oder ganz einfach die Fernbedienung bedienen zu können.

Manchmal könne es auch sinnvoll sein, ein Orientierungs- und Mobilitätstraining mitzumachen, um in der näheren Umgebung zurechtkommen, erklärt sie. Hier verweist Elfriede Meyer auf Experten des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Nürnberg, die zum Beispiel auch weiterhelfen, wenn es um Zuschüsse für die teueren Hilfsmittel geht. Diese stellt Elfriede Meyer mit weiteren Helfern auch einmal im Jahr im Gesundheitszentrum beim Aktionstag "Wenn die Augen schwächer werden" vor.

Meyer hält es für wichtig, seine Selbstständigkeit so weit wie möglich zu bewahren. Es könne ja sein, dass der Partner, der einem viele Handgriffe abnehme, plötzlich auf Dienstreise gehen oder sogar ins Krankenhaus müsse. Und dann stehe man mehr oder minder hilflos da.

"Wir alle helfen dabei, die manchmal schwierige Lage von Menschen zu verbessern", erklärt Meyer. "Wir können sie in der Krise auffangen und begleiten. Man darf sich nicht aufgeben und sollte versuchen, sich Schritt für Schritt in der neuen Situation zurechtzufinden." Davon abgesehen würden auch sehende Menschen immer wieder Malheurs passieren: "Auch die schütten mal ein Glas um."

Elfriede Meyer ist zudem in politischen Gremien des Landkreises unterwegs, um auf die Belange der Blinden und Sehbehinderten sowie auf Probleme hinzuweisen: Während zum Beispiel eine totale Absenkung von Gehsteigen optimal für Rollstuhlfahrer sei, könne sie für Blinde zur Falle werden. Das hat Elfriede Meyer selbst schon einmal erlebt, als sie vom vermeintlich sicheren Gehsteig abkam und mitten auf der Straße lief, ohne es zu merken.

Auf offene Arme stößt die Beraterin auch bei Kindergärten und Schulen. Hier sensibilisiert sie die Jüngsten und ermuntert sie, den blinden und sehbehinderten Menschen im Alltag zu helfen. Um das Handicap am eigenen Leib zu spüren, setzen die Kinder dunkle Masken auf und lassen sich von ihren Freunden durch den Raum führen. Eine Übung, die laut Meyer gut ankommt und Verständnis weckt.

Monatlich ruft die Rotherin außerdem Sehgeschädigte aus dem Landkreis an einen Stammtisch — und das seit 30 Jahren. Erst vor kurzem haben die Mitglieder den runden Geburtstag gefeiert. Hier tauschen sie sich nicht nur über medizinische Fortschritte und die neuesten Gesetzesentwürfe aus, sondern lachen auch viel miteinander — und manchmal weinen sie auch. "Wir nehmen Anteil am Schicksal der anderen", erzählt Elfriede Meyer. "Das gesellige Miteinander gibt uns Kraft, Zuversicht und schenkt uns Lebensfreude für den Alltag."

Wer Hilfe benötigt oder sich über die Arbeit des Blinden- und Sehbehindertenbundes informieren möchte, kann Elfriede Meyer unter der privaten Telefonnummer (09171) 5551 oder im Landratsamt Roth unter (09171) 81-1226 erreichen. Um die ehrenamtliche Arbeit effektiv leisten zu können, ist der Blinden- und Sehbehindertenstammtisch auf Spenden angewiesen.