Hilpoltstein
Ein Herz für kranke Kinder

Verein Herzpflaster schafft in Krankenhäusern heimelige Atmosphäre für kleine Patienten

20.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:53 Uhr

Für ein Kinderlächeln sammelt der Verein Herzpflaster von Melanie und Thorsten Prennig aus Roth (Mitte, mit ihrem kleinen Sohn Finn) unter anderem für die Kinderkardiologie der Uniklinik Erlangen. - Foto: Uniklinikum Erlangen

Hilpoltstein/Roth (HK) Eine Diagnose kann das Leben verändern. So wie das der Familie Prennig aus Roth. Ihr Sohn Finn kam mit einem Herzfehler auf die Welt. Medizinisch wurde er bestens versorgt, nur die liebevolle Umgebung auf der Station kam zu kurz. Deshalb hat Thorsten Prennig den Verein Herzpflaster gegründet: um ein Lächeln in die Gesichter herzkranker Kinder zu zaubern.

Munter hüpft der kleine Blondschopf im Wohnzimmer herum. Seine Eltern können kaum glauben, wie gut es ihrem Kind geht. Denn der vierjährige Finn hat schon viele Monate im Krankenhaus verbracht, er muss mit einer Anomalie leben, die sein Herz zum Rasen bringt. Medikamente helfen ihm dabei, dass sein Herz nicht außer Tritt gerät.

Zunächst war die Schwangerschaft ganz normal verlaufen. Kurz vor der Entbindung jedoch fuhr den Eltern bei einer Routineuntersuchung der Schrecken in die Knochen. "Beim Ultraschall sind plötzlich alle nervös geworden", erinnert sich Thorsten Prennig. Der Puls ihres ungeborenen Kindes war nach oben geschnellt - wie bei einem Marathonläufer. Und keiner konnte sich das erklären.

Da der Entbindungstermin ohnehin kurz bevorstand, entschlossen sich die Ärzte zu einem Kaiserschnitt. Als Finn das Licht der Welt erblickte, "ging sein Herz wie eine Nähmaschine". Mit diesen Worten hatte es jedenfalls der Oberarzt ausgedrückt, wie sich Prennig erinnert. Und hinterhergeschoben: "Das kriegen wir schon hin."

Finn musste aber viel Zeit im Krankenhaus verbringen, manchmal bis zu sechs Wochen am Stück. Im ersten Jahr seines Leben war er öfter in der Klinik als zu Hause. "Die medizinische Hilfe war nahezu perfekt", lobt Thorsten Prennig. Und trotzdem sahen Finns Eltern Verbesserungsbedarf: Angefangen von den kahlen Wänden auf der Kinderstation über das praktische Krankenhausgeschirr, die weiße Bettwäsche bis hin zu fehlenden Kinderwagen für die kleinsten Patienten. "Es war einfach steril und wenig kindgerecht", erinnern sich die Prennigs.

Zur Genesung gehört ihrer Meinung nach eben mehr als nur die medizinische Versorgung. Eine schöne, heimelige Umgebung mit Bildern an der Wand, bunter Bettwäsche und Kindergeschirr und ganz viel Spielzeug. "Richtig schön sollen es die kranken Kinder haben."

Das könne man von den Krankenhäusern gar nicht verlangen, das sei im Budget nicht drin, weiß Thorsten Prennig, der in der Kreisklinik Roth selbst als Pfleger arbeitet. Deshalb gründete er den Verein "Herzpflaster", um Kindern mit Herzerkrankungen und deren Eltern wieder Lebensfreude zu schenken und die langen Klinikaufenthalte so angenehm wie möglich zu gestalten.

Damit zahlt Prennig im übertragenen Sinne auch dafür etwas zurück, was er selbst bekommen hat. Als der kleine Finn in Erlangen auf der Kinderstation lag, durften die Prennigs mit anderen Eltern schwer kranker Kinder im benachbarten Appartmenthaus der Kinderhilfestiftung von McDonald's übernachten, um möglichst nahe bei Finn sein zu können. Als Thorsten Prennig nachfragte, was er nach etlichen Nächten schuldig sei, erhielt er die Antwort: "Nichts!"

Auf der Heimfahrt überlegte er im Auto, wie er sich revanchieren könne: Die Idee eines Vereins war geboren. Was Prennig zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte: Wie gut sein Anliegen bei Spendern ankommen würde. Ein bekannter Londoner Pianist habe für Herzpflaster schon in der Kulturfabrik gespielt, ein Tattoo-Studio habe Spendenboxen aufgestellt, die Landfrauen Offenbau und viele andere spenden für den Verein. "Wer da alles an uns denkt", sagt Prennig erfreut. Die Spenden kommen den Kindern ohne Abzug von Verwaltungskosten zugute. "Bei uns arbeitet jeder ehrenamtlich."

Genug Spenden können es ohnehin nicht sein, denn Herzpflaster hat in den drei Jahren seines Bestehens etliche Projekte angepackt. Regelmäßige Theateraufführungen im Krankenhaus zaubern ein Lachen ins Gesicht der kranken Kinder. "Sie dürfen mal eine Stunde lang ihre Sorgen vergessen. Das trägt zur Genesung bei", sagt Prennig überzeugt.

Seit Herzpflaster auf der Kinderherzstation der Erlanger Uniklinik Boxen mit kleinen Geschenken aufgestellt hat, fällt den Kindern auch das ungeliebte Blutabnehmen viel leichter. Ein Griff in die sogenannte Pieksebox lässt die Kinder den Schmerz schnell vergessen.

Schön heimelig sei jetzt auch die "Oase", ein zentraler Bereich in der Kinderklinik Erlangen, in dem die Kleinen spielen und ihre Krankheit wenigstens für ein paar Stunden vergessen können. "Hier brauchen wir aber immer wieder Nachschub an Spielzeug und Bastelsets", erklärt Thorsten Prennig.

Er und seine Frau Melanie freuen sich, dass sie immer wieder von Eltern angesprochen werden, die sich ebenfalls große Sorgen um ihre Kinder machen. "Wir teilen gerne unsere Erfahrungen und geben Tipps", sagen sie. Auf Dauer sei das aber zeitlich nicht mehr zu schaffen. Deshalb fördert der Verein nun sogar die Ausbildung von drei Elternberatern, die nicht nur auf die Sorgen und Nöte der Angehörigen eingehen, sondern auch medizinische Fachbegriffe erklären können und Antworten auf sozialrechtliche Fragen parat haben.

Melanie und Thorsten Prennig haben noch mehr vor. Die Theaterstücke an der Kinderklinik Erlangen sollen zur festen Institution werden und darüber hinaus auch noch am Südklinikum Nürnberg kranke Kinder erfreuen. Zudem planen die Prennigs Freizeiten für kranke Kinder und ihre Eltern, wollen neue Schmusetiere und Spieluhren anschaffen.

Freuen würde sich das Ehepaar auch über den Kontakt zu anderen betroffenen Eltern aus der Region, um gemeinsame Freizeiten oder Ausflüge zu planen. "Oder einfach, um ihre Ideen bei unseren Plänen zu berücksichtigen." Kontakt ist über die Homepage www.herzpflaster-ev.de möglich.

Die Prennigs stecken viel Zeit und Energie in ihren kleinen Verein mit mittlerweile über 50 Mitgliedern. "Aber die dankbaren E-Mails der Eltern wiegen das mehr als auf", stellt Melanie Prennig fest. "Und es macht auch unheimlich viel Spaß." Vor allem in den Momenten, in denen das Ehepaar in viele glückliche Kinderaugen schauen darf. So wie in die ihres Sohnes Finn.