Hilpoltstein
Zwischen Rechenspielen und Ratlosigkeit

Der zweite Teil des Verkehrskonzepts für Hilpoltstein bringt interessante Optimierungsmöglichkeiten und viele offene Fragen

07.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:13 Uhr

Eine überflüssige Ampel: An der Kreuzung in der Freystädter Straße reichen laut Verkehrsplanerin auch Fußgängerampeln, um die nötige Sicherheit zu gewährleisten. Allen anderen Verkehrsteilnehmern kostet die Signalanlage an dieser Stelle nur Zeit. - Foto: Münch

Hilpoltstein (HK) Eineinhalb Minuten schneller vom einen Ende der Stadt zum anderen und deutlich weniger Wartezeit an den Zufahrten zum Altstadtring: Diese Verbesserungsmöglichkeiten für die Verkehrssituation in Hilpoltstein hat das Ingenieurbüro Inver am Donnerstagabend im Stadtrat aufgezeigt.

Dass die Vertreterin des Ingenieurbüros mit diesen Ergebnissen keine Beifallsstürme erntete, war in dieser Stadtratssitzung schon klar, noch bevor Anja Günther überhaupt zu Wort kam. Denn schon vor dem Vortrag die Verkehrsplanerin lieferten sich Bürgermeister Markus Mahl (SPD) und Michael Greiner von den Freien Wählern einen Schlagabtausch über den Sinn und Unsinn der vorgelegten Studie. Allein der Titel des bevorstehenden Vortrags stimmte Greiner missmutig: "Wir wollten doch ein Verkehrskonzept in Auftrag geben." Die Verkehrsplanerin behandelte in ihrer Präsentation dagegen die "Optimierung des Verkehrsablaufes in Hilpoltstein", was nicht nur Greiner zu wenig war.

"Nichtsdestotrotz freue ich mich, Ihnen hier die Ergebnisse vorstellen zu dürfen", sagte die Verkehrsplanerin zu Beginn ihres Vortrags tapfer. Aber Anja Günther machte sich die Aufgabe im Stadtrat auch selbst schwer. So handelte sie zunächst selbst die abwegigsten Vorschläge zur Verkehrsverbesserung aus dem Runden Tisch im Frühjahr im Hofmeierhaus pflichtschuldig ab (wie etwa eine Einbahnstraßenregelung in der Industriestraße und in der Hofstettener Straße stadteinwärts), ehe sie zu den wesentlichen Verbesserungsmöglichkeiten kam, die durchaus interessante Zahlen zu Tage förderten.

So lasse sich bereits mit einer Optimierung der Ampelanlagen und einer ausgebauten Einmündung der Industriestraße der Verkehrsfluss am Hilpoltsteiner Altstadtring beträchtlich verbessern. Als Grundlage ihrer Studie dienten Günther die vorhergesagten Fahrzeugzahlen für das Jahr 2030. Auf dieser Basis könne man die Fahrzeit beispielsweise von der Freystädter Straße in die Heidecker Straße von 4,9 auf 3,4 Minuten verbessern. Die mittlere Verlustzeit pro Fahrzeug verringert sich laut Rechenmodell von 102 auf 63 Sekunden. Und die mittlere Reisegeschwindigkeit rund um den Altstadtring steige von 19 auf 25 Kilometer pro Stunde.

Nötig sei dazu eine neue Ampelanlage an der Einmündung der Bahnhofstraße. Verzichtet werden könne dagegen auf die Ampel am AWO-Zentrum an der Freystädter Straße, wo laut Studie bereits eine Fußgängerampel genügend Sicherheit bringe. Eine weitere Voraussetzung für einen besseren Verkehrsfluss sei ein einheitliches Ampelsteuerungsprogramm, damit es wenigstens teilweise eine sogenannte grüne Welle geben kann. Derzeit werden die sechs Ampeln im Hilpoltsteiner Stadtgebiet noch mit den Signalprogrammen von vier unterschiedlichen Anbietern gesteuert. Beim Staatlichen Bauamt in Nürnberg, das für die Ampeln zuständig ist, sei hier ein Handlungsbedarf bereits erkannt worden, so Mahl.

Eine weitere Empfehlung der Verkehrsplanerin ist eine neue Fußgängerampel auf Höhe des Edeka-Supermarktes in der Allersberger Straße. Diese könnte hier nicht nur die Sicherheit für Fußgänger erhöhen, sondern auch als sogenannte "Pförtnerampel" dienen. Bei einem Stau auf der Autobahn würden damit nur so viele Fahrzeuge aus Richtung Allersberg in die Hilpoltsteiner Innenstadt gelassen, wie der Altstadtring ohne größere Behinderungen aufnehmen kann. Ob eine solche "Pförtnerampel" gewünscht ist, bei der die Autoschlangen auf die Straße zum Rothsee verlagert werden, müsse aber der Stadtrat entscheiden.

Eine gute Idee für die Zukunft, um den Verkehr in Hilpoltstein zu verringern, ist laut Günther auch eine Verlegung der Autobahn-Umleitung über Rohr und Meckenhausen nach Sindersdorf, wenn auf dieser Strecke in einigen Jahren die geplanten Umgehungen gebaut sind. Geprüft werden soll von der Stadt auch der Sinn eines Tempo-30-Gebots am Altstadtring oder eines Nachtfahrverbots für Lastwagen. Weitere Optionen sind laut Studie die Verringerung des Pendlerverkehrs durch einen besseren öffentlichen Nahverkehr oder die Einrichtung von Stadtbussen für Schulkinder, um die vielen Fahrten der Eltern zu den Schulen überflüssig zu machen. "Da kann man verschiedene Konzepte anstoßen", so Günther.

Ähnlich vage blieb die Verkehrsplanerin auch, was die schwierige Verkehrssituation am Nopotel angeht, wo es anhand der Rechenmodelle quasi unmöglich ist, aus dem Einkaufszentrum auf den Altstadtring einzubiegen. "Da müsste man sich ein Erschließungskonzept überlegen, wie man das lösen kann", sagte Günther zum sichtbaren Entsetzen einiger Stadtratsmitglieder, die sich aus der 25 000 Euro teuren Studie eigentlich konkrete Antworten auf solche Fragen erhofft hatten. Immerhin stehe man hier schon im Kontakt mit dem Staatlichen Bauamt, schob Bürgermeister Mahl nach.

Seine Enttäuschung über die Präsentation brachte zunächst Benny Beringer als Fraktionssprecher der SPD zum Ausdruck. "Wir hatten uns teilweise etwas anderes vorgestellt", sagte er. Erfreut hätten ihn hingegen die Verbesserungsmöglichkeiten in vielen Bereichen, so dass sich die Verkehrssituation in Hilpoltstein nicht wie oft behauptet als Schreckensszenario darstellt.

"Der Verkehr ist wie ein Puzzle - da müssen alle Dinge zusammenpassen, sonst ergibt es kein Ganzes", sagte Ulla Dietzel (CSU). Deshalb müsse neben den Autos und Lastwagen auch die Verkehrssituation für Radfahrer und Fußgänger betrachtet werden, um Hilpoltstein zukunftsfähig zu machen, mahnte sie. "Ich sehe hier keine Erleichterung für die Anwohner", kritisierte Michael Greiner (Freie Wähler) die vorgestellte Studie. Er setze zwar auf das Staatliche Bauamt, damit Verbesserungen bei den Hilpoltsteiner Ampeln kommen. "Aber nächste Schritte müssen folgen", sagte Greiner und zeigte sich damit in seltener Einigkeit mit Benny Beringer, der zuvor einen "Teil drei, Teil vier und Teil fünf" des Verkehrskonzepts gefordert hatte.

Damit hat dann aber das Ingenieurbüro Inver nichts mehr zu tun. Dessen Auftrag ist damit erledigt, wie Bürgermeister Markus Mahl bereits vor dem Vortrag erklärte. Für die Hilpoltsteiner Stadtverwaltung und den Stadtrat gehe die Arbeit dagegen jetzt erst los. "Und da bleibt es uns überlassen, welche Schwerpunkte wir künftig setzen", so Mahl.