Hilpoltstein
Überschüsse vermeiden statt einlagern

BDM gibt im Landwirtschaftszentrum Startschuss für Kampagne Verärgerter Hausherr

13.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:58 Uhr

Die Lokalpolitiker versammeln sich alle um die Kuh "Faironika" und bekunden so ihre Zustimmung. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Roth (HK) Die EU als größter Milcherzeuger der Welt sollte ihre Marktmacht so einsetzen, dass auch die Produzenten des Nahrungsmittels etwas davon haben. Das fordert der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM), der bundesweit Unterschriften für sein Anliegen sammelt.

Bei einem Infoabend trugen sich im Landwirtschaftszentrum auch Landrat Herbert Eckstein und Kommunalpolitiker ein. Hinter das Anliegen des Verbandes stellten sich neben ihm auch Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl sowie etliche Vizerathauschefs der Gemeinden. Sie alle versammelten sich um die Kuh "Faironika" und bekundeten so ihre Zustimmung. Namentlich waren dies Ursula Klobe (Thalmässing), Dieter Knedlik (Heideck), Klaus Popp (Rohr), Hans Raithel (Roth), Georg Schiffermüller (Georgensgmünd), Klaus Vogel (Wendelstein) und Hans Zeiner (Abenberg).

Das Zeichen der Solidarität kommt gerade richtig. Denn man befinde sich derzeit "in der größten Milchkrise aller Zeiten", wie Johannes Pfaller sagte, seines Zeichens Bundesbeiratsvorsitzender des Verbands. Im Kreisverband steht dem Haager als Vorsitzenden Manfred Gilch aus Pierheim zur Seite, der auch den Landesvorsitz innehat. Auf getrennten Veranstaltungen haben beide seit geraumer Zeit die Werbetrommel für die Kampagne gerührt. In Roth warben sie nun gemeinsam für ihr Anliegen.

Dem Verband ist vor allem eines ein großer Dorn im Auge: Das "Evangelium des freien Marktes, dessen frohe Botschaft wir nie hören werden", so Pfaller. Denn es gäbe sie schlichtweg nicht. Die Hoffnung auf aufkeimende Exportmärkte wie China zu setzen, sei trügerisch. Dort wachse zwar die Nachfrage, aber eben auch die Produktion der Milch zur Selbstversorgung. Die Ausfuhr nach Afrika sei sogar richtig verheerend, weil gerade durch sie das Problem der Unterernährung noch gesteigert wird. "Milchexporte schaffen Hunger" hieß etwa eine Schlagzeile zur Misereor-Ernährungskonferenz im vergangenen Jahr.

Die in BDM-Augen falsche Ideologie des freien Marktes fordere auch hierzulande ein hohes Opfer: Allein in Deutschland hätten die Landwirte in den letzten zwei Jahren über sieben Milliarden Euro an Milchgeld verloren. Der niedrige Milchpreis verführe dazu, mit gesteigerter Produktion "sich aus der Krise zu melken" zu wollen, so Pfaller. Aus Sicht des Einzelnen sei dies verständlich, der Fehler läge aber im System. Denn die Übermengen erhöhten den Preisdruck nur noch und die getätigten Investitionen stürzten die Betriebe in immer größere Verschuldung. Auch das Einlagern von Milchpulver und Butter sei nicht hilfreich. "Ein Markt ohne Regeln landet zwangsläufig im Chaos", so Pfaller. Die derzeit diskutierten Lösungsansätze wie eine Molkereiquote seien wenig zielführend. Wirkliche Abhilfe könne nur die Vermeidung der Überschüsse schaffen. Wer heute noch behaupte, dass Mengenreduzierung keine Lösung sei, "der hat die Marktwirtschaft nicht verstanden".

Allerdings wolle der BDM nicht zurück zur Quote, sondern verfolge einen weitaus effizienteren Ansatz: das sogenannte Marktverantwortungsprogramm, so Pfaller. Es stellt die Optimierung eines Sicherheitsnetzes dar, das es ohnehin schon gibt. Etwa durch ein Frühwarnsystem, das ab einer gewissen Mengenschwelle zur Lagerung verpflichtet. Kommt es zur Krise, ist eine Entschädigung der Landwirte für die Minderproduktion vorgesehen. Der rechtliche Rahmen für ein solches System, das europaweit greifen müsste, "wäre in wenigen Wochen umsetzbar", so hat es laut Kreischef Gilch die EU-Kommission selbst signalisiert.

Zweifel daran, dass die Politik in Europa zu einer wie auch immer gearteten Mengenregelung zurückfindet, äußerte Werner Wolf, Leiter des Landwirtschaftszentrums. Pfaller warf ihm darauf hin Demotivation vor und vergriff sich allerdings im Ton, so dass der Hausherr prompt den Saal verließ. Der Landrat selbst suchte zu vermitteln und empfahl dem Hauptredner "den Griff zum Telefonhörer", um die Sache wieder zu bereinigen.

An Ecksteins Solidarität mit der Kampagne ändert das alles nichts. Er trug sich als Erster in die Liste ein. Mit ihr fordert der BDM ein Ende der Blockadehaltung gegenüber Maßnahmen zur Anpassung "der EU-Milchanlieferung an die reale Nachfrage." Denn Vorstöße zur Mengenregulierung gäbe es immer wieder, erst jüngst aus Frankreich. Doch sie würden von Deutschland nicht unterstützt, bedauert man seitens des Verbands.