Hilpoltstein
"Ein Glücksfall für Hilpoltstein"

Das "Untere Brauhaus" bietet Reste der ersten vollständig ausgegrabenen Brauerei Europas der frühen Neuzeit

06.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:51 Uhr

Ein Blick ins Museum "Schwarzes Roß": Feuerung und Asche des Sudkessels sind seit über 130 Jahren erhalten, der Kessel ist rekonstruiert. In der Hilpoltsteiner Innenstadt gibt es Reste des "Unteren Brauhauses", einer der ältesten Brauereien Bayerns. - Foto: Wittmann

Hilpoltstein (HK) Das "Untere Brauhaus", das es einst in Hilpoltstein gegeben hat, gilt nicht nur als eine der ältesten Brauereien Bayerns, sondern ist auch die erste vollständig ausgegrabene Brauerei Europas der frühen Neuzeit. Reste der Anlage gibt es im Keller des Museums "Schwarzes Roß" zu sehen.

"Dass es auf dem Areal des Schwarzen Roß eine Brauerei gegeben haben muss, war aufgrund der Schriftquellen klar", sagt Thomas Platz, promovierter Mittelalterarchäologe und gebürtiger Hilpoltsteiner. Unklar sei nur gewesen, ob und inwieweit die Brauerei erhalten ist. Vor rund zwei Jahrzehnten wurden schließlich die Reste des "Unteren Brauhauses" entdeckt, nämlich bei den Bodenarbeiten von Bauherr Walter Mehl für das heutige Anwesen.

"Wir sind dann relativ schnell auf Reste der Brauerei gestoßen, die zum Erstaunen aller noch sehr gut erhalten waren", sagt Thomas Platz, der die Ausgrabungen begleitete. Hier sei etwas Historisches gelungen, nämlich die erste vollständig ausgegrabene Brauerei der frühen Neuzeit in Europa. "Im Keller des Museums Schwarzes Roß sind Reste des ehemaligen Sudhauses, der historische Stadel wurde einst als Malzhaus genutzt, im Erdgeschoss unter den heutigen Fremdenzimmern befand sich die Gärkammer und im Boden waren Lagerkeller eingebaut", sagt Platz.

Im Museum steht heute ein nachgebauter Braukessel für Bier und eine Destille zur Herstellung von Bierschnaps. Die Unterbauten des Kessels mit den Feuerungen sind zu großen Teilen erhalten. Die Asche darunter ist knappe 150 Jahre alt. Außerdem gibt es einen Behälter zum Anfachen der Holzkohle für die Feuerungen zu sehen. Und die Fassungen eines Bottichs, der beim Abläutern der Würze gebraucht wurde.

"Es ist ein Glücksfall, dass wir hier in Hilpoltstein die Reste einer der ältesten Brauereien Bayerns haben", sagt Peter Hagenmaier, Museumsleiter im "Schwarzen Roß". Das "Untere Brauhaus" habe bis ungefähr 1880 existiert. Erhalten sind unter anderem noch ein Kohlenkasten zum Anfachen der Holzkohle für den Sudkessel und ein rund acht Meter tiefer Brunnen zur Brauwasserförderung. Ein Braukessel und eine Schnapsdestille wurden nachgebaut. "Selbst wenn nicht mehr alles in seinem ursprünglichen Zustand ist - man bekommt einen guten Eindruck davon, wie das Bierbrauen einst ausgeschaut hat", erzählt Hagenmaier. "Auch welche großen Mengen für damalige Verhältnisse schon produziert wurden. Ein Sud brachte immerhin 1800 Liter. Die Herstellung dauerte natürlich länger."

Bereits im 15. Jahrhundert hatten bürgerliche Hausbesitzer technische Anlagen ins Haus eingebaut. Ob es sich schon um Vorboten der Brauerei handelte, könne nicht sicher festgelegt werden, so Hagenmeier. Aufzeichnungen über Brauereien in Hilpoltstein gebe es seit dem 16. Jahrhundert. So existierten drei Brauereien, das "Obere" und das "Untere" Brauhaus und das Brauhaus des "Lienhart Payr". Das "Untere Brauhaus" wird erstmals 1542 urkundlich erwähnt.

1617 wurde das Brauhaus von der "gemeinen Gesellschaft des Weyßpierbreuwerks" gekauft. Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges bedeuteten den wirtschaftlichen Ruin. Von dieser Genossenschaft haben sich aber die Rechnungsbücher im Stadtarchiv erhalten. Um Hilpoltstein herum entstanden zur Kühlung des Bieres große Sommerkeller in den Sandsteinfelsen. Davon ist aber nur noch der Kreuzwirtskeller erhalten.

Ab dem späten 19. Jahrhundert begann der Niedergang der Brauereien in Hilpoltstein, so auch im Unteren Brauhaus. Grund dafür war die Verlegung der großen Handelsstraße von Nürnberg nach München, die zuvor durch die Burgstadt geführt hatte.

"Bier hatte, als beispielsweise das Untere Brauhaus noch gebraut hat, eine riesige Bedeutung und war ein großer Wirtschaftsfaktor", sagt Hagenmeier. 75 Prozent der Einnahmen der Stadt kamen aus der Biersteuer. Großen Einfluss hatte die ehemalige Handelsstraße. "Viele Handelsleute sind auf der Durchreise oder nach Feierabend in eines der vielen Wirtshäuser eingekehrt", sagt er.

Besonders beliebt sei im "Unteren Brauhaus" auch der Bierschnaps gewesen, der weniger als Genussmittel, sondern als Medizin galt. Welche Bedeutung Bier früher hatte und wie aufwendig gebraut wurde, könne man sich heute gar nicht mehr richtig vorstellen, so Hagenmeier. "Gut, dass wir in Hilpoltstein zumindest Reste einer so alten Brauerei haben."