Hilpoltstein
Rätselhafte Baureste in der Landschaft

Kreisheimatpflegerin Eva Schultheiß erklärt die einst geplante Mindorf-Linie des Rhein-Main-Donau-Kanals bei Pyras

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Rätselhafte Baureste nördlich von Pyras: Die alten Brückenpfeiler sind Überreste einer geplanten, aber nie gebauten Kanallinie. - Foto: oh

Hilpoltstein/Pyras (evs) Was es mit den rätselhaften Bauresten nördlich von Pyras auf sich hat, das hat Kreisheimatpflegerin Eva Schultheiß bei einer Führung im Rahmen des heimatkundlichen Jahresthemas erklärt.

Unter dem Motto „Maschinen statt Muskeln“ werden verschiedene Denkmäler der Industrialisierung und Technisierung vorgestellt. Schon um das Jahr 793 sei zum ersten Mal versucht worden, die europäische Hauptwasserscheide, die sich durch unsere Region zieht, für den Schiffsverkehr zu überwinden. Karl dem Großen sei es dabei schon gelungen, mit einem Kanal und einer mit schiefen Ebenen verbundenen Weiherkette südlich von Weißenburg die Altmühl mit der Schwäbischen Rezat zu verbinden.

Von 1836 bis 1845 habe dann der Ludwig-Donau-Main-Kanal die Wasserscheide überwunden. Allerdings entsprach dieses Bauwerk wegen der vielen Schleusen, der neuen, leistungsfähigen Eisenbahn und der geringen Tragfähigkeit der Schiffe bald nicht mehr den Anforderungen. 1921 wurde folglich die Rhein-Main-Donau-AG mit dem Ziel gegründet, eine große Wasserstraße zu errichten. Um die Wasserscheide bei Hilpoltstein zu überwinden, waren auf der Trasse südlich der Stadt – also bei Pyras und Mindorf – insgesamt fünf Schleusen geplant. Aber erst, als 1938 die Autobahn Nürnberg-München fertig war, begannen die Arbeiter mit dem Kanalbau.

Der Verlauf wurde eingemessen und in der Landschaft markiert, der Minbach bei Pyras wurde unter einen längeren Durchlass verlegt. Da die Landstraße von Pyras nach Mindorf über den Kanal geführt werden musste, wurden Brückenpfeiler betoniert und zum Teil mit Natursteinen verblendet. Diese Baureste sind noch heute in einer Wiese gut zu sehen. Eine virtuelle Rekonstruktion auf der 2004 hier aufgestellten Informationstafel veranschaulicht das Projekt den Besuchern. Erstellt wurde die Tafel damals vom ehemaligen Kreisheimatpfleger Ernst Wurdak aus Hilpoltstein, von Hans Trögl und der Familie Schultheiß.

Auch bei Hofstetten und am Kränzleinsberg sind noch Spuren der Arbeiten am Rhein-Main-Donau-Kanal zu entdecken. Eva Schultheiß hatte vergrößerte Fotos dabei, die eine noch bestehende Laderampe an der Gredl-Trasse zeigen und im Wald nordöstlich der Schweizermühle eine lange Reihe von Randsteinen aus Granit, die für den Kanalbau bereits angeliefert waren. Zwei Fischweiher bei Mindorf zeugen von einer Kanal-Versuchsfläche, bei der Erfahrungen für das Abdichten gesammelt werden sollten.

Eingestellt wurden die Arbeiten, weil die Bauarbeiter zu Beginn des Zweiten Weltkriegs und ab 1942 auch die für sie eingesetzten Zwangsarbeiter in Nürnberg für die Industrie benötigt wurden. In den 1960er Jahren wurde schließlich die sogenannte Mindorf-Linie des Kanals aufgegeben. Der Main-Donau-Kanal bewältigt den Anstieg jetzt mit zwei sehr hohen Schleusen auf dem kürzeren Weg nördlich von Hilpoltstein.