Hilpoltstein
Ökobildung mit Spaß

Die Umweltstation am Rothsee verzichtet auf moralischen Zeigefinger – Aushängeschild des LBV

18.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

Mit einem Gang über die Wackelbrücke beginnt jede Führung an der LBV-Umweltstation am Rothsee. Denn Umweltbildung muss Spaß machen, findet Lena Buckreus (rechts). 30 000 Besucher pro Jahr bestätigen das Konzept. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein (HK) Die Umweltstation am Rothsee ist die jüngste ihrer Art und gilt als echtes Aushängeschild des Landesbundes für Vogelschutz. Geleitet wird sie von Lena Buckreus, geborene Hauselt. Vor einem Jahr hat sie geheiratet, ihr Mann arbeitet in der Autoindustrie. Eine Konstellation, die zeigt, dass Umweltbildung und Mobilität kein Gegensatzpaar sein muss.

 

Für Gesprächsstoff ist beim Essenstisch im Hause Buckreus gesorgt. Etwa wenn die Umweltpädagogin von ihrem Ehemann von den Summen für diverse Marketingaktionen erfährt und dabei an ihren eigenen schmalen Etat denken muss. So wird die gesellschaftliche Diskussion mitten an den Abendbrottisch verlagert. Für die Arbeit der Stationschefin leistet das wertvolle Dienste. Denn in der Umweltstation soll eben kein moralisch-ökologischer Zeigefinger erhoben werden. „Kinder und Erwachsene sollen für sich etwas mitnehmen können“, so Buckreus. Denn „was man nicht kennt, das schätzt und schützt man nicht“, erklärt sie den pädagogischen Ansatz.

Der wird hier ganz spielerisch umgesetzt. „Wir können viel von der und über die Natur lernen“. Das erklärt Buckreus zu Beginn einer Führung, bei der es erst einmal über eine Wackelbrücke geht. Denn der Spaß soll auf gar keinen Fall zu kurz kommen. Dann packt die 30-Jährige die Taucherflossen aus und veranschaulicht recht plastisch die Fortbewegungsart der Enten. Mit Haushaltssieben lässt sie die Kinder den Siebschnabel der Wasservögel imitieren, was bei allen sehr gut klappt. „Du bist eine gute Ente“, lobt Buckreus ein Mädchen, bevor sie erklärt, wie Daunenfedern funktionieren. „Gell, das wusstest du nicht“ wendet sich daraufhin ein Mädchen triumphierend an ihre Mutter.

Echte Enten gibt es gerade nicht zu sehen. Denn in der Nähe prescht ein Drachenboot vorbei und lässt die Tiere Deckung suchen. Auch dieses Riesenpaddelboot setzt der LBV für sein Bildungsprogramm ein. Im Solarbackofen, in dem die Buben und Mädchen Schokolade schmelzen lassen und hier gepflückte Pfefferminzblätter eintunken – fertig ist das handgemachte After-Eight-Plätzchen. Sehr gut kommt auch das Keschern im Teich an. Mit der Becherlupe entdecken die Kinder Spitzschlammschnecken und Pferdeegel, Wasserläufer, Larven von Kleinlibellen und Eintagsfliegen. Auch eine Wasserpflaume findet sich im Becher wieder. Ein grausamer Geschlechterkampf tobt im Aquarium nebenan. Mit seinen Scheren schikaniert ein männlicher Krebs sein weibliches Pendant. Das Weibchen hat sich aber schon auf brutale Art gewehrt. In der Häutungsphase zwickte sie dem Männchen die Tatwerkzeuge einfach ab. Natur ist eben beides: grausam und wunderschön.

Und es lohnt sich, sich mit ihr zu beschäftigen. Ein lautes „Ja!“ hallt Buckreus deswegen auch entgegen, als sie fragt, wie die Führung gefallen hat. „Ich habe den besten Job der Welt!“ schwärmt die Stationschefin aus Roth. Schon in der Schule hat sie beschlossen: „Ich will niemals einen Bürojob.“ Sondern mit jungen Menschen arbeiten. Deshalb studiert sie Pädagogik. Beim LBV macht sie erst ein Praktikum, arbeitet später als Honorarkraft. Nach dem Studium steigt sie 2009 richtig im Referat Umweltbildung ein.

Dann ergibt sich über das Konjunkturpaket eine einmalige Chance: Das über eine Million Euro schwere Projekt „Umweltstation am Rothsee“ wird 2011 verwirklicht. Buckreus hat sie maßgeblich mit aufgebaut. In Kooperation mit Birgit Feldmann, die die elf bayerischen Umweltstationen des LBV koordiniert.

Die neueste Station aber steht am Rothsee. Von Mai bis Oktober ist sie täglich geöffnet. Einen Schwerpunkt bilden die Führungen, die immer wieder unter abwechselnden Themenschwerpunkten stehen. Buckreus ist stets offen für neue programmatische Ausrichtung. Das muss die Leiterin auch sein. Denn es gibt nur projektbezogene Förderung – die Gelder fließen nicht von selbst. Aber das Spektrum ist ja auch riesig. Thematisch kann man „von der Ameise bis zum fairen Handel mit Afrika“ buchstäblich aus dem Vollen schöpfen. Und das Thema Inklusion wird hier ebenso beispielhaft wie selbstverständlich mit Leben erfüllt. Der Auhof beispielsweise ist fester Partner. Ein Hochbeet wurde gemeinsam mit Besuchern der dortigen Tagesstätte verwirklicht. Auch mit der betreuten Ganztagesklasse der Hilpoltsteiner Grundschule besteht eine feste Kooperation.

Über 30 000 Besucherkommen jedes Jahr in die Umweltstation. Heuer könnte sich gar ein neuer Rekord einstellen. „Das Angebot spricht sich eben herum“, ist Buckreus zufrieden. Wer im Sommer Führungen mit Schulklassen oder Kindergeburtstage buchen will, sollte sich am besten schon im Februar melden. Gestemmt wird die Umweltstation übrigens durch die Bank von Teilzeitkräften. Auch Buckreus selbst ist auf 32-Stunden-Basis beschäftigt. Im Sommer werden es deutlich mehr – im Winter können die Überstunden abgebaut werden. Zwei Mitarbeiter sind gerade in Elternzeit. Dafür helfen Freiwillige aus, die zum Beispiel ein ökologisches Jahr beim LBV absolvieren. Auch Praktikantinnen sind gerne gesehen – wie Lena Buckreus eine war.