Hilpoltstein
Neue Chancen warten in jedem Alter

Landfrauentag macht Bäuerinnen Mut zur Veränderung Referentin aus Südtirol fordert zu einer gesunden Portion Egoismus auf

19.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

Seit 30 Jahren im Landfrauenchor sind Ingeborg Diehm und Marga Dollheimer (mit Blumen, von links). Für ihr Engagement werden sie von der Kreisbäuerin Annette Götz (rechts) und deren Stellvertreterin Barbara Stürmer geehrt, der Chor singt seinerseits ein Glückwunschlied. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Roth (lkm) Verantwortung zu übernehmen heißt nicht, sich immer noch mehr zu belasten. Im Gegenteil: Man sollte sich Freiräume schaffen, um offen für neue Herausforderungen zu sein. So sah es zumindest die Südtiroler Landtagsabgeordnete Maria Magdalena Hochgruber Kuenzer (SVP) in ihrem Referat beim 46. Landfrauentag in der Rother Stadthalle.

Zunächst aber ergriff die Kreisbäuerin Annette Götz das Wort. Dass sich die Frauen vom Land ihrer Verantwortung auf richtige Weise sehr wohl bewusst seien, hätten die Wahlen beim Bayerischen Bauernverband auf Kreis- und Ortsebene bewiesen, sagte Götz schon in Anlehnung an das Hauptreferat. Wenngleich es auch nicht immer einfach gewesen sei, Frauen für den Posten einer Ortsbäuerin zu gewinnen. Mit Aktionen wie den "Kindertagen auf dem Bauernhof" oder "Landfrauen machen Schule" wolle man bewusst in die Gesellschaft hineinwirken, so die Kreisbäuerin.

Die Gebietsversammlungen hätten heuer unter dem Motto "Glückliche Familie - erfolgreicher Betrieb" gestanden. Eine solche Veranstaltung stehe noch aus, nämlich an diesem Mittwoch ab 14 Uhr im Gasthaus Pauckner in Offenbau. Gerade bei diesem Thema seien freilich die Männer ebenso eingeladen. Götz verwies auf weitere Veranstaltungen wie Kochvorführungen, Bäderfahrten und Seniorentage. Auch auf Ortsverbandsebene seien die Damen sehr aktiv, organisierten Kräuterwanderungen oder bastelten für Ostern und Weihnachten. "Ihr schaut, dass in den Dörfern etwas passiert", lobte Götz.

Das war auch so ganz nach dem Geschmack der Referentin, die als viertes von 14 Kindern schon früh Leben in der Gemeinschaft und das Übernehmen von Verantwortung lernte. Resultat einer solchen Erfahrung sei oft ein unterschwelliges schlechtes Gewissen nach dem Motto: "Du müsstest . . .". Oft würde den Frauen mit einem Lob einiges abverlangt: "Das kannst nur du", heiße es dann. Da gelte es, Lasten abzuwerfen, bevor man den Karren nicht mehr ziehen könne oder der Arzt die Notbremse zieht. Der Appell der ehemaligen Landesbäuerin: Loslassen, um sich Neuem zuwenden zu können oder den eigenen Traum zu leben. Das habe schon der Universalkünstler Leonardo da Vinci gewusst, der einst aufforderte: "Binde deine Karre an einen Stern!"

Beim Schaffen neuer Freiräume sollten die Frauen bedenken, dass es für das, was sie vor 30 Jahren vorhatten, wohl zu spät sei. In drei Jahrzehnten wiederum werde ihnen das, wovon sie heute träumen, auch nicht mehr möglich sein. Also heiße es jetzt, die Weichen zu stellen, sich "Aufgaben zuzutrauen, damit andere uns vertrauen".

Rechtzeitig beherzigt haben dies übrigens zwei Sängerinnen des Landfrauenchors, der die Veranstaltung umrahmte: Ingeborg Diehm aus Alfershausen und Marga Dollheimer aus Leerstetten. Beide gehören seit 30 Jahren - just der von der Referentin genannten Zeitspanne - dem Chor an, hierfür wurden sie nun geehrt.

Verantwortung zu übernehmen bedeutet laut der Referentin aber nicht nur das eigene Tun oder Lassen, sondern auch das Unterstützen anderer. Wer auf diese Weise Verantwortung übernehme, werde mit reicher Erfahrung und Weisheit belohnt. Neue Chancen gelte es zu ergreifen - "und die gibt es in jedem Alter". Die Referentin appellierte: "Traut euch!" Sie selbst könne nur deshalb auf der Bühne stehen, "weil ich mich ein Leben lang habe trauen müssen".

Für die Landratsstellvertreterin Hannedore Nowotny sprach die Referentin "allen Frauen aus dem Herzen" und für Betty Schmidt sogar "in meine Lebenswirklichkeit hinein". Letztere hat nämlich ihr Amt als Kreisbäuerin des Nürnberger Lands abgegeben und sich so neue Freiräume geschaffen. Der Rother Kreisobmann Thomas Schmidt wusste mit einem Zitat von Papst Johannes XXIII. zu punkten, das auch von echter Verantwortung sprach: "Wir sind nicht auf der Erde, um ein Museum zu hüten, sondern um einen Garten zu pflegen." Ein Grundsatz, dem die Landwirtschaft in besonderem Maße nachkomme.

Er galt wohl aber nicht für einen Balkongärtner, der seinen Biodünger im Zug mitführte, damit seine Mitreisende verärgerte und dessen Fall im "Fränkischen Amtsgericht" behandelt wurde - bei einem Sketch, mit dem die Schauspieler der Weißenburger Luna-Bühne die Landfrauen amüsierten. Zum Ende riet die stellvertretende Kreisbäuerin Barbara Stürmer gar zum Frusteinkauf im Modegeschäft, wenn einem die Verantwortung zu viel wird. Dann brauche man vielleicht "ein neues Nervenkostüm" mit weiten Ärmeln, um aus diesen so einiges herauszuschütteln. Passend dazu vielleicht eine neue "rosa Brille" oder ein "dickes Fell" - und dazu ein paar Geduldsfäden, wenn die eigenen "alle gerissen" sind.