Hilpoltstein
"Ich hätte mich am liebsten vor den Mann mit der Kettensäge gestellt"

LBV-Artenschutzreferent beklagt das Fällen einer alten Weide am Altstadtring Rechtlich korrekt, aber ein Brutplatz für den aktuellen Vogel des Jahres

02.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:45 Uhr

Nur noch der Stumpf ist von der alten Weide zu sehen, die auf dem Parkplatz am Altstadtring gefällt worden ist. - Foto: Laux/LBV

Hilpoltstein (jom) Es ist eine bittere Angelegenheit für den Landesbund für Vogelschutz (LBV): Keine 200 Meter neben der Geschäftsstelle der in Hilpoltstein beheimateten Naturschutzorganisation sind in dieser Woche mehrere Bäume gefällt worden. Darunter auch eine wohl 120 bis 150 Jahre Weide, in der ausgerechnet ein Star brütet - der Vogel des Jahres 2018 für den LBV.

"Ich hab' gedacht, mich trifft der Schlag", sagt Andreas von Lindeiner. Seinen Informationen zufolge hatte der Star seine natürliche Bruthöhle schon seit drei Wochen wieder besetzt. Außerdem habe es im Stumpf ein Hornissennest gegeben, weshalb dieser Baum definitiv als Biotopbaum gegolten habe. Wenn er die Baumfällarbeiten mitbekommen hätte, hätte er sich nach eigenen Worten "am liebsten vor den Mann mit der Kettensäge gestellt", sagt der Artenschutzreferent und stellvertretende Landesgeschäftsführer beim LBV.

Rechtlich gesehen sei die Aktion zwar korrekt gewesen, betont er. Die Höhere Naturschutzbehörde bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach habe dafür die Genehmigung erteilt. Eine ortskundige Mitarbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt, die das Fällen der Bäume verhindern hätte können, sei an diesem Tag wegen eines Todesfalls nicht im Büro gewesen. "Es ist also eine Verkettung unglücklicher Umstände", so von Lindeiner. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass er sich etwas mehr Sensibilität der Grundstückseigentümer gewünscht hätte.

Bei der besagten Fläche handelt es sich um den ehemaligen Grüngutcontainerplatz am Hilpoltsteiner Altstadtring. Seit zwei Jahren gehört dieses Grundstück Franz Hofbeck und Thomas Fritsch, den beiden Geschäftsführern des Heidecker Hospitaltechnik-Unternehmens HT Group. Unter dem Firmennamen "Sturmtor GmbH" erwarben Hofbeck und Fritsch den ehemaligen Sparkassenkomplex an der Christoph-Sturm-Straße, zu dem auch der Parkplatz am Altstadtring gehört. Auf dem Areal in der Innenstadt entstehen ein Hotel und Wohnungen. Die Sparkasse ist mit einer Filiale schon eingezogen. Ein Baustopp, der im vergangenen Jahr verhängt und inzwischen wieder aufgehoben wurde, verzögerte zuletzt die weiteren Arbeiten.

Weil es auf dem Grundstück in der Innenstadt aber nur 21 Stellplätze gibt (11 davon in der Tiefgarage), müssen Hofbeck und Fritsch noch einige weitere Parkplätze entstehen lassen, um die Auflagen der Stadt zu erfüllen. Entsprechend groß ist das Interesse der Investoren, möglichst viele Parkplätze auf dem Grundstück am Altstadtring zu schaffen. Eine Stellungnahme zu den Baumfällarbeiten wollte Franz Hofbeck nicht abgeben. "Es ist alles legal", sagte er lediglich auf Nachfrage unserer Zeitung. "Das Thema ist für mich deshalb erledigt."

Nicht erledigt ist die Angelegenheit dagegen für den LBV, der in Hilpoltstein jetzt eine Debatte über die Einführung einer Baumschutzverordnung anstoßen will. In Neumarkt und Nürnberg gibt es laut von Lindeiner eine solche Verordnung bereits. Hier ist das Fällen von Bäumen ab einem Stammumfang von 80 Zentimetern generell genehmigungspflichtig - auch auf Privatgrund.

Der Hilpoltsteiner Stadtrat hat sich in der Vergangenheit schon mehrmals mit der Einführung einer Baumschutzverordnung beschäftigt, sagt der geschäftsleitende Beamte der Stadt, Herbert Walter. Wegen des Eingriffs in die Rechte von Privatleuten sei die Haltung des Stadtrats bisher aber immer ablehnend gewesen.

Als Ausgleichsmaßnahme für die gefällten Bäume am Altstadtring müssen die Grundstücksbesitzer nun übrigens Nistkästen aufhängen lassen. "Ich weiß aber nicht, wo die hinkommen sollen, wenn keine Bäume mehr stehen", sagt Andreas von Lindeiner.