Hilpoltstein
Küsse und Katharsis in der Residenz

Künstlerduo Pia Morgenthum und Reinhard Bienert stellen in Hilpoltstein aus – Improvisationstanz zur Vernissage

27.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

Improvisationstanz vor dem Kunstwerk „Dialog des Schweigens“: Der Nürnberger Tänzer Oliver Essigmann wird bei der Vernissage in der Residenz von Christopher Scholz an der Bratsche begleitet - Foto: Tschapka

Hilpoltstein (tis) Wieder einmal hat sich die Hilpoltsteiner Residenz als ein Ort der kreativen Vielfalt erwiesen: als Schauplatz einer eindrucksvollen Ausstellung mit dem Titel „Küsse und Katharsis“, konzipiert und erstellt vom Nürnberger Künstlerduo Pia Morgenthum und Reinhard Bienert. Am Samstag ist sie eröffnet worden.

Abstrakte, zumeist großflächige Werke von purer Malerei gibt es dort zu sehen, die entweder vom Künstler oder der Künstlerin alleine oder aber gemeinsam erarbeitet wurden. Letzteres ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal von Morgenthum und Bienert, die ihre Kooperationswerke unter dem Pseudonym „fromm+rein“ präsentieren.

Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl sagte bei der Vernissage zu den zahlreichen Besuchern, dass diese sicher genauso gespannt auf den Inhalt dieser Ausstellung seien wie er selbst. Schließlich handle es sich bei Pia Morgenthum und Reinhard Bienert alias „fromm+rein“ um zwei Künstler mit großer Persönlichkeit und einer eben solchen Schaffenskraft.

An Christoph Raithel von der Residenz war es dann, den Titel „Küsse und Katharsis“ genauer zu beleuchten. Bei den Küssen sei die Sache noch einfach: „Man kann von der Muse geküsst werden, zum Abschied, oder die Mutter küsst ihr Kind“, sagte Raithel. Bei Katharsis habe er dann aber doch erst einmal nachschlagen müssen, und sei bei der Tragödie in der aristotelischen Poetik fündig geworden. „Es bedeutet so viel wie Reinigung oder das Durchlaufen einer Läuterung“, machte Raithel deutlich. Er forderte alle Besucher dazu auf, sich beim später folgenden Rundgang mit den Künstlern den Kopf reinigen zu lassen mit den Werken, die sich losgelöst von der Form befinden würden. „Zwar formgebend, aber eben nicht figürlich“, sagte Raithel.

Bevor es soweit war, gab es einige Improvisationstanzeinlagen des Nürnberger Tänzers Oliver Essigmann zu sehen, der von Christopher Scholz an der Bratsche begleitet wurde. „Der schwebende Stuhl“ hieß der erste Tanz, gefolgt von einer Improvisation zu Bachs erstem Satz der dritten Cello-Suite in C-Dur. Raumgreifend und energisch tanzte Essigmann zu den Bratschenklängen über den Parkettboden, nicht minder abstrakt als die Kunstwerke von Morgenthum und Bienert, die anschließend die Gäste durch die Residenz führten und dabei ihre Kunst erläuterten. So erklärte Bienert, gelernter Grafikdesigner, in einem der Räume seinen Zyklus „Unterholz“, in dem er in überwiegend schwarz-weißen Tönen das Wachsen und Gedeihen darstellen wollte, zu dem er unter anderem durch die Worte „Stirb und Werde“ von Johann Wolfgang von Goethe inspiriert worden sei.

Die Gruppe um Pia Morgenthum machte derweil Station im Hochzeitsraum, in dem passenderweise eines der ersten gemeinsamen Werke von „fromm+rein“ hing, in dem sich die beiden zum Teil gegenseitig übermalt hatten. „Das gab durchaus Anlass zum Beziehungsdrama, aber das hat zum Glück nicht lange angehalten“, erklärte Morgenthum die Entstehungsgeschichte des großflächigen Werks mit dem ebenfalls zum Hochzeitszimmer passenden Namen „Orgiastische Verbindung“.

Im gleichen Raum befand sich auch das Werk „Wie man sich bettet, so liegt man“ – 20 Kissen mit Acrylarbeiten auf Leinwand. Wer musste an diesem Ort bei diesem Anblick nicht an eine Hochzeitsnacht denken? Das jüngste gemeinsam geschaffene Werk mit dem Titel „Dialog des Schweigens“ befindet sich im Festsaal. Es besteht aus insgesamt 36 Teilen in kontrastreichem Schwarz-weiß und ist laut Bienert erst vor wenigen Monaten entstanden.

Egal ob gemeinsam gemalt oder alleine, alle der gezeigten Werke in den acht Räumen der Residenz, wovon jeder als eine in sich geschlossene Ausstellung konzipiert wurde, faszinieren und geben gleichzeitig Rätsel auf. Die angewandten Techniken reichen vom klassischen Acrylbild, zur Acrylcollage, von Papierarbeiten über Kreidezeichnungen auf Forex bis zur plastisch in den Raum gebrachten Installation. Zu sehen und zu kaufen sind die Werke von Pia Morgenthum und Reinhard Bienert noch bis zum 27. September.