Hilpoltstein
Große gemeinsame Herausforderungen

Einstiger EU-Quästor Ingo Friedrich zu Gast beim Neujahrsempfang der CSU in Hilpoltstein

22.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Ingo Friedrich will europäische Obergrenzen für Flüchtlinge. Hier im Gespräch mit Daniel Nagl, dem Vorsitzenden der Jungen Union im Kreis, und Christian Doleschal vom Bezirk Oberpfalz. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein (lkm) Die in der Tanzschule Pietzner beim CSU-Neujahrsempfang gereichten Weißwürste waren von bester Qualität, trotzdem bekannte die Ortsvorsitzende der Christsozialen schon in der Begrüßung ihr Unwohlsein. Ulla Dietzel verriet auch gleich den Grund hierfür: "Europa bereitet mit derzeit Magenschmerzen."

Dietzel tat offen ihr Missfallen über das Gehabe des neuen amerikanischen Präsidenten kund, der Europa schon zerfallen sehe. Dem widersprach die Vorsitzende vehement und pries im Gegenzug den Frieden als größtes Gut einer europäischen Gemeinschaft, die für Dialog und Verständnis einstehe. Die lange Friedenszeit sei "ein großes Privileg", so Dietzel unter Beifall. Das Erfolgsrezept des neuen starken Manns dort sei ein gefährliches: "Mit einfachen Lösungen fängt man einfache Menschen." Einer komplexen Wirklichkeit werde dies nicht gerecht.

Ganz im Gegenteil bekundete Ingo Friedrich: "Die Realität verlangt nach Europa!" Die Probleme seien auf nationalstaatlicher Ebene alleine nicht mehr zu lösen, so der EU-Quästor a.D. Das Zusammenfinden der Länder des Kontinents sei aber auch ein schwerer Lernprozess, weil es nun eben "mehrere Gemeinwohle" gebe. Alleingänge empfehlen sich hier nicht mehr. Das sagte Friedrich auch an die Adresse der Bundeskanzlerin. "Bei der Energiewende wäre es besser gewesen, wenn Angela sich mit den anderen abgestimmt hätte." Auch die Verschuldung der Staaten sei ein großes Problem. Aber seitens der EZB habe man ihm "im Keller nach dem vierten Glas Wein" verraten: "Wir können Schulden vernichten, aber man darf nicht darüber reden." Der Privatmann, so der einstige EU-Quästor, sei von solchen Ablässen aber ausgenommen. Ein Grexit stehe damit nicht zur Debatte und die Erfahrungen des Brexit wiederum würden Mitglieder am Austritt aus der Europäischen Union hindern.

In der Podiumsrunde zeigte sich auch Christian Doleschal zuversichtlich, dass der Staatengemeinschaft "trotz einer erstarkenden Rechten" eine gute Zukunft beschieden sei. Er selbst ist Bezirksvorsitzender der Jungen Union in der Oberpfalz, der wiederum auf Rother Kreisebene Daniel Nagl vorsteht, der die Runde moderierte. Und wissen wollte, wie denn im Nachbarbezirk der Begriff "Europa" belegt sei. Prinzipiell positiv, aber es missfalle in einigen Bereichen die Umsetzung, so die Antwort. Und es herrsche der Eindruck, dass die dortigen "politischen Eliten" und die Bürger "zweierlei Sprachen" redeten. Das Politdeutsch in Brüssel sei aber gerade wegen der Komplexität der Rechtslage nötig, relativierte Friedrich. Wie Doleschal wünschte er sich aber auch eine "Konstruktentflechtung" der Regelungen. Aber es gebe in der Tat große gemeinschaftliche Herausforderungen: eine gemeinsame Verteidigungspolitik oder die Zusammenarbeit der Geheimdienste. Zur wirksamen Bekämpfung des radikalen Islamismus sei das unabdingbar. Wenn Trump diesbezüglich "zuschlägt, hat er meine Unterstützung".

Eigentlich sei es auch Zeit für eine gemeinsame europäische Außenpolitik, so ein Besucher. Doch da gelte es, "kleine Brötchen backen", erwiderte der Ex-Quästor. Unter dem Druck aus den USA und aufgrund des Ausscherens der Briten gehe es aber vielleicht auch schneller als erhofft. Bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei tendierte Friedrich dazu, sie nicht abzubrechen, denn sonst geschähe in jenem Land "noch mehr Blödsinn" und es drohe ein Abwandern ins "islamische Lager". Friedrich sprach sich für eine "europäische Begrenzung der Flüchtlingszahlen" aus. Jene, die mit ihren Booten an den Küsten auftauchten, müssten gerettet, dann aber in ihre Heimatländer zurückgebracht werden. Dort wiederum gelte es (ruhig auf Kosten der EU) Zeltstädte zu errichten. Wenn der Sog in Richtung Norden weiter anhalte, müsse "eine Art Grenze um Europa gemacht werden".

Keine einfachen Worte, wenn man sie den geistlichen Gedanken des Gredinger Kaplans Dominik Pillmayer vom Beginn des Empfangs gegenüberstellt. Er hatte dazu aufgerufen, die eigene Lebenszeit in Bleibendes zu investieren wie etwa "in wahre Menschlichkeit". Auf die Frage nach ihr fand CSU-Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter Volker Bauer einen eigenen Ansatz. Es gelte in Bayern, die starke Wirtschaft zu erhalten, um mit ihr im Rücken soziale Gerechtigkeit walten lassen zu können. Überdies habe man im Freistaat sowohl die Schulden wie auch die Jugendarbeitslosigkeit getilgt. Bauer schloss mit einem Appell an Zeitzeugen, mit denen die Christsozialen heuer verstärkt das Gespräch suchen wollten. Um so an eine Zeit zu erinnern, als es in Europa nicht friedlich war.