Hilpoltstein
Der Mensch im Mittelpunkt

Auhof-Gärtnerei ist weit mehr als nur ein Wirtschaftsbetrieb Arbeit passt sich Beschäftigten an

07.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:59 Uhr

Stark im Team: Der Auhof-Lehrling Riccarda Frahm und Werner Schindler topfen gemeinsam im Gewächshaus Gottesaugen ein.

Hilpoltstein (HK) In seiner Gartenserie will der Hilpoltsteiner Kurier Lust machen auf die bevorstehende Freiluftsaison. Im zweiten Teil stellen wir die Auhof-Gärtnerei vor.

Eine, die hier ein berufliches Zuhause gefunden hat, ist die 27-jährige Maria Karch aus Kaising. Schon in aller Frühe setzt sie sich jeden Tag in den Schulbus, fährt durch den halben Landkreis bis zur Behinderteinrichtung Auhof. Als es vor Jahren darum ging, nach der Comeniusschule eine Beschäftigung zu finden, absolvierte sie einige Praktika im Auhof. Sie stellte schnell fest: "Eine sitzende Tätigkeit ist nichts für mich."

Am besten gefiel es ihr in der Gärtnerei: wegen der frischen Luft, der netten Kollegen und der Abwechslung. Sie ist jetzt Chefin der Salatpflanzen. Die Auhof-Gärtner schreiben ihr einen Zettel, damit sie weiß, welche Salatpflanzen wo gesetzt werden, und dann legt sie los. "Das macht Spaß, sonst würde ich es nicht machen", sagt sie.

Im Auhof wird die Arbeit an die Menschen mit Einschränkungen angepasst - und nicht umgekehrt. "Wir haben zum Beispiel keine Topfmaschine", erklärt die Gärtnermeisterin Diana Treutlein. Wer die bediene, müsse fit und stressbelastbar sein. Das treffe auf viele Beschäftigte im Auhof eben nicht zu. Deshalb füllen sie die Töpfe per Hand mit frischer Erde und können so ihr eigenes Arbeitstempo bestimmen.

Das weiß auch Werner Schindler aus Allersberg zu schätzen. Nach einem Schlaganfall konnte er nicht mehr an seinen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft zurückkehren. "Für den ersten Arbeitsmarkt bin ich zu krank und für die Behindertenwerkstatt zu gesund", stellt er fest. "Jetzt bin ich hier in Beschäftigungstherapie und es macht Spaß." Er füllt Töpfe mit Erde, richtet auf der Freifläche Beete her, pikiert Pflanzen - gerade sind die Gottesaugen an der Reihe. "Ich mache alles, was so anfällt."

Die gärtnerische Bandbreite im Auhof ist riesig. In den fast 3000 Quadratmetern großen Gewächshäusern und auf einem Hektar Acker wächst alles, was das Herz begehrt: Blumen für Balkon, Garten und Friedhof. Das reicht von Stiefmütterchen, Gänseblümchen und Narzissen bis zu Geranien, Eisbegonien, Verbenen, Gräsern und Zauberschnee.

Nicht nur für das Auge, auch für den Gaumen wird im Auhof gegärtnert. Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Lauch, Sellerie gibt es genauso wie Karotten und Salate. Das Gemüse geht in die Auhof-Küche, an Restaurants und in den Verkauf, unter anderem an Privatkunden. Die Zahl derer, die direkt in der Gärtnerei einkaufen, werde immer größer, hat die Gärtnerin Verena Harrer festgestellt. Zurzeit entsteht zudem ein etwa hundert Quadratmeter großes Verkaufsgewächshaus, in dem nicht nur Pflanzen und Gemüse angeboten werden, sondern auch Auhof-Produkte aus Schreinerei und Töpferei. Das Gewächshaus soll bis zum Tag der offenen Gärtnerei am 23. April fertig sein. Dann könne man die vielen Waren besser präsentieren.

"Natürlich sind wir auch ein Wirtschaftsbetrieb und müssen schauen, dass der Laden läuft", erklärt Verena Harrer. Im Mittelpunkt stünden aber die Menschen mit Behinderungen: "Manche von ihnen sind wie kleine Kinder", erzählt Harrer. Sie bräuchten eben eine entsprechend intensive Betreuung.

Grundsätzliches Ziel sei aber, die Beschäftigten, zurzeit sind es 28, in der freien Marktwirtschaft unterzubringen. Dafür gibt es Jahresgespräche, in denen abgefragt wird, welche Tätigkeiten sie gerne ausüben und was sie noch dazulernen möchten. Sage beispielsweise jemand, dass er gerne in den Verkauf einsteigen wolle, wird geübt: Denn der Beschäftigte muss die Pflanzennamen kennen, freundlich zu Kunden sein und sich auf dem Gelände auskennen. Einige der fitteren Beschäftigten haben sogar schon Praktika außerhalb des Auhofs absolviert, zum Beispiel in einem Altenheim in Greding.

Für Schwächere gelten einfachere Ziele, beispielsweise bei Regen Jacke und Stiefel anzuziehen und Ordnung am Arbeitsplatz zu halten. Die Auhof-Gärtnerei bildet auch sogenannte Werkerlehrlinge im Gartenbau aus. Das ist eine Chance für junge Leute, die sich in Regelbetrieben nur schwer behaupten können.

"Gerade die Arbeit mit Behinderten ist so spannend und interessant", sagt Verena Harrer. Ihre Kollegin Diana Treutlein hat sich genau deswegen beim Auhof beworben. "Ich habe einen behinderten Bruder und wollte mehr über behinderte Menschen lernen", erzählt die Gärtnermeisterin. "Für mich war das die richtige Entscheidung. Ich kann einen handwerklichen Beruf mit sozialem Hintergrund ausüben."