Hilpoltstein
Letzter Sturm aufs Rathaus

Lohbachlerchen beenden Faschingsgaudi Beim Jubiläumsauftritt blicken sie auf 20 Jahre zurück

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Foto: Monika Meyer

Hilpoltstein (HK) "Mit dem Hip-o-Lino kommen wir", sangen die Lohbachlerchen 1999 bei ihrem ersten Rathaussturm in Hilpoltstein. Heuer feiern sie Jubiläum - und machen Schluss. Zumindest mit dem Rathaussturm. Am 9. Februar zeigen sie noch einmal das Beste aus 20 Jahren freche Schnäbel.

Wie das Programm mit dem Titel "Wer weiß denn das noch" genau aussehen wird, verraten die berühmten Lerchen noch nicht, vieles wird erst kurz vor dem Auftritt festgezurrt. Sicher ist nur, dass die sangesfreudigen Frauen wieder mit dem Hip-o-Lino kommen werden. Das war 1999 der Bus, der die Ortsteile mit Hilpoltstein verbunden hat, aber mangels Fahrgästen wieder eingestellt wurde. "Mit dem Hip-o-Lino kommen wir, denn wir wohnen gar nicht weit von hier, tun die Einkaufstaschen schwingen, wollen viel nach Hause bringen", sangen die frechen Vögel damals zur Westernmelodie "Von den blauen Bergen kommen wir".

Es war der erste Rathaussturm und der erste große Auftritt des Ensembles, das damals noch keinen Namen hatte. Der Hilpoltsteiner Kurier berichtete von einer "Damengruppe", die Hilpoltsteins Machtzentrale erobert habe. "Wir waren noch in der Findungsphase", sagt Elisabeth Dietz, eine der Gründungslerchen.

1998 übernahm die "Damengruppe" den Rathaussturm von der legendären Gänsbachratsch'n Winnie Mierlein. "Wir sind noch in Flecklaskostümen gegangen", erinnert sich Dietz. Die Veranstaltung lief damals am Rosenmontag noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. "Wir saßen im Rathaussaal mit ein paar Stadträten und haben uns gefragt: Wollen wir das" Die Antwort fiel eindeutig aus: "Das ist nicht unser Publikum. Wir wollten raus", erzählt Dietz. Auf den Marktplatz.

Und der Stil musste auch zum Motto passen. "Schmissig, pfiffig, kleine Spitzen", umschreibt Liedspezialistin Evi Brandl das Konzept. Die schrägen Vögel nehmen sich gerne Themen aus der Lokalpolitik vor. Beim zweiten Sturm im Jahr 2000 waren es die Mülltrennung und der gelbe Sack. Die Damengruppe zog als Müllmänner verkleidet durch die Stadt. "Das hat uns auch wieder nicht gefallen", sagt Elisabeth Dietz.

Erst ein Jahr später wurden die heutigen "Lohbachlerchen" geboren. Und da der Unsinnige Donnerstag dem Flecklasmo gehörte, fiel der Rathaussturm auf den Rußigen Freitag, um 11.11 Uhr. Auch was die Kostüme anging, fanden die Lerchen - inzwischen sind es elf - ihren eigenen Stil. "Wir wollten als edle Damen gehen", erinnert sich Dietz. Im Bekanntenkreis wurde nach Kostümen aus den 1950er-Jahren gestöbert, nach Pelzmänteln und vor allem Hüten.

Mit Benny Haußner entdeckten die Lerchen auch noch einen jungen Musiker, der mit dem Akkordeon die Lieder begleitet. "Den haben wir uns so gezogen, dass er nach unserer Pfeife tanzt", lacht Elisabeth Dietz. "Er spielt so, wie wir singen." Das erfordere oft große Anpassungsfähigkeit. Das bekam zum Beispiel Ludwig Eisenreich zu spüren, ehemaliger Hilpoltsteiner Kämmerer und jetziger Bürgermeister von Berching. Als er einmal in der Not einsprang, "spielte er so, wie er wollte. Aber wir brauchen die Musiker zur Unterstützung und nicht zur Führung", sagt Dietz und räumt lachend ein: "Mit uns ist das nicht einfach. Wir sind alle Kapos."

Die Lohbachlerchen sind für ihren Eigensinn und ihre spitzen Zungen bekannt. Das haben viele Stadtratsmitglieder und Bürgermeister leidvoll erfahren müssen. Ob Altstadtring und Citymanager, Ladensterben und Windräder, Residenztreppe und Umgehungsstraße, es gab nichts, was die "edlen Damen" nicht aufs Korn nahmen. Und die Kommunalpolitiker müssen mitspielen, im wahrsten Sinne des Wortes. Vor den Wahlen im Jahr 2008 stellen sich die Bürgermeisterkandidaten Helmut Neuweg, Markus Mahl und Michael Pfeiffer dem Herzblattquiz, das despektierliche Fragen stellt. Vor allem die Freien Wähler werden gerne zum Gespött der Lerchen. "Im Prinzip sind wir parteilos, aber die Freien Wähler kriegen immer etwas mehr ab - weil sie nie da sind", sagt Evi Brandl.

Wie zuletzt 2016, als Elisabeth Dietz als Richterin des Königlich Hilpoltsteiner Amtsgerichts die Freien Wähler auf die Anklagebank setzte, weil sie im Sandkasten immer mit den anderen Vögeln, der schwarzen Amsel (Jürgen Moosmann) und dem roten Gimpel (Markus Mahl) Streit suchten. Weil auf dem Marktplatz mal wieder kein Freier Wähler greifbar war, musste SPD-Mann Josef Lerzer als Sündenvogel einspringen. Das Politikertrio spielte nur mit Gesten und Pieplauten den Streit so überzeugend nach, dass die Zuschauer in schallendes Gelächter ausbrachen. "Ein absoluter Höhepunkt", erinnert sich Dietz, "da haben wir den Nagel zu 100 Prozent getroffen." Gleichzeitig habe sie gespürt: "Wir können das nicht mehr toppen. Es wird immer schwieriger, die passenden Spiele zu finden."

Und weil man bekanntlich aufhören soll, wenn es am schönsten ist, wollen die Lohbachlerchen jetzt "einfach mal einen Schlussstrich ziehen", wie Evi Brandl sagt. Zumindest, was den Rathaussturm angeht. Wenn die Musiker Reiner Hertl und Benny Haußner mitspielen, soll es im Herbst ein Kabarettwochenende geben. Die ersten dieser Art vor über zehn Jahren waren ein voller Erfolg - an allen drei Tagen ausverkauft.

Das Format liegt den Lerchen. "Wir können beim Rathaussturm viele Themen ja gar nicht anschneiden", sagt Evi Brandl. Ein Spielort wird noch gesucht, ein festes Programm gibt es natürlich auch noch nicht, dazu sind die Lerchen viel zu spontan. Nicht nur einmal hat Elisabeth Dietz das Programm noch im letzten Moment komplett gekippt. Was die Lohbachlerchen zeigen werden, ist also nie ganz sicher. "Aber es werden immer lokale Themen sein und wir werden unsere Texte immer selber schreiben", verspricht Elisabeth Dietz. Und vielleicht kommen sie wieder im Hip-o-Lino.