Hilpoltstein
"Es ist einfach schön, wenn man helfen kann"

Werner Hentschel blickt auf seine Zeit als Ortsbeauftragter des THW Hilpoltstein zurück Rückzug in die zweite Reihe

18.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Foto: Kai Bader

Hilpoltstein (HK) Die gute Kameradschaft hat Werner Hentschel 1970, also vor knapp 48 Jahren, zum Hilpoltsteiner THW gelockt. Und sie war es auch, die ihn die ganze Zeit dort gehalten hat. Jetzt, nach 25 Jahren als Gruppenführer und 15 Jahren als THW-Ortsbeauftragter, hat er sein Amt an Alexander Regensburger abgegeben.

"Meine Spezln waren damals beim THW. Also bin ich eben auch dazugegangen", sagt Werner Hentschel. Zu dieser Zeit, nämlich 1970, war das Hilpoltsteiner THW noch sehr klein. "Wir waren 15 bis 20 Mann und hatten als Fahrzeug hatte nur ein altes umlackiertes Postauto, das wir über den damaligen Postminister Richard Stücklen bekommen haben", erzählt der heute 66-Jährige.

Untergebracht war der Ortsverband damals noch auf dem Areal der Familie Schindhelm in der Industriestraße. "Hinten war eine Halle mit Unterrichtsräumen und Büros, vorne haben wir Holzgaragen für unsere Autos gebaut", sagt Henschel. "Unsere Autos", sagt Hentschel, weil zu dem alten Postfahrzeug schnell ein kleiner VW-Bus dazukam. Kein Vergleich zu heute, wo das THW über zwölf Fahrzeuge, etliche Hänger und zwei eigene Boote verfügt.

Getroffen haben sich Hentschel und seine Kollegen an jedem Freitag. Während ein Teil der Ausbildung heute direkt in Hilpoltstein stattfindet, musste Hentschel damals nach Gunzenhausen. "Das ging von Knotenkunde bis zur Bearbeitung von Metal und Holz - also die ganze handwerkliche Schiene", sagt er.

So umfassende Einsätze wie bei den Hochwassern an der Donau, der Elbe und zuletzt in Simbach am Inn gab es damals allerdings noch nicht. "Wir waren bei ein paar Unfällen und hatten ein paar Beleuchtungseinsätze." Verständigt wurden sie damals von der Polizei. "Aber die Anforderung, dass wir wirklich gebraucht werden, kam immer entweder vom Kommandanten der Feuerwehr oder vom Kreisbrandmeister."

Hentschel ist bereits zehn Jahre dabei, als der Ortsverband von der Industriestraße in die Dieselstraße umzieht. Das erste eigene Heim, denn die Fläche in der Industriestraße war nur gemietet. Und so wie sich der Ortsverband weiterentwickelte, hat auch Hentschel immer mehr dazugelernt, ging zu zahlreichen Fortbildungen. "Von der Führungsausbildung und einem Brückenbaulehrgang bis zu einer Sprengausbildung", zählt Hentschel auf.

Bereits vor über 40 Jahren ist Werner Hentschel Gruppenführer geworden. Der Ortsbeauftragte war damals Dieter Popp, der von Anfang an dabei war. "Und Dieter Popp hat unheimlich viel gemacht, hat viel angeschoben. Wie eben das neu Zuhause in der Industriestraße." Hilfe bekam Popp dabei unter anderem vom damaligen Landrat Ignaz Greiner und dem damaligen Hilpoltsteiner Bürgermeister Leo Benz. "Und auch heute helfen uns Landrat und Bürgermeister, wo sie können."

Der Ortsverband wächst seit dieser Zeit kontinuierlich. Und damit auch die Einsätze. "Die Unterstützung der Firmen, bei denen wir gearbeitet haben, hatten wir damals immer", sagt Hentschel. Beim ihm war es bis zu seiner Rente vor wenigen Jahren die Firma Greiner, die ihn bei allen Einsätzen freigestellt hat. "Und es war eben unheimlich praktisch. Ich habe hier gearbeitet und hatte es bei einem Notfall nicht weit."

Doch auch wenn die Arbeitgeber die Kosten erstattet bekommen, sieht Hentschel, dass es zunehmend schwieriger wird. "Das Personal wird immer weniger. Da ist es für Firmen oft problematisch, wenn ein Mann zum Beispiel für einen Hochwassereinsatz ein oder zwei Wochen komplett ausfällt." Doch auch als das THW dreieinhalb Wochen beim G-7-Gipfel in Garmisch war, gab es Protest. "Wegen so einem Quatsch fehlen mir die Leute", hätten damals einige Unternehmer gesagt.

Doch Hentschel und seine Mitstreiter können es sich gar nicht aussuchen, wo sie helfen müssen. "Was kaum einer weiß ist, dass wir eine Bundesbehörde sind und deshalb in ganz Deutschland eingesetzt werden können." Und weil das THW durch die Bank von seinen ehrenamtlichen Helfern lebt, "ist es auch die einzige Bundesbehörde, die ehrenamtliche Behördenleiter hat", sagt Hentschel und schmunzelt.

Wobei das Wort Ehrenamt oft suggeriert, dass es sich nur um wenige Stunden handelt, die die Menschen hier investieren. "Aber drei Tage im Monat sind allein Übungen und Fortbildungen - die ganzen Einsätze kommen da erst noch dazu", erklärt er. Hentschel hat die letzten Jahre als Ortsbeauftragter jährlich zwischen 1200 und 1400 Stunden geleistet. "Das ist kein Ehrenamt, das ist ein Halbtagsjob." Eine so große Menge an Stunden, dass sie sein Nachfolger Alexander Regensburger gar nicht leisten könne. "Ich bin in Rente, er muss noch Geld verdienen", so Hentschel.

Ob bei so viel Zeit beim THW seine Frau auch einmal protestiert hat? "Nein, die ist selbst seit 25 Jahren dabei und fast genauso lang ist auch einer meiner Söhne beim THW", sagt er und lächelt. "So etwas was färbt eben ab."

Ans Aufhören hat Hentschel übrigens nie gedacht. "Das ist eine einmalige Kameradschaft. Sowohl untereinander als auch zu Feuerwehr, Polizei, Rotem Kreuz und Wasserwacht - da geht man nicht." Und selbst bei den härtesten Einsätzen komme man immer zufrieden nach Hause. "Es ist einfach schön, wenn man anderen Menschen helfen kann", sagt er. Und alle THW-ler erfahren unheimlich viel Dankbarkeit. "Wenn wir im Einsatz sind, spendieren die Leute Wurstsemmeln ohne Ende und bringen uns Kaffee", sagt er. "Dann steht auf einmal jemand da, der unsere Hilfe persönlich gar nicht braucht, und bringt trotzdem einen Kuchen, den er extra für uns gebacken hat", so Hentschel. "Das ist so viel wert, wenn man sieht, wie dankbar die Menschen sind."

Und aus genau diesem Grund kann Hentschel auch noch nicht aufhören. "Ich gebe den Posten als Ortsbeauftragter zwar ab - aber ich bleibe selbstverständlich weiter beim THW."