Hilpoltstein
Der Organisator aus dem Eisvogelweg

Das Herz des LBV schlägt in Hilpoltstein – Gerhard Koller schon seit 1981 als Geschäftsführer aktiv

12.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:21 Uhr

Die jahrzehntelange Aufbauarbeit hat gefruchtet: LBV-Landesgeschäftsführer Gerhard Koller vor einem Plakat des Verbandes, das sein flächendeckendes Netz an Bezirksgeschäftsstellen ausweist. Das Herz der Organisation aber schlägt zweifellos in Hilpoltstein. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein (HK) Am Anfang reichten noch eine Halbtageskraft und ein Biologe in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Inzwischen sind es 181 Mitarbeiter, die beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) beschäftigt sind. Eine treibende Kraft des Verbandes, der seinen Sitz seit 34 Jahren in Hilpoltstein hat, ist Geschäftsführer Gerhard Koller.

Gegründet worden ist der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) schon vor über 100 Jahren, genauer gesagt 1909. Zu seinem Höhenflug angesetzt hat der Verband aber erst ab 1980, als die Landesgeschäftsstelle nach Hilpoltstein zog und eine rasante Entwicklung ihren Lauf nahm. Lag die Mitgliederzahl damals noch bei rund 6000, so kann der LBV heute auf das Engagement von 75 000 Förderern zählen. Es ist also mehr als erstaunlich, welch starke Schwingen den Vogelschützern seit ihren bescheidenen Anfängen in einem einzigen Raum des heutigen Haus des Gastes gewachsen sind.

Der Aufschwung des LBV hängt natürlich damit zusammen, dass 1978 der Hilpoltsteiner Ludwig Sothmann den Vorsitz übernahm – den er übrigens bis heute innehat – und die Verbandszentrale aus Garmisch in seine Heimatstadt holte. Doch es gibt noch eine weitere treibende Kraft, sozusagen einen zweiten Flügel, um richtig abzuheben: Es ist Gerhard Koller, der 1981 die Geschäftsführung beim LBV übernahm. Aufgegeben hat er dafür keinen schlechten Posten: Er war Produktionsleiter eines europaweit agierenden Unternehmens für Lichtwerbung, als ihm die Annonce „Organisator gesucht“ ins Auge fiel.

„Ich wollte mich damals verändern“, sagt er heute im Gespräch mit unserer Zeitung, in der einst das Inserat des LBV stand, das Kollers Leben in eine neue Richtung lenkte. So ganz neu war die Tätigkeit aber auch nicht: Denn Marketing und Vertrieb waren schon bis dahin die Schwerpunkte von Kollers Tätigkeit. Mit diesen Pfunden ließ sich auch beim LBV bestens wuchern. Und so rührt Koller seitdem im Dienst des Naturschutzes ebenso findig wie fleißig die Werbetrommel. Wobei er manchmal auch einen breiten Rücken braucht. Wenn etwa der Kormoran zum Vogel des Jahres gekürt wird, wie 2010 geschehen, „dann hat man auch schon mal tote Fische im Briefkasten liegen“, erzählt der 59-Jährige.

Als Gerhard Koller 1981 die Geschäfte übernimmt, ist der Haushalt zwar schon eine halbe Million Euro schwer, wird aber noch handschriftlich geführt. Doch nicht nur in der Verbandszentrale, sondern im ganzen Freistaat werden fortan neue Strukturen geschaffen, Netzwerke geknüpft und Aufgaben verteilt. „Wir brauchen jeden: Vom Banker für die Kasse bis zum Handwerker, der die Schaufel schwenkt“, so ist laut Koller die Devise, an der sich bis heute nichts geändert hat.

Nach ständigen Vergrößerungen und zwei Umzügen gelingt dann Mitte der 1990er Jahre der baulich große Coup: Der Bezug eines eigenen Bürogebäudes. Die dortige Straße soll zunächst sogar nach dem LBV benannt werden. Weil aber das Areal auch vom Bayerischen Roten Kreuz genutzt wird, rückt man davon wieder ab. Getauft wird die Straße schließlich immerhin Eisvogelweg – nach dem Wappentier des Verbandes.

Auf dem Dach des Gebäudes entsteht eine der ersten Photovoltaikanlagen überhaupt in der Region. Parallel zu dem Bau in Hilpoltstein gilt es aber auch die Bezirksgeschäftsstellen im Freistaat weiter aufzubauen. Das erarbeitete Sponsorenkonzept greift, Spenden sprudeln mehr und mehr – 25 000 Spender waren es allein in den letzten vier Jahren. Schon bald stellte Koller die Weichen in Richtung Transparenz: Schon seit 1984 überwacht hier ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer die Geldströme und die ordnungsgemäße Verwendung der Zuwendungen. „Unser Gesamthaushalt beträgt 15 Millionen Euro – und davon können wir jeden Cent nachweisen!“, sagt der Geschäftsführer.

In der Größenordnung, die der LBV inzwischen erreicht hat, ist der Verband für die Stadt Hilpoltstein inzwischen auch als Gewerbesteuerzahler interessant. Als eine Bereicherung für die gesamte Umgebung darf der Verband aufgrund seiner Aktivitäten ohnehin gelten. In der Hilpoltsteiner Lindenallee gibt es sogar einen eigenen LBV-Kindergarten. Und die jüngste der Dutzend Umweltstationen im Freistaat steht am Rothsee.

Der Geschäftsführer selbst ist übrigens kein ausgewiesener Flora- und Faunaspezialist. „Einen Jumbojet kann ich aber vom Weißstorch schon unterscheiden“, sagt er lächelnd. Doch für das Fachwissen gibt es ja genügend Experten in den eigenen Reihen. „Von Biologen bis Umwelttechnikern ist alles an Bord“, so Koller. Insgesamt beschäftigt der Verband 181 Mitarbeiter in 26 Geschäftsstellen und Umweltstationen im Freistaat. In der Landesgeschäftsstelle selbst arbeiten derzeit 58 hauptamtlich Beschäftigte, im Kindergarten 16 und in der Umweltstation am Rothsee weitere 6 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Innovativer Na-turschutz wird aus der Hilpoltsteiner Verbandszentrale nach ganz Bayern und Deutschland exportiert. Kooperationen im Bereich Umweltbildung führen gar nach Japan und Südkorea, im Artenschutz in viele europäische Länder und in die Mongolei. Neben dem Erfolg zeigt sich Gerhard Koller aber auch froh über eine andere Entwicklung: Fast alle der im LBV seit 1981 fest eingestellten Kollegen sind auch nach Hilpoltstein gezogen – „und sie fühlen sich hier auch wohl“.