Hilpoltstein
"Es ist die Erfüllung eines Kindheitstraums"

28.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Trockenübung vor dem Flug: Joachim Weinbrenner übt die Figuren, die er im Wettkampf zeigen muss. - Fotos: privat

Hilpoltstein (HK) "Ich habe keine Midlife-Crisis", sagt Joachim Weinbrenner, 43. Er habe nie verheimlicht, dass er einmal Kunstflieger werden wolle. Jetzt hat er seine ersten Loopings, Immelmanns und Rollen geflogen. Bei den bayerischen Meisterschaften in Treuchtlingen wurde er Achter von zwölf Startern in seiner Klasse. Die heißt Sportsman und ist für Anfänger. Doch Weinbrenner will mehr. "Unlimited" heißt sein Ziel, eine Klasse für Profis. "Da gibt es nicht mehr viele in Deutschland, die das machen."

Sein Vater war Hubschrauberpilot bei der Bundeswehr in Roth und flog bei Manfred Strössenreuther, dem mehrfachen Welt- und Europameister. Schon als kleines Kind war Joachim Weinbrenner deswegen oft auf Flugschauen und Fliegerfesten. "Da hat sich der Funke verankert", sagt er. Kunstflieger werden ist für ihn keine Spinnerei, "es ist die Erfüllung eines Kindheitstraums".

Die musste aber lange warten. Denn zunächst zog der Triathlon Weinbrenner in seinen Bann. Als Kind hat er nur Fitnesssport betrieben, mit den Eltern auf dem Fahrrad zum Baggersee. "Mit 12 oder 13 kam dann die Idee: Ich will Radrennen fahren." Doch mit dem Rennrad kommt gleich eine neue Idee auf: "Triathlon klingt auch irgendwie cool." Ein Dreikampf aus Schwimmen, Radfahren und Laufen, frisch aus den USA importiert.

Also fing Joachim Weinbrenner an, zu laufen. Von Roth, wo er damals wohnte, nach Meckenlohe und zurück. "Ich habe immer eine neue Bestzeit versucht", sagt er und lacht. Es war ein Dauerwettkampf und gegen jede moderne Trainingslehre. Mit 14 lernte Weinbrenner Fritz Buchstaller, Thomas Herrmann und Oli Zimmermann kennen, allesamt Triathlon-Pioniere im Landkreis. "Da habe ich mich erst recht kaputtgemacht", erinnert sich Weinbrenner. Er trainiert mit Hubert Schwarz, schnell stellen sich erste Erfolge ein. 1987 bestreitet Joachim seinen ersten Wettkampf über die olympische Distanz (1,5/40/10 Kilometer). Da ist er gerade einmal 14 Jahre alt. 1988 ist er im Bayernkader, ein Jahr später in der Nationalmannschaft. 1992 wird er deutscher Juniorenmeister, vor Stephan Vuckovic und Norman Stadler. Der eine wird später Silbermedaillengewinner bei Olympia, der andere Ironman-Weltmeister auf Hawaii. "Die habe ich damals beide geschlagen. Den Norman habe ich auf dem Rad versenkt", erinnert sich Weinbrenner grinsend.

Doch seine Karriere bekommt einen Knick. Weil er 1994 bei der deutschen Meisterschaft über die Langdistanz in Jümme über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,1 Kilometer Laufen an den Start geht, fliegt er aus der Nationalmannschaft. Dort will man nur Athleten für die olympische Kurzdistanz.

In Jümme legt Weinbrenner mit 8:40 stunden gleich seine Bestzein hin, die er nie mehr erreicht. Seine Starts beim Heimrennen, dem Ironman Europe in Roth, gehen alle in die Hose. Bei der Premiere 1995 lockert sich die Kurbel seiner Rennmaschine. "Ich habe einen Boxenstopp beim Fritz (Buchstaller) eingelegt und wollte eigentlich schon aufgeben." Weil die Oma zuschaut, überlegt es sich Weinbrenner noch einmal: "Da kannst du jetzt nicht bringen." Er landet irgendwo auf Platz 50. Zweimal finished Weinbrenner noch beim legendären Rennen auf Hawaii, beim Ironman Canada wird er Dritter. Dann ist Schluss mit Triathlon.

Weinbrenner wird Vater, inzwischen hat die Familie sechs Kinder. "Ich werde mich immer über meine Triathlonerfolge freuen", sagt er. Aber das Kapitel ist zu Ende.

Jetzt träumt Joachim Weinbrenner von einer Kunstflugkarriere. Mit Triathlon könne man das nicht vergleichen. "Man steigt nicht schweißüberströmt aus dem Flugzeug." Für den Kunstflug reiche die Fitness eines Hobbysportlers. Gefragt sind nicht Bizeps, sondern mentales Vermögen. Im Wettkampf bekommt man Figuren vorgegeben, die man ohne zu üben verinnerlichen und dann in der Luft möglichst exakt zeigen muss. Nur ein kleiner Spickzettel im Cockpit hilft. Drei Wettkämpfe hat Joachim Weinbrenner schon bestritten, zwei davon in Tschechien. Dort arbeitet er mit seinem Trainer. Weinbrenner fliegt eine Super Decathlon mit 180 PS und gut 600 Kilogramm Gewicht. Bis zu 300 Kilometer pro Stunde schafft die Maschine. Ein Anfängermodell, Weinbrenner fliegt in der untersten von vier Klassen.

"Ich fühle mich wie damals als 14-Jähriger mit Fritz und Co. Ich versuche mit den Assen mitzufliegen", erzählt Weinbrenner. Wie damals will Weinbrenner mehr. "Im Kunstflug ist der gleiche Ehrgeiz da wie beim Triathlon", sagt er. Er träumt von einem leistungsfähigen Flugzeug, das auch Profis fliegen: einer Extra 300 mit 300 PS. Damit kann man auch schwierigste Figuren fliegen, zum Beispiel bei einer Weltmeisterschaft. Ein Fernziel von Joachim Weinbrenner. "Einmal Sportler, immer Sportler", sagt er, "du willst immer das Optimum erreichen".