Hilpoltstein
Mit Kolping in den Wahlkampf

Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Roth/Nürnberger Land präsentieren sich bei Podiumsdiskussion

12.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:48 Uhr

−Foto: Schmitt

Hilpoltstein/Rednitzhembach (HK) Mit einer Podiumsdiskussion im Rednitzhembacher Pfarrsaal hat die Kolpingfamilie als einer der ersten Verbände im Landkreis Roth den Bundestagswahlkampf eröffnet. "Kolping will es wissen" lautete die Überschrift

Hilpoltstein/Rednitzhembach (HK) Mit einer Podiumsdiskussion im Rednitzhembacher Pfarrsaal hat die Kolpingfamilie als einer der ersten Verbände im Landkreis Roth den Bundestagswahlkampf eröffnet. Unter dem Motto "Kolping will es wissen" waren fünf Kandidaten von CSU, SPD, FDP, den Grünen und der Linken zu verschiedenen Themen gefragt.

 

Rente und Steuern nahmen ebenso breiten Raum ein wie die Themen Familie und Europa. An mehreren Stellen deuteten sich dabei durchaus Gemeinsamkeiten an. Zu einem Schlagabtausch kam es nicht.

Als echter Lokalmatador saß Helmut Johach in der Runde. Der promovierte Philosoph wohnt in Rednitzhembach und kandidiert für die Linke. Die anderen vier Kandidaten stammen alle aus dem Landkreis Nürnberger Land, der mit dem Landkreis Roth einen Bundestagswahlkreis bildet.

Als direkt gewählte Abgeordnete vertritt Marlene Mortler (CSU) aus Lauf diese Region in Berlin. Die 62-Jährige sagte ihre Teilnahme nach dem Tod ihres Ehemanns Siegfried ab. Für sie sprang Listenkandidatin Petra Oberhäuser aus Schwaig ein. Die 47-jährige Bankkauffrau plädierte beim Thema Rente für eine Stärkung der privaten Vorsorge, wobei Privatrenten für Geringverdiener bei der Grundsicherung anrechnungsfrei bleiben sollten. Zugleich machte sie sich für eine Erhöhung der Mütterrente stark.

Der 33-jährige Rechtsanwalt Alexander Horlamus aus Lauf erklärte für die SPD, ein Rentenniveau von 48 Prozent zu garantieren, eine Solidarrente einzuführen, die zehn Prozent über der Grundsicherung liege, und das Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen. Finanziert werden solle das auch aus Steuermitteln, erklärte Horlamus.

Gabriele Drechsler von den Grünen sah in fairer Arbeit und gerechter Entlohnung die besten Voraussetzungen für ein auskömmliches Altersruhegeld. "Man muss von Rente leben können", lautete das Credo der selbstständigen Handwerksmeisterin. Dazu verlangte die 57-Jährige aus Schwarzenbruck, alle Einkommensarten sozialversicherungspflichtig zu machen.

FDP-Mann Andreas Neuner aus Rückersdorf sprach sich für ein ausschließlich steuerfinanziertes Rentensystem aus. "Ein Sockel für alle, ergänzt um betriebliche und private Vorsorge", so lautet der Vorschlag des 48-Jährigen. "Die Demografie wird das erzwingen", zeigte sich Neuner überzeugt.

Helmut Johach befürwortete eine nachhaltige Stärkung der gesetzlichen Rente durch Ausweitung der Beitragspflicht auf Beamte, Selbstständige und Politiker. "Außerdem will die Linke eine armutsfeste Mindestrente von 1050 Euro", sagte Johach, der für eine soziale Politik auch die Steuern erhöhen will. "Die sehr Reichen sollen mehr bezahlen", so Johach. Vermögenssteuer auf die zweite Million und ein höherer Satz für alle, die mehr als 250 000 Euro Einkommen im Jahr erzielen.

Petra Oberhäuser lehnte diese Richtung hingegen konsequent ab. "Die CSU will keine Steuererhöhungen, um die Leistungsbereitschaft zu erhalten", sagte die Chefin der Schwaiger CSU. Auch Andreas Neuner fand, die Staatsquote sei ohnehin bereits zu hoch. Alexander Horlamus will ebenfalls keine Steuererhöhungen. Lediglich der Spitzensteuersatz solle erhöht werden dafür aber später einsetzen. Raum für eine Anpassung biete auch die Kapitalertragssteuer, sagte der SPD-Vertreter und ritt an dieser Stelle eine heftige Attacke gegen die CSU-Staatsregierung. Weil sie sich weigere, Steuer-CDs anzukaufen, "leistet Bayern Beihilfe zur Steuerhinterziehung", so Horlamus.

Beim Thema Familie lenkte Helmut Johach die Aufmerksamkeit auf Alleinerziehende. "90 Prozent von ihnen droht die Armut, 41 Prozent beziehen Hartz IV", rechnete der 75-Jährige vor und forderte 1050 Euro solidarische Mindestsicherung. Gegen mehr Transferleistungen zur Unterstützung für Familien sprach sich Andreas Neuner aus. Der Politikwissenschaftler will vor allem das Bildungssystem stärken. "Mehr Lehrer, mehr Erzieher, kostenlose Kita, mehr Begleitung in der Schule."

Gleich ein ganzes Bündel familienpolitischer Maßnahmen zählte Alexander Horlamus auf. "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit", stehe dabei ganz oben. Ferner setze die SPD auf kostenlose Bildung. Sie werde das BAföG erhöhen und die Sozialversicherungsbeiträge für Familien senken. "Arbeit und Familie muss doppelte Freude sein, und darf nicht zu doppelter Last werden", laute das SPD-Motto.

Gabriele Drechsler schloss sich hier weitgehend der SPD und den Linken an. Zusätzlich solle mehr für die Vereinbarkeit von Beruf und Erziehung getan werden, mahnte die Grünen-Politikerin an. Petra Oberhäuser betonte, die CSU erkenne sämtliche Lebensformen von Familien an. Man werde das Kindergeld erhöhen, plane ein Baukindergeld und wolle auch die Betreuung im Grundschulalter ausdehnen. "Alle Kinder brauchen bestmögliche Bildung, unabhängig vom familiären Umfeld und der finanziellen Situation", betonte die CSU-Vertreterin.

In Sachen Europapolitik waren alle fünf weitgehend einer Meinung. Die EU stehe für Wohlstand, Sicherheit und Frieden. Man brauche deshalb mehr europäische Integration und nicht weniger. Am weitesten gingen dabei Andreas Neuner und Alexander Horlamus. "Die Vereinigten Staaten von Europa" nannten beide als ihr Ziel. Wie sich FDP und SPD an mehreren Punkten der Diskussion überhaupt sehr nahe kamen. "Wir hätten den Koalitionsvertrag wohl bald ausgehandelt", sagte Horlamus einmal in Richtung Neuner.